LEXPRESS Aktionärbindungsvertrag

1. Einführung

Wie es der Begriff impliziert, bezieht sich der Aktionärbindungsvertrag auf die Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft. Daran ändert auch nichts, dass Aktionärbindungsverträge in der Praxis teilweise anders genannt werden (z.B. «Syndikatsvertrag», «Poolvertrag» oder «Aktionärskonsortium»). Auf andere Gesellschaftsformen ist der Aktionärbindungsvertrag nicht zugeschnitten. Dies gilt insbesondere für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung («GmbH»). Als personenbezogene Gesellschaftsform können und müssen bei der GmbH typische Aspekte des Aktionärbindungsvertrags direkt in den Statuten geregelt werden, so insbesondere die Begründung und die Ausgestaltung von Vorhand-, Vorkaufs- oder Kaufrechten der Gesellschafter, Konkurrenzverbote der Gesellschafter, Konventionalstrafen und besondere Regelungen über die Berechtigung zur Geschäftsführung (vgl. Art. 776a OR). Vertragliche Regelungen unter den Gesellschaftern – analog einem Aktionärbindungsvertrag – werden dadurch entbehrlich.

Im Unterschied zu Publikumsgesellschaften ist bei kleinen und mittleren Aktiengesellschaften die Verbreitung des Aktionärbindungsvertrags gross. So zahlreich wie er anzutreffen ist, so vielfältig ist die Ausgestaltung in der Praxis. Richtig verstanden zielt der Inhalt des Aktionärbindungsvertrags darauf ab, Rechte und Pflichten unter den Aktionären (und allenfalls Dritten – in der Regel potentielle künftige Aktionäre) zu begründen. Diese Rechte und Pflichten stehen in einem Zusammenhang zur (aktuellen oder künftigen) Aktionärsstellung der Vertragsparteien.

Aktionärbindungsverträge werden regelmässig aus dem Bedürfnis heraus geschlossen, im Zusammenhang mit der betreffenden Aktiengesellschaft personenbezogene Komponenten einzuführen, welche dem Aktienrecht grundsätzlich fremd sind. Bekanntlich besteht nach geltendem Recht nur eine einzige Pflicht des Aktionärs: Dieser ist zur Einzahlung (Liberierung) des gezeichneten Aktienkapitals verpflichtet. Andere Verpflichtungen hat der Aktionär nicht – weder gegenüber der Gesellschaft noch gegenüber den Mitaktionären. Insbesondere bestehen keine Treue- und Loyalitätspflichten des Aktionärs. Nach der Konzeption des Aktienrechts kann jeder Aktionär über sein Tun und Lassen frei entscheiden. Bei Publikumsgesellschaften mit einem weitgehend anonymen Aktionariat (vgl. die Bezeichnung der Aktiengesellschaft in der französischen Fassung des Gesetzestextes als «société anonyme») ist das unproblematisch.

Bei KMU und Gesellschaften mit nur wenigen Aktionären verhält es sich anders: Hier spielt es eine Rolle, wer an der Gesellschaft beteiligt ist; die Person des Mitaktionärs ist bedeutsam. Der einzelne Aktionär möchte nicht irgendjemanden als Mitaktionär im Boot haben. Aus Sicht des einzelnen Aktionärs kann dies jedoch nicht aktienrechtlich (d.h. gestützt auf das geltende Aktienrecht), sondern nur durch die vertragliche Einräumung von entsprechenden Vorhand-, Vorkaufs- und Kaufrechten sichergestellt werden. Bei einer personenbezogenen Betrachtung kann zudem das Bedürfnis bestehen, die Vertretung im Verwaltungsrat, die Dividendenpolitik oder andere wichtige Entscheidungen der Generalversammlung unter den Aktionären vorgängig abzusprechen und unabhängig von der Verteilung der Stimmrechte in der Generalversammlung zu regeln. Legitim ist ebenso das Anliegen, für die Aktionäre ein Konkurrenzverbot einzuführen und dadurch sicherzustellen, dass sie ihre eigene Gesellschaft nicht konkurrenzieren. Für all diese Anliegen ist der Aktionärbindungsvertrag das probate Mittel.

Allerdings müssen sich die Parteien des Aktionärbindungsvertrags bewusst sein, dass nur sie selber durch den Vertrag gebunden sind. Für die Gesellschaft ist der Aktionärbindungsvertrag nicht verpflichtend. Diese ist nur an die gesellschaftsrechtlich relevanten Normen (Statuten und Gesetz) gebunden; vertragliche Vereinbarungen unter den Aktionären sind für die Gesellschaft unbeachtlich.

Dasselbe gilt für die Mitglieder des Verwaltungsrates; auch deren Verpflichtungen ergeben sich aus den Statuten und dem Gesetz. Massgebend ist insbesondere die Bestimmung von Art. 717 OR. Danach müssen die Mitglieder des Verwaltungsrates ihre Aufgaben mit aller Sorgfalt erfüllen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren. Sie haben die Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln. Daraus folgt, dass Bestimmungen in einem Aktionärbindungsvertrag dem Verwaltungsrat nicht entgegengehalten werden können; dieser handelt nach eigenem Ermessen und ist streng dem Wohl der Gesellschaft verpflichtet. Die Aktionäre – auch diejenigen, die ihre Interessen über einen Aktionärbindungsvertrag bündeln – können ihren Einfluss nur über die Generalversammlung (d.h. über die Ausübung der Stimmrechte in der Generalversammlung) geltend machen.

Der Abschluss eines Aktionärbindungsvertrags kann grundsätzlich formlos erfolgen. Aus Beweisgründen rechtfertigt es sich allerdings, die Schriftform zu wählen. Sind im Vertrag Verfügungen von Todes wegen enthalten, sind die einschlägigen Formvorschriften einzuhalten.

Nachfolgend werden die typischen Inhalte des Aktionärbindungsvertrags skizziert.

2. Veräusserungsbeschränkungen, Vorhand-, Vorkaufs- und Kaufrechte

Aus aktienrechtlicher Sicht kann jeder Aktionär relativ frei über seine Aktien verfügen und diese an einen unabhängigen Dritten verkaufen. Gerade in Familienbetrieben und Aktiengesellschaften mit einem beschränkten Aktionärskreis ist dies unerwünscht. Fast alle Aktionärbindungsverträge sehen deshalb Veräusserungsbeschränkungen vor. Dabei wird die Veräusserung der Aktien nur in den seltensten Fällen absolut verboten. Vielmehr dürfen Aktien nur unter Einhaltung der im Aktionärbindungsvertrag vorgesehenen Vorhand- oder Vorkaufsrechte veräussert werden.

Ein Vorhandrecht sieht vor, dass ein Aktionär, der seine Aktien verkaufen will, diese zuerst den übrigen Vertragsparteien anbieten muss. Zu welchem Preis die Aktien angeboten werden müssen, wird in der Regel ebenfalls im Aktionärbindungsvertrag festgehalten. Erst wenn die übrigen Aktionäre auf ihr Vorhandrecht verzichten, darf der verkaufswillige Aktionär seine Aktien während einer bestimmten Frist an einen Dritten veräussern.

Kommt ein Kaufvertrag mit einem Dritten zustande, räumen manche Aktionärbindungsverträge den übrigen Parteien ein nachgelagertes Vorkaufsrecht ein. Dieses gibt ihnen das Recht, als Käufer in den Kaufvertrag des Dritten einzutreten und die Aktien an dessen Stelle zu erwerben. Im Gegensatz zum Vorhandrecht kommt das Vorkaufsrecht also erst zum Tragen, wenn bereits ein Vertrag mit einem Käufer besteht.

Es gibt aber auch Fälle, in denen die Aktien eines Aktionärs unfreiwillig übertragen werden. So gehen zum Beispiel beim Tod eines Aktionärs dessen Aktien automatisch auf seine Erben über. Weiter können die Aktien gepfändet werden, in die Konkursmasse fallen oder bei einer Scheidung Gegenstand der güterrechtlichen Auseinandersetzung sein. Zudem kann das Recht, Aktien zu halten, insbesondere bei Mitarbeiteraktien von einem Arbeitsverhältnis mit der Gesellschaft abhängig gemacht werden. Der Aktionärbindungsvertrag kann in diesen Fällen den übrigen Vertragsparteien ein Kaufrecht einräumen, das ihnen das Recht gibt, die Aktien vom bisherigen Aktionär zu einem im Aktionärbindungsvertrag festgelegten Preis zu erwerben.

3. Preisbestimmungsmechanismen

Bei der Ausübung eines Vorhand- oder Kaufrechts stellt sich immer die Frage, zu welchem Preis die entsprechenden Aktien verkauft oder gekauft werden sollen. Es empfiehlt sich deshalb, den Mechanismus zur Festlegung des Kaufpreises im Aktionärbindungsvertrag zu vereinbaren. In jedem Fall ist den betroffenen Parteien aber zuerst die Möglichkeit einzuräumen, sich selbständig auf einen Preis zu einigen. Nur wenn keine Einigung erreicht werden kann, kommt der vertraglich vorgesehene Preisbestimmungsmechanismus zur Anwendung.

Dabei sind grundsätzlich unzählige Preisbestimmungsmechanismen denkbar. Bei der Festlegung des Mechanismus ist auf die mögliche zeitliche Dauer bis zur Ausübung des Vorhand- oder Kaufrechts zu achten, da sich der Wert der Aktien stark verändern kann. In der Praxis sind drei Preisbestimmungsmechanismen geläufig:

In der ersten Variante sehen die Parteien vor, dass sich der Aktienkaufpreis nach dem von einer Treuhandgesellschaft berechneten inneren Wert der Gesellschaft richtet. Hierbei wird der innere Wert von einer bei Vertragsabschluss bestimmten oder bei Ausübung des Vorhand- oder Kaufrechts gemeinsam zu bestimmenden, fachlich qualifizierten, unabhängigen Treuhandgesellschaft endgültig festgesetzt. Die Treuhandgesellschaft hat sich dabei an den zum Bewertungszeitpunkt anerkannten und branchenüblichen Bewertungsgrundsätzen zu orientieren.

Als zweite Variante können die Parteien bereits im Aktionärbindungsvertrag vereinbaren, nach welcher Methode der innere Wert der Gesellschaft ermittelt werden soll. In der Schweiz wird dabei beispielsweise häufig die nicht unumstrittene, aber aufgrund ihrer Praktikabilität weit verbreitete Praktikermethode gewählt ([1 x Substanzwert + 2 x Ertragswert] / 3). Auch bei dieser Variante wird die effektive Berechnung des inneren Werts häufig einer bei Vertragsabschluss bestimmten oder bei Ausübung des Vorhand- oder Kaufrechts gemeinsam zu bestimmenden, fachlich qualifizierten, unabhängigen Treuhandgesellschaft überlassen.

Als dritte Variante können die Parteien vorsehen, dass der Preis nach einer von den Parteien noch zu bestimmenden Bewertungsmethode berechnet wird: Dazu wird im Aktionärbindungsvertrag vorgesehen, dass die Parteien sich erst bei Ausübung eines Vorhand- oder Kaufrechts auf die Methode für die Berechnung des Wertes der betroffenen Aktien zu einigen haben. Die eigentliche Bewertung wird dann wieder durch eine fachlich qualifizierte, unabhängige Treuhandgesellschaft vorgenommen. Sollten sich die Parteien auf keine Bewertungsmethode einigen, wird sowohl die Bewertungsmethode als auch der daraus folgende Aktienwert verbindlich durch die Treuhandgesellschaft nach den zum jeweiligen Zeitpunkt herrschenden und anerkannten Bewertungsgrundsätzen endgültig festgesetzt.

