LEXPRESS Lebzeitige Zuwendungen an Nachkommen

Liebe Leserschaft

An dieser Stelle informieren wir Sie normalerweise über erfreuliche Neuigkeiten aus unserer Kanzlei wie Neueintritte, Hochzeiten oder Geburten. Seit dem Versand unseres letzten LEXpress gab es keine solchen Ereignisse. In diesen speziellen Tagen ist es jedoch auch eine erfreuliche Neuigkeit, wenn man berichten kann, dass das ganze Team wohlauf ist und vom Virus verschont blieb.

Wir wünschen Ihnen, dass auch Sie gesund bleiben!

Unser Ständerat Thierry Burkart

Unser langjähriger Kollege Thierry Burkart wurde im Herbst bravourös in den Ständerat gewählt. Seitdem sind bereits einige ereignisreiche Monate vergangen. Im vorliegenden LEXpress beantwortet Thierry Burkart deshalb Fragen zu seiner neuen Tätigkeit in Bern.

Wie hat sich der Alltag durch die Wahl als Ständerat verändert?

Der Ständerat ist noch arbeitsintensiver als der Nationalrat. Alleine schon die Tätigkeiten als Mitglied von drei Kommissionen des Ständerats führt zu einer sehr grossen Präsenzzeit in Bern. Ein Standesvertreter bewegt sich abseits der klassischen Parteipolitik. Umso mehr muss ich mich vertiefter in Geschäfte ausserhalb meiner politischen Hauptdisziplinen einlesen, um mir meine eigene Meinung bilden zu können.

Wie waren die ersten Monate im Stöckli?

Im Ständerat wird Wert daraufgelegt, über die Parteigrenzen hinweg Lösungen für unser Land zu finden. Die Debatten finden sachbezogen statt. Es ist verpönt, die Partei zu erwähnen. Das Verhältnis untereinander ist sehr kollegial. Wir sind nur wenige, weshalb sich jeder und jede einigermassen ins Gefüge einordnen muss – selbstverständlich nur was das Verhalten und nicht was die politischen Positionen anbelangt. Wer die Bühne sucht, um möglichst grosse me­diale Aufmerksamkeit zu erlangen, ist in der kleinen Kammer am falschen Ort.

Wie fühlten sich die letzten Wochen seit Ausbruch der Corona-Krise in Bern an?

Ich bin ein Mensch, der sich schnell auf neue Situationen einstellen kann. Hadern nützt sowieso nichts. Die Arbeitsbelastung ist so hoch wie immer. Vor Corona war ich aber jeden Abend und fast immer auch am Wochenende politisch unterwegs. Das fällt zurzeit weg, weshalb ich Zeit ­finde, um jeden zweiten, dritten Tag eine Stunde im Wald spazieren zu gehen. Das geniesse ich sehr.

Welche Themen werden die Politik in den nächsten Monaten speziell beschäftigen?

Masshalten und ordnungspolitische Diszi­plin sind angezeigt. Gefragt sind Entlastung von Steuern und Abgaben statt Einführung von ­neuen Belastungen, Flexibilisierung des Arbeitsrechts statt Aufbau neuer Hürden und Abbau von Staatsschulden statt finanzpolitischem Schlendrian. Nur so kann der wirtschaftspolitischen ­Krise erfolgversprechend begegnet werden.

Der Richter zum Angeklagten: «Bekennen Sie sich schuldig?» «Das kann ich zurzeit noch nicht sagen, muss erst mal hören, was die Zeugen alles wissen.»

Lebzeitige Zuwendungen an Nachkommen

Viele Eltern schenken ihren Kindern zu Leb­zeiten Vermögenswerte – getreu nach dem ­Motto «Lieber mit der warmen als mit der ­kalten Hand schenken». ­Diese Schenkungen können aus ­erbrechtlicher Sicht im Todesfall der Eltern Probleme bereiten. Daher lohnt es sich, dies­bezüglich Regelungen zu treffen.

Gemäss Art. 626 Abs. 2 ZGB müssen sich Nachkommen lebzeitige Zuwendungen, welche sie vom Erblasser erhalten haben, an ihren Erb­anteil anrechnen lassen, sofern der Erblasser nicht ausdrücklich das Gegenteil verfügt hat. ­Diese Anrechnung wird als Ausgleichung bezeichnet und gilt ohne zeitliche Schranke. Damit wird eine Gleichbehandlung der Nachkommen bezweckt.

Auszugleichen sind alle lebzeitigen Zuwendungen, die unentgeltlich waren. In der Praxis problematisch sind häufig Übertragungen von Vermögenswerten, bei denen zwar ein Preis bezahlt wurde, dieser Preis jedoch deutlich unter dem Verkehrswert lag. In diesen Fällen muss der empfangende Nachkomme die Differenz zwi-schen dem bezahlten Preis und dem Verkehrswert ausgleichen. Dies allerdings nur, wenn keine andere Regelung getroffen wurde.

Die Eltern können vom gesetzlich vorgesehenen Gleichbehandlungsgrundsatz abweichen, indem sie einzelne lebzeitige Zuwendungen an einen Nachkommen von der Ausgleichungspflicht befreien. Dieser Ausgleichungsdispens muss expli­zit erfolgen, weshalb Schriftlichkeit empfohlen ist. Die anderen Nachkommen ­können sich gegen ­diese Nichtanrechnung nur wehren, wenn dadurch ihr Pflichtteil verletzt wird.

Der Erblasser ist grundsätzlich (unter Vorbehalt der Pflichtteile) frei, den Wert der Ausgleichung festzulegen. Hat er jedoch gar nichts verfügt, ist der Verkehrswert am Todestag massgebend. Bei Geldbeträgen gilt das Nominalwertprinzip. Dieses bedeutet, dass eine Schenkung von einem Barbetrag von CHF 500 000 mit CHF 500 000 anzurechnen ist. Bei allen anderen Vermögenswerten ist der Verkehrswert im Zeitpunkt des Erbgangs entscheidend. Hatte ein Grundstück im Zeitpunkt der Schenkung auch einen Verkehrswert von CHF 500 000, im Zeitpunkt des Erbgangs aber einen Verkehrswert von CHF 700 000, muss sich der Beschenkte CHF 700 000 anrechnen lassen. Ob das der Erblasser tatsächlich so gewollt hat, ist oft fraglich.

Wir empfehlen daher, bei lebzeitigen Zuwendungen Anordnungen zu treffen und genau zu bestimmen, ob und mit welchem Betrag sich die Nachkommen lebzeitige Zuwendungen anrechnen lassen müssen. Solche Anordnungen tragen dazu bei, dass im Rahmen der Erbteilung «historische» Nachforschungen zum Thema «Wer hat wann was bekommen?» und damit spätere Streitigkeiten möglichst vermieden werden können. Die Anordnungen sollten sicherlich in ein Testament und optimalerweise in einen Erbvertrag mit allen Nachkommen aufgenommen werden.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner