LEXPRESS Revision des Aktienrechts – Quo vadis?

Liebe Leserschaft

Dr. Jan Kocher feiert dieses Jahr sein 50. Dienstjubiläum – wir gratulieren ihm an dieser Stelle sehr herzlich zu diesem ausserordentlichen Ereignis und bedanken uns für alles, was er in dieser langen Zeit für unsere Kanzlei getan hat. Aus Anlass dieses Jubiläums hat Dr. Jan Kocher ein paar Zeilen zu seiner und über seine berufliche Tätigkeit verfasst. Zudem finden Sie einen Artikel zur Revision des Aktienrechts, welche der Bundesrat vorschlägt. Wir wünschen Ihnen viel Spass bei der Lektüre.

Neu im Team begrüssen wir Shania Brunner, Lernende im 1. Lehrjahr. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Shania.

Jubiläum: 50 Jahre Anwaltstätigkeit

Einige Gedanken von Dr. Jan Kocher

Es ist auch für mich kaum zu glauben, dass ich bereits seit 50 Jahren für Voser Rechtsanwälte tätig bin. Unterdessen trete ich zwar kürzer und bin nicht mehr täglich im Büro. Aber trotzdem, 50 Jahre sind eine lange Zeit. Bei meinem Eintritt 1967 in die Kanzlei von Dres. Fritz und Peter Voser gab es nebst den persönlichen Anforderungen drei objektive Voraussetzungen, welche für eine Tätigkeit bei Voser erfüllt sein mussten:

1. Anwaltspatent

2. FDP-Mitglied

3. Offizier

So «machte» ich dann auch die ganze Trilogie: Anwalt – Politiker – Oberst. Wir wirkten damals als Einzelkämpfer. Die Standesregeln der Anwälte waren streng und verboten jegliche Publicity; beinahe musste man geheim halten, dass man ein Anwaltsbüro betrieb. Das war noch die Zeit des Schwurgerichts und der wenigen Kleinbüros von Allroundern. Mit der Zeit stiessen dann aber immer wieder junge Kollegen und später auch Kolleginnen zu uns. Ab Mitte der 1980er Jahre wuchsen wir stetig.

Eine damals häufig gestellte Frage war: «Wie können Sie einen Schwerverbrecher überhaupt verteidigen?» Antwort: Unsere Aufgabe als Verteidiger ist, ihm ein faires Verfahren zu gewährleisten, und nicht, ihn mit allen Mitteln der gerechten Strafe zu entziehen oder den Angeklagten von seiner Unschuld zu überzeugen.

Seither ist die Welt um uns mehrmals ausgewechselt worden, wie ein gescheiter Mann sagte. Das Karussell der Gesetzgebung begann sich immer schneller zu drehen. Nebst völlig neuen Rechtsfeldern wie Raumplanung, Umweltschutz, Konsumentenschutz, Bio, Health etc. erfolgten immer schnellere Änderungen der Zivil- und Strafgesetze, meist zum Schutz irgendwelcher Bedarfsgruppen. Jährlich treten allein auf Bundesebene heute 7500 Seiten neue Vorschriften (wovon 2/3 internationale Verträge) in Kraft. Eine Planung, vor allem im Unternehmenssteuerrecht, ist auf mittlere und längere Frist immer schwieriger. Die Spezialisierung der Anwälte und die Teamarbeit sind heute unumgänglich. Wir bemühen uns, mit unserem Team den stetig steigenden Anforderungen gerecht zu werden.

Für mich persönlich wurde die Tätigkeit immer vielfältiger. Verwaltungsratssitzungen und Kongresse wechselten sich ab rund um den Erdball. Dann wartete da noch Arbeit im Verfassungsrat, Stadtrat und Grossrat, welche mit äusserst wertvollen Begegnungen verbunden war. Das kreative Denken ist das, was auch unseren Beruf nach 50 Jahren Tätigkeit unendlich attraktiv macht – ebenso wie natürlich der Kontakt mit Menschen jeglicher Provenienz und mit sprudelnden Ideen, aber auch persönlichen Dramen.

Bedenken wir: «Ein Jurist, der nicht mehr ist, denn ein Jurist, ist ein arm Ding.»

Martin Luther

«Das ist ja unglaublich, wie ungerecht Sie sind, Herr Richter. Sie haben die Kinder meinem Mann zugesprochen, dabei sind sie gar nicht von ihm.»

Revision des Aktienrechts – Quo vadis?

Stand der Revision

Am 23. November 2016 hat der Bundesrat den Entwurf zur Revision des Aktienrechts verabschiedet. Gegenüber dem Vorentwurf vom 28. November 2014 weist der Entwurf einige wesentliche Änderungen auf und trägt damit der Kritik in der Vernehmlassung Rechnung. Nachfolgend werden einige wichtige Neuerungen herausgegriffen und kurz dargestellt.

1. Neuerungen im «traditionellen» Aktienrecht

Das Aktienkapital kann neu auch auf Fremdwährung lauten, und der Mindestnennwert von einem Rappen soll abgeschafft werden. Neu muss eine Aktie bloss einen Nennwert über Null aufweisen.

Einführung eines Kapitalbands: Die Generalversammlung (GV) kann den Verwaltungsrat ermächtigen, innerhalb eines Zeitraums von maximal fünf Jahren, das Aktienkapital innerhalb einer bestimmten Bandbreite zu erhöhen und/oder herabzusetzen. Diese Bestimmungen sollen mehr Flexibilität für Unternehmen schaffen und gleichzeitig durch klare Regelungen für mehr Rechtssicherheit sorgen.

Bei der Gründung, Auflösung und Liquidierung einfach strukturierter Unternehmen soll die Pflicht zur öffentlichen Beurkundung abgeschafft werden. Diese Neuerung ist auf Unternehmen beschränkt, bei welchen die Statuten ausschliesslich den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt enthalten, das Aktien- bzw. Stammkapital auf Franken lautet und die Einlagen vollständig in Franken geleistet werden.

Neu soll die Durchführung einer GV mit elektronischen Mitteln («Cybergeneralversammlung») an mehreren Tagungsorten oder im Ausland ausdrücklich zugelassen werden. Diese Neuerung ist ein wichtiger Schritt zur Modernisierung der GV.

Senkung der Schwellenwerte zur Einberufung einer GV auf 5%, für das Traktandierungs- und Antragsrecht auf 0,5% (bei nicht börsenkotierten Gesellschaften 10% bzw. 5%). Dies trägt zur Verbesserung der Corporate Governance bei.

2. Vergütungsrecht, Geschlechterquoten und Offenlegungspflichten im Rohstoffsektor

Die durch die Minder-Initiative veranlassten und bisher auf Verordnungsstufe geregelten Neuerungen im Vergütungsrecht von börsenkotierten Aktiengesellschaften sollen in die entsprechenden Bundesgesetze überführt werden. Bei börsenkotierten Gesellschaften sind zudem die Einführung von Geschlechterquoten von mind. 30% für den Verwaltungsrat und mind. 20% für die Geschäftsleitung vorgesehen. Schliesslich sollen Rohstoffförderungsunternehmen für Zahlungen an staatliche Stellen offenlegungspflichtig sein.

3. Ausblick

Der Ball ist nun beim Parlament. Sollten sich die Räte in den parlamentarischen Beratungen einigen und die Referendumsfrist ungenutzt verstreichen, könnte das neue Aktienrecht im Jahr 2019 in Kraft treten.

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