Die Regelung der Preisbestimmung im Aktionärbindungsvertrag muss von den Parteien in jedem Fall sorgfältig überlegt und auf den jeweiligen Sachverhalt zugeschnitten werden.

4. Mitarbeiterbeteiligungen

Allgemein dienen Mitarbeiterbeteiligungen der langfristigen Bindung und Motivierung von Schlüsselmitarbeitern. Eine Mitarbeiterbeteiligung kann aber auch bei der Nachfolgeplanung in Frage kommen. Finden Inhaber von Familienunternehmen keine geeigneten Nachfolger innerhalb der eigenen Familie, treten oft langjährige leitende Mitarbeiter bzw. das gesamte Management (Management-Buy-Out) die Nachfolge an. Aus Finanzierungsgründen kann sich die Übergabe an diese Mitarbeiter über längere Zeit ausdehnen, wobei schrittweise Aktien an die Mitarbeiter verkauft werden. Dies kann im Aktionärbindungsvertrag insbesondere mittels befristeten Kaufrechten zugunsten des Mitarbeiters und Andienungsrechten zu Gunsten des abtretenden Inhabers geregelt werden.

Oft werden die Beteiligungen an die Mitarbeiter zu Vorzugspreisen abgegeben. Im Gegenzug werden die Mitarbeiteraktien für den Eintritt bestimmter Ereignisse mit Rückgabepflichten belegt. Solche Ereignisse können beispielsweise die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Aktiengesellschaft oder das Versterben des Mitarbeiteraktionärs sein.

Insbesondere gilt es, die Folgen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Mitarbeiteraktionär im Aktionärbindungsvertrag zu regeln. Für diesen Fall wird oft ein limitiertes Kaufrecht (Kaufrecht mit vorbestimmtem Preis) der übrigen Vertragsparteien vorgesehen. Bei der Preisbestimmung für das Kaufrecht kann zwischen einem Bad Leaver und einem Good Leaver unterschieden werden. Im ersteren Fall hat der Mitarbeiter selbst gekündigt oder die Arbeitgeberin (Aktiengesellschaft) hat dem Mitarbeiter aus wichtigem Grund (Art. 337 OR, z. B. unzulässige Konkurrenzierung der Arbeitgeberin, strafbare Handlung, grobe Pflichtverletzung etc.) entlassen. Der Good Leaver umfasst alle übrigen Fälle der Vertragsbeendigung. Beim Bad Leaver rechtfertigt es sich, den Preis für das Kaufrecht tiefer anzusetzen (z. B. in Höhe des ursprünglichen Investitionsbetrags), während beim Good Leaver häufig ein Preis vorgesehen wird, der dem inneren Wert der Aktien entspricht.

5. Mitnahme- und Mitverkaufsrechte bei Minderheitsaktionären

Wird eine Gesellschaft von einem Hauptaktionär und einem oder mehreren Minderheitsaktionären gehalten, stellt dies die beteiligten Parteien spätestens dann vor Probleme, wenn der Hauptaktionär seine Aktien verkaufen will. Viele potentielle Käufer haben ein Interesse daran, jeweils 100 % der Aktien einer Gesellschaft zu erwerben. Kann der Hauptaktionär seine Minderheitsaktionäre nicht ebenfalls zum Verkauf bewegen, wird er seine Aktien nicht oder nur zu einem tieferen Preis verkaufen können.

