LEXPRESS Sieben gängige Trennungs- und Scheidungsirrtümer

Gemäss dem Bundesamt für Statistik hat die Scheidungshäufigkeit in den letzten Jahren stark zugenommen (seit 1970 um 15 %). Schätzungen zufolge werden sich zwei von fünf Ehepaaren zukünftig scheiden lassen, wenn sich das heutige Scheidungsverhalten nicht ändern sollte. Diese Ausgabe des LEXpress Zivilrecht widmet sich diesem stets aktuellen Thema und deckt sieben gängige Irrtümer über die Scheidung und das vorausgehende Getrenntleben auf. Der Beitrag umfasst die Scheidungsvoraussetzungen, die Kinderbelange, die finanziellen Folgen der Scheidung sowie das Getrenntleben vor der Scheidung. Zudem gibt der Beitrag Tipps, wie die Scheidung trotz Trennung anständig und kosteneffizient von Statten gehen und was bereits bei der Heirat beachtet werden kann.

Viel Vergnügen bei der Lektüre!

1. «Ich lasse mich nicht scheiden, weil eine Scheidung immer mit einem Scheidungskrieg verbunden ist.»

Früher galt im Scheidungsrecht das Verschuldensprinzip. Als Voraussetzung für eine Scheidung musste einem der Ehegatten ein Verschulden angelastet werden können wie Ehebruch, unehrenhafter Lebenswandel, Gewalt, böswilliges Verlassen, Alkoholismus, etc. Wer durch sein schuldhaftes Verhalten die Scheidung verursacht hatte, musste der anderen Partei den entstandenen Schaden ersetzen und hatte selbst keinen Anspruch auf eine Entschädigung. In einem Scheidungsverfahren nach altem Scheidungsrecht musste das Gericht deshalb prüfen, weshalb die Ehe gescheitert ist, was regelmässig mit dem Waschen «schmutziger Wäsche» verbunden war.

Dies ist jedoch seit der Revision des Zivilgesetzbuches (ZGB) im Jahre 2000 nicht mehr der Fall. Vielmehr können die Eheleute heute ihre Ehe im gegenseitigen Einvernehmen und ohne Feststellung eines Scheidungsgrundes gerichtlich auflösen lassen.

Sind sich die Ehegatten über die Nebenfolgen der Scheidung (wie allfällige Kinderbelange, Unterhaltsbeiträge und güterrechtliche Auseinandersetzung) einig, können sie dem Gericht eine umfassende Scheidungsvereinbarung einreichen. Es ist grundsätzlich sinnvoll, sich dabei von einer fachkundigen Person unterstützen zu lassen. Vielfach ist es zweckmässig, dass jeder Ehepartner seinen eigenen Rechtsvertreter mandatiert, der seine Interessen wahrt. Die beiden Anwälte handeln sodann die Scheidungsvereinbarung aus. Alternativ können die Eheleute zusammen eine Rechtsanwältin bzw. einen Rechtsanwalt konsultieren, die/der mit ihnen eine Scheidungsvereinbarung erarbeitet.

Sind sich die Eheleute in Bezug auf die Nebenfolgen der Scheidung in vielem nicht einig und ist ihnen die nötige Kommunikationsfähigkeit als Voraussetzung für eine einvernehmliche Lösung abhandengekommen, kann für sie auch eine Mediation der geeignete Weg sein. Die Mediation ist ein aussergerichtliches Streitbeilegungsverfahren, bei dem ein unparteilicher Dritter (Mediator/in) die Beteiligten darin unterstützt, ihre Konflikte im gegenseitigen Einvernehmen zu lösen. Die Parteien entscheiden in vertraulichen Verhandlungen selbst, was sie klären möchten. Im Gegensatz zur anwaltlichen Beratung fungiert der unparteiliche Dritte, welcher oftmals auch Rechtsanwalt bzw. Rechtsanwältin ist, als Vermittler und nicht als Berater. Ziel der Scheidungsmediation ist wiederum die gemeinsame Erarbeitung einer Scheidungsvereinbarung. Die Methode der Mediation empfiehlt sich besonders dann, wenn es für die Eheleute wichtig ist, dass sie auch nach der Scheidung respektvoll miteinander umgehen und die gemeinsame Kommunikation in Bezug auf die Kinderbelange fördern möchten.

Das Gericht genehmigt die Scheidungsvereinbarung, wenn es sich anlässlich einer zwingenden persönlichen Anhörung davon überzeugt hat, dass die Ehegatten sie aus freiem ­Willen und nach reiflicher Überlegung geschlossen haben und sie klar, vollständig und nicht offensichtlich unangemessen ist. Die Vereinbarung ist erst rechtsgültig, wenn das Gericht sie genehmigt hat (Art. 279 der Zivilprozessordnung [ZPO]).

Können sich die Eheleute über die Nebenfolgen der Scheidung nicht umfassend einigen, urteilt das Gericht über die umstrittenen Punkte (Art. 112 ZGB und Art. 286 ZPO).

Kurzum muss eine Scheidung nicht mit einem Scheidungskampf verbunden sein. Vielmehr wird die Mehrheit der Ehen in der Schweiz einvernehmlich durch das Gericht aufgelöst. Gelingt eine einvernehmliche Scheidung, spart man nicht nur Nerven, sondern auch viel Geld.

2. «Wenn ich nicht zustimme, kann mein Mann sich gar nicht scheiden lassen.»

Sind nicht beide Eheleute mit der Scheidung einverstanden oder noch nicht dazu bereit, kann ein Ehepartner nach zwei Jahren des Getrenntlebens gegen den Willen des anderen eine Scheidungsklage einreichen (Art. 114 ZGB). Das Getrenntleben im vorgenannten Sinne setzt voraus, dass die umfassende körperliche, geistig-seelische und wirtschaftliche Lebensgemeinschaft der Eheleute aufgehoben worden ist. Dazu gehört insbesondere, dass der Trennungswille zumindest eines Ehepartners klar bekundet worden und in der Regel eine örtliche Trennung vollzogen worden ist. Kurze Episoden des Zusammenseins zum Zwecke der Versöhnung oder kameradschaftliche Treffen bewirken im Regelfall keinen Unterbruch der zweijährigen Trennungsfrist.

In Ausnahmefällen muss die Trennungsdauer von zwei Jahren für eine Trennung gegen den Willen des anderen nicht abgewartet werden. Dies ist dann der Fall, wenn einem Ehegatten aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, die Fortsetzung der Ehe nicht zuzumuten ist (Art. 115 ZGB). In Betracht fallen namentlich Tatbestände wie körperliche oder sexuelle Misshandlung, Belästigung und Verfolgung sowie schwere Straftaten. Das Gericht hat dabei stets die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Kurzum ist eine Scheidungsklage eines Ehegatten gegen den Willen des anderen grundsätzlich nach zwei Jahren des Getrenntlebens möglich.

3. «Die Kinder werden immer der Mutter zugesprochen. Ich als Vater werde zur blossen Zahlstelle.»

Bereits in der Printausgabe des LEXpress vom Februar 2014 haben wir darüber informiert, dass seit dem 1. Juli 2014 die gemeinsame elterliche Sorge über die Kinder auch nach einer Trennung oder Scheidung die Regel bildet (vgl. Art. 298 ZGB). Das gemeinsame Sorgerecht bedeutet, dass die Eltern weiterhin das Kind betreffende grundlegende Entscheidungen wie allfällige medizinische Behandlungen, Ausbildung und die religiöse Erziehung gemeinsam treffen.

Damit bildet die gemeinsame elterliche Sorge den Grundsatz. Die Alleinzuteilung der Sorge bzw. die Belassung der alleinigen elterlichen Sorge ist die eng begrenzte Ausnahme, die nur zulässig ist, wenn das Kindeswohl sie gebietet. In seiner Rechtsprechung hat das Bundesgericht Kriterien aufgestellt, die erfüllt sein müssen, um ein Abweichen vom Grundsatz des gemeinsamen elterlichen Sorgerechts zu rechtfertigen. Diese Kriterien können insbesondere bei einem schwerwiegenden elterlichen Dauerkonflikt oder bei anhaltender Kommunikationsunfähigkeit erfüllt sein. Dabei muss sich der Konflikt oder die Kommunikationsunfähigkeit auf die Kinderbelange als Ganzes beziehen und sich negativ auf das Kindeswohl auswirken. Erforderlich für die Alleinzuteilung ist dabei stets eine konkrete Feststellung, dass das Kindeswohl bei Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts beeinträchtigt ist bzw. sein würde und dass die Alleinzuteilung im konkreten Fall geeignet ist, die festgestellte Beeinträchtigung des Kindeswohls zu beseitigen oder zumindest zu lindern (BGE 142 III 1).

Vom Sorgerecht zu unterscheiden ist die Obhut bzw. der persönliche Verkehr mit dem Kind. Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus, so haben sie sich darüber zu einigen, wie sie sich die Betreuung des Kindes teilen. Für die tatsächliche Betreuung sind die unterschiedlichsten Modelle vorstellbar. Es ist in erster Linie an den Eltern, sich auf ein bestimmtes Modell zu einigen. Nur wenn keine Einigung zu Stande kommt oder die getroffene Vereinbarung das Kindeswohl gefährdet, haben das Gericht oder die Kindesschutzbehörde hoheitlich eine Anordnung zu treffen.

Das Gericht hat dabei von Gesetzes wegen insbesondere die Möglichkeit einer alternierenden Obhut zu prüfen, wenn ein Elternteil oder das Kind dies verlangt (Art. 298 Abs. 2ter ZGB). Im Falle einer alternierenden Obhut teilen sich die Eltern die Obhut des Kindes, wobei das Kind für eine ungefähr gleiche Zeit alternierend bei beiden Elternteilen wohnt. Dieses Modell setzt neben einer geeigneten Wohnsituation insbesondere voraus, dass zwischen den Eltern eine gute Fähigkeit und Bereitschaft zu kommunizieren und zu kooperieren besteht.

Kommt die alternierende Obhut nicht in Frage, was in der Regel der Fall ist, teilt das Gericht einem Elternteil die alleinige Obhut über das Kind zu. Für die Obhutszuteilung wird dabei auf folgende Kriterien zurückgegriffen: persönliche Beziehung zwischen Kind und Eltern, Möglichkeit der unmittelbaren Betreuung und Pflege durch einen Elternteil persönlich, Erziehungsfähigkeit der Eltern, die Persönlichkeit von Eltern und Kindern, Stabilität der Verhältnisse, Bereitschaft eines Elternteils, den Kontakt zum andern zu ermöglichen (Bindungstoleranz), Zuteilungswunsch des hinsichtlich der Zuteilungsfrage urteilsfähigen Kindes sowie keine Trennung von Geschwistern. Den Vorrang besitzt nach der Rechtsprechung jener Elternteil, welcher nach den gesamten Umständen die bessere Gewähr dafür bietet, dass sich die Kinder in geistig-psychischer, körperlicher und sozialer Hinsicht altersgerecht optimal entfalten können (BGE 115 II 206).

Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände, namentlich Alter, Entwicklung und Gesundheit des Kindes, psychosoziale Nähe und örtliche Distanz zwischen dem Kind und dem berechtigten Elternteil sowie Interessen und Verhältnisse des berechtigten Elternteils sowie des Inhabers der Obhut, spricht das Gericht dem nichtobhutsberechtigten Elternteil ein Besuchsrecht zu. In der Praxis wird im Normalfall ein Besuchsrecht von (ein bis) zwei Wochenenden pro Monat mit einem Ferienrecht von zwei bis drei Wochen oder der Hälfte der Schulferien vereinbart, wobei das Alter des Kindes zu berücksichtigen ist. Die Feiertage wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten verbringt das Kind in der Regel abwechslungsweise beim einen oder anderen Elternteil.

Das Kind hat gestützt auf Art. 12 der UNO-Kinderrechtskonvention ein Recht, vom Gericht zu den es betreffenden Fragen angehört zu werden. Kinder ab sechs Jahren werden deshalb in einem Eheschutz- oder Scheidungsverfahren vom Richter angefragt, ob sie eine Anhörung wünschen (vgl. Art. 298 ZGB).

Kurzum entscheidet das Gericht bei Uneinigkeit der Eltern über die Kinderbelange. Bei der Beurteilung der massgebenden Kriterien verfügt das Gericht über ein grosses Ermessen. Oberste Richtschnur bildet stets das Kindeswohl, das anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen ist. Das Geschlecht der Eltern spielt dabei keine Rolle. Von Bedeutung ist jedoch regelmässig die während der Ehe gelebte Rollenteilung.

4. «Während der Ehe gehört das Geld uns beiden. Bei der Scheidung wird dann alles durch zwei geteilt.»

Die Eheschliessung hat keinen Einfluss darauf, wem das Geld während der Ehe gehört. Vielmehr ist jeder Ehegatte während der Ehe grundsätzlich selber für die Verwaltung seines Geldes verantwortlich (Art. 201 ZGB).

Wie das eheliche Vermögen im Falle einer Scheidung (oder des Todes eines Ehegatten) geteilt wird, entscheidet der gewählte Güterstand. Im Schweizer Recht stehen dabei seit dem 5. Oktober 1984 die in der Folge kurz dargestellten Güterstände zur Wahl.

Hat das Paar keinen Ehevertrag geschlossen, untersteht es dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung (Art. 196 ff. ZGB). Bei der Errungenschaftsbeteiligung wird das Vermögen jedes Ehegatten in sein Eigengut und seine Errungenschaft geteilt. Zum Eigengut zählen grundsätzlich diejenigen Vermögenswerte, die dem Ehepartner zum Zeitpunkt der Heirat gehörten oder ihm/ihr während der Ehe unentgeltlich zugekommen sind wie Schenkungen oder Erbschaften. Auch zählen Gegenstände dazu, die nur dem Ehepartner zum persönlichen Gebrauch dienen, insbesondere Kleider oder Schmuck, und Ersatzanschaffungen für das Eigengut wie beispielsweise der Kauf eines Autos aus dem Verkaufserlös einer geerbten Liegenschaft sowie Genugtuungszahlungen. Alles andere, wie während der Ehe gebildete Ersparnisse (aus Lohn, Rentenzahlungen, usw.) bildet die Errungenschaft. Im Falle einer Scheidung (oder des Todes) behalten beide Ehepartner ihr jeweiliges Eigengut. Die Errungenschaften hingegen werden nach Abzug der eigenen Schulden – übrig bleibt der sog. Vorschlag – zusammengerechnet und je die Hälfte beiden Ehegatten gutgeschrieben.

Jedem Ehegatten verbleibt damit bei der Auflösung des Güterstandes der Errungenschaftsbeteiligung im Rahmen einer Scheidung sein jeweiliges Eigengut und grundsätzlich die Hälfte des gemeinsamen Vorschlages.

In engen Grenzen kann der Güterstand der Errungenschaft mittels eines durch einen Notar bzw. eine Notarin zu beurkundenden Ehevertrages, der vor oder auch während der Ehe abgeschlossen werden kann, modifiziert werden. So können durch Ehevertrag Vermögenswerte der Errungenschaft, die für die Ausübung eines Berufes oder den Betrieb eines Gewerbes bestimmt sind, zu Eigengut erklärt werden. Überdies können die Ehegatten vereinbaren, dass Erträge aus dem Eigengut nicht in die Errungenschaft fallen (Art. 199 ZGB). Durch einen Ehevertrag kann auch eine andere Beteiligung am Vorschlag vereinbart werden. Pflichtteilsansprüche allfälliger nichtgemeinsamer Kinder dürfen dadurch aber nicht beeinträchtigt werden (Art. 216 ZGB).

Alternativ zur (modifizierten) Errungenschaftsbeteiligung können die Ehegatten mittels eines Ehevertrages zwei andere Güterstände vereinbaren.