Um dieses Problem zu lösen, sehen viele Aktionärbindungsverträge ein so genanntes Mitnahmerecht vor. Dieses gibt dem Hauptaktionär das Recht, beim Verkauf seiner Aktienmehrheit die Minderheitsaktionäre dazu zu zwingen, ihre Aktien zu denselben Bedingungen zu verkaufen. Der Hauptaktionär kann die Aktien der Minderheitsaktionäre also «mitreissen», weshalb für das Mitnahmerecht häufig auch der aus dem Englischen entlehnte Begriff Drag-along verwendet wird.

Das Gegenstück zum Mitnahmerecht des Hauptaktionärs bilden das Mitverkaufsrecht (Tag-along) der Minderheitsaktionäre. Will der Hauptaktionär seine Aktienmehrheit verkaufen, muss er dies den Minderheitsaktionären mitteilen. Sofern diese ihr Mitverkaufsrecht ausüben, ist der Hauptaktionär verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Käufer auch die Aktien der Minderheitsaktionäre zu denselben Konditionen wie seine eigenen Aktien erwirbt.

6. Patt-Klauseln

Besitzen zwei Aktionäre oder zwei Aktionärsgruppen gleich viele Aktienstimmen, kann es bei Uneinigkeit zu Pattsituationen kommen.

Spezielle Patt-Klauseln im Aktionärbindungsvertrag können bei Pattsituationen Abhilfe schaffen. Bei einer Pattsituation auf Stufe der Aktionäre liegt ein Lösungsansatz darin, dass jeder Aktionär einem unabhängigen, fachlich qualifizierten Dritten, je eine Aktie treuhänderisch übergibt. Dieser Dritte übt dann an der Generalversammlung sein Stimmrecht ohne jegliche Weisung aus. Auf diese Weise kann die Pattsituation durch die Stimmen dieses Dritten aufgelöst werden.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, bei einer Pattsituation die umstrittene Frage oder Entscheidung einem unabhängigen, fachlich qualifizierten Dritten als Schiedsrichter zu unterbreiten. Dieser Schiedsrichter entscheidet dann nach Abwägung sämtlicher Argumente endgültig.

Es sind noch viele weitere sinnvolle Lösungsmöglichkeiten denkbar. Welche Patt-Klausel die richtige ist, hängt dabei immer vom konkreten Einzelfall ab.

7. Stimmbindungsklauseln

Bei Stimmbindungsklauseln handelt es sich um Verpflichtungen zwischen den Vertragsparteien des Aktionärbindungsvertrags, das Aktienstimmrecht in der Generalversammlung in einer bestimmten Art und Weise auszuüben.

In der Praxis häufig anzutreffen sind Regelungen betreffend die Ausschüttung einer Dividende aus dem Bilanzgewinn. Der Aktionärbindungsvertrag kann beispielsweise vorsehen, dass die gebundenen Parteien für die Ausschüttung eines bestimmten Prozentsatzes des Jahresgewinns stimmen müssen. Der Aktionärbindungsvertrag kann aber auch vorsehen, dass eine Gewinnausschüttung erst nach der Rückzahlung bestimmter Darlehen erfolgen darf oder eine Gewinnausschüttung von anderen Kriterien abhängen soll.

Sehr häufig werden auch Stimmbindungsklauseln betreffend die Wahl des Verwaltungsrats vorgesehen. Die gebundenen Aktionäre haben ein Interesse daran, eine gewisse Anzahl Sitze im Verwaltungsrat besetzen zu können und so auf die Geschäfte der Gesellschaft direkt Einfluss zu nehmen.

8. Konkurrenzverbot

Mit einem Konkurrenzverbot können Parteien eines Aktionärbindungsvertrags verpflichtet werden, die Aktiengesellschaft nicht zu konkurrenzieren. Die Aufnahme eines Konkurrenzverbots in einen Aktionärbindungsvertrag kann insbesondere bei Mitarbeiterbeteiligungen sowie in Situationen der Unternehmensnachfolge sinnvoll sein.

Im Gesetz wird ein Konkurrenzverbot nur für Mitglieder des Verwaltungsrats oder der Geschäftsleitung (vgl. Art. 717 OR) sowie für Arbeitnehmer der Aktiengesellschaft (vgl. Art. 321a Abs. 3 oder Art. 340 OR) festgeschrieben. Aktionäre, die keine solche Funktion wahrnehmen und nicht bei der Aktiengesellschaft angestellt sind, unterliegen keinem Konkurrenzverbot. Der Aktionärbindungsvertrag gibt den Parteien die Möglichkeit, auch solche unabhängigen Aktionäre einem Konkurrenzverbot zu unterwerfen. Zudem können die gesetzlichen Konkurrenzverbote konkretisiert oder verschärft werden.

Ein Konkurrenzverbot, das während der Beteiligung an einem Aktionärbindungsvertrag oder nach dem Ausscheiden aus einem solchen gilt, kann die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der betroffenen Vertragspartei einschneidend beschränken. Konkurrenzverbote in Aktionärbindungsverträgen sind aber grundsätzlich zulässig. Beschränkungen können sich aus Art. 27 Abs. 2 ZGB (Verbot der übermässigen Bindung) ergeben und, wenn ein Aktionär zugleich Arbeitnehmer der Aktiengesellschaft ist, aus den arbeitsvertraglichen Bestimmungen zum Konkurrenzverbot (vgl. Art. 340 ff. OR). Gültig und somit in einem allfälligen Rechtsstreit durchsetzbar ist ein Konkurrenzverbot, wenn es insbesondere in sachlicher, örtlicher und zeitlicher Hinsicht nicht übermässig ist.

Beim sachlichen Umfang geht es um die Branche und die Tätigkeitsgebiete, auf die sich das Konkurrenzverbot bezieht. Problematisch dürfte ein Konkurrenzverbot sein, welches auch Tätigkeiten oder Beteiligungen ausserhalb des Zwecks der Aktiengesellschaft erfasst. Dabei ist auf den tatsächlich ausgeübten Gesellschaftszweck und nicht auf den regelmässig sehr weit gefassten statutarischen Zweck abzustellen. In örtlicher Hinsicht ist erforderlich, dass der räumliche Geltungsbereich des Konkurrenzverbots möglichst genau definiert wird (z.B. im Umkreis von 50 km um den Geschäftsbetrieb oder auf das Gebiet des Kantons Aargau) und nicht zu weit gezogen ist. Zeitlich muss ein Konkurrenzverbot ebenfalls beschränkt sein (z. B. auf zwei Jahre nach dem Verkauf der Aktien).

Ein sachlich weitreichendes oder räumlich ausgedehntes Konkurrenzverbot kann zulässig sein, wenn es nur für kurze Dauer gilt. Ein lange dauerndes Konkurrenzverbot wiederum kann gültig sein, wenn es sich auf einen engen sachlichen Bereich beschränkt. Als übermässig gelten Konkurrenzverbote, die die gesamte wirtschaftliche Betätigung einer Vertragspartei für mehr als nur kurze Zeit unterbinden.

Zur Intensivierung der Wirkung des Konkurrenzverbots kann eine Konventionalstrafe für den Fall der Verletzung des Konkurrenzverbots vereinbart werden.

9. Dauer des Aktionärbindungsvertrags

Die Parteien wünschen sich in der Regel einen möglichst langen Schutz durch den Aktionärsbindungsvertrag. Entsprechend sind sie versucht, Aktionärbindungsverträge mit einer sehr langen Mindestdauer abzuschliessen.

Das schweizerische Recht sieht keine Beschränkung der Höchstdauer von Aktionärbindungsverträgen vor. Verträge können aber nicht auf «ewige» oder überlange Zeit abgeschlossen und aufrechterhalten werden. Dies führt zu einer übermässigen Bindung der Parteien und damit zu einem Verstoss gegen die persönliche und wirtschaftliche Handlungsfreiheit (Art. 27 Abs. 2 ZGB).

Die Vertragsdauer ist ein wesentliches Element für die Beurteilung einer übermässigen Bindung des Aktionärbindungsvertrags. Neben der Dauer sind aber insbesondere auch die Art der sich aus dem Vertrag ergebenden Pflichten, der Umfang der vertraglichen Bindung, die Abhängigkeit der Vertragsparteien voneinander, die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Handlungsfreiheit und die Sanktionen bei einer Vertragsverletzung zu berücksichtigen.

Die Gerichtspraxis zur Vertragsdauer lässt sich meistens durch den Vertragsinhalt selbst und die Umstände des Einzelfalles leiten. Die Praxis geht von einer zulässigen Dauer von Aktionärbindungsverträgen mit intensiver Bindung von 15 bis 20 Jahren aus.

10. Überbindungspflicht

Da ein Aktionärbindungsvertrag seine Wirkung nur zwischen den betreffenden Vertragsparteien entfaltet, müssen bei einer Aktienübertragung die neuen Aktionäre in den Aktionärbindungsvertrag eingebunden werden. Dabei müssen die neuen Aktionäre dem bestehenden Aktionärbindungsvertrag ausdrücklich beitreten. Es genügt also nicht, im Aktionärbindungsvertrag einfach festzuhalten, dass der Vertrag automatisch für alle Aktionäre gelten soll.

In der Praxis wird deshalb häufig eine Überbindungspflicht im Aktionärbindungsvertrag vorgesehen. Diese Bestimmung verpflichtet die bestehenden Aktionäre, bei der Übertragung ihrer Aktien sämtliche Rechte und Pflichten aus dem betreffenden Aktionärbindungsvertrag auf den Dritterwerber zu überbinden bzw. diesen zu verpflichten, in den Aktionärbindungsvertrag einzutreten.

11. Gerichtsstandsklausel

Die Parteien können für einen allfälligen Rechtsstreit über Ansprüche aus dem Aktionärbindungsvertrag einen Gerichtsstand vereinbaren, d.h. die Parteien einigen sich im Voraus über ein örtlich bestimmtes oder bestimmbares Gericht. Geht aus der Vereinbarung nichts anderes hervor, kann später eine Klage nur am vereinbarten Gerichtsstand erhoben werden. Eine Gerichtsstandsvereinbarung schafft deshalb Sicherheit mit Bezug auf den von den Parteien gewünschten Gerichtsstand, sowohl im nationalen als auch im internationalen Verhältnis.

Als Gerichtsstände kommen bei Aktionärbindungsverträgen primär der Wohnsitz bzw. Sitz eines Aktionärs oder der Sitz der Gesellschaft in Frage. Empfehlenswert und üblich ist es, den Sitz der Gesellschaft als Gerichtsstand zu vereinbaren. Dieser Gerichtsstand ist für die Aktionäre neutral. Überdies hat das am Sitz der Gesellschaft zuständige Gericht den örtlich nächsten Bezug zur Gesellschaft, so dass es auch geeignet ist, bei Bedarf vorsorgliche Massnahmen anzuordnen.

12. Fazit

In der Regel handelt es sich bei beim Aktionärbindungsvertrag um ein Vertragswerk, das eher komplex ist und auf die konkrete Situation abgestimmt sein muss. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass sich der Aufwand für die Erstellung eines massgeschneiderten Aktionärbindungsvertrages lohnt, um späteren Diskussionen vorzubeugen.

Die Autorinnen und Autoren dieses Beitrags:

lic. iur. Antonia
Stutz
Rechtsanwältin, Notarin
+41 56 203 10 22
a.stutz@voser.ch
Dr. Markus
Fiechter
Rechtsanwalt, LL.M.
+41 56 203 15 45
m.fiechter@voser.ch
Dr. Thomas
Röthlisberger
Rechtsanwalt, Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht
+41 56 203 15 43
t.roethlisberger@voser.ch
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