Bei der Gütergemeinschaft (Art. 221 ff. ZGB) überlässt es der Gesetzgeber grundsätzlich dem Willen der Ehepartner, was das bei der Scheidung zu teilende Gesamtgut (Äquivalent zur Errungenschaft bei der Errungenschaftsbeteiligung) umfassen soll. Bei der Gütergemeinschaft wird somit mit Ausnahme der Gegenstände, die nur einem Ehegatten zum persönlichen Gebrauch dienen, der Genugtuungsansprüche und der Ersatzanschaffungen für Eigengut alles geteilt, sofern das Vermögen während der Ehe angespart wurde.

Bei der Gütertrennung (Art. 247 ff. ZGB) als drittem möglichen Güterstand werden die Ehegatten in vermögensrechtlicher Hinsicht so gestellt, wie wenn sie nicht verheiratet wären. Damit stehen den Ehegatten bei der Scheidung keine gegenseitigen Ansprüche aus Güterrecht (allenfalls jedoch Unterhaltsansprüche) zu.

Das während der Ehe angesparte Vermögen wird damit nur bei den Güterständen der Errungenschaftsbeteiligung und der Gütergemeinschaft (in unterschiedlichem Umfang) geteilt. Unterstehen die Ehegatten einem dieser Güterstände, gilt es bereits während der Ehe Folgendes zu beachten: Nach einer langen Ehe kommt es regelmässig vor, dass im Rahmen des Scheidungsverfahren nicht bewiesen werden kann, dass ein Vermögenswert einem Ehegatten alleine gehört, weil der Vermögenswert beispielsweise in die Ehe eingebracht wurde. Misslingt der Beweis, gilt der Vermögenswert als zu teilende Errungenschaft bzw. Gesamtgut. Ein Inventar kann Abhilfe schaffen. Dabei wird das Inventar mit Vorteil innerhalb eines Jahres nach der Heirat oder nach dem Erwerb des aufgeführten Vermögens erstellt und von einer Notarin oder einem Notar beglaubigt. Wird die Jahresfrist eingehalten, wird der Inhalt des Inventars von Gesetzes wegen als richtig vermutet (Art. 195a ZGB).

Die güterrechtliche Regelung der Eheleute kann insbesondere bei Inhabern von Unternehmen eine entscheidende Rolle spielen. Wird auf einen Ehevertrag verzichtet und kommt damit die gesetzliche Regelung der Errungenschaftsbeteiligung zum Tragen, sind Gewinne des Unternehmens, die reinvestiert werden, in der Regel Teil der zu teilenden Errungenschaft. Dies kann dazu führen, dass bei einer Scheidung das Risiko eines gezwungenen Verkaufes des Unternehmens besteht, sofern der güterrechtliche Ausgleich nicht anders stattfinden kann. Dieses Risiko kann namentlich mittels einer Gütertrennung oder der Zuweisung der Gewinne ins Eigengut vermindert oder gar beseitigt werden. Es ist deshalb sinnvoll, sich bei oder nach der Gründung eines eigenen Unternehmens von einer im Eherecht spezialisierten Fachperson beraten zu lassen und gegebenenfalls einen Ehevertrag abzuschliessen.

Kurzum gehört das Vermögen während der Ehe weiterhin dem jeweiligen Ehegatten. Bei der Scheidung kommt es darauf an, welchem Güterstand das Ehepaar untersteht. Dabei stehen drei verschiedene Güterstände zur Verfügung. Beim ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung ist zur Vermeidung von Streitigkeiten anlässlich einer allfälligen Scheidung sinnvoll, innerhalb eines Jahres nach der Eheschliessung ein Inventar bei einem Notar bzw. einer Notarin beurkunden zu lassen. Ist ein Ehegatte Inhaber eines eigenen Unternehmens, empfehlen wir eine Beratung in Bezug auf einen massgeschneiderten Ehevertrag.

5. «Wir haben bei unserer Trennung eine Vereinbarung getroffen. Damit ist alles geregelt. Eine Scheidung ist eine reine Formsache, unnötig und kostet nur viel.»

Haben sich die Eheleute getrennt und möchte zumindest ein Partner sich (noch) nicht scheiden lassen, kann für die Regelung strittiger Punkte während der Trennungszeit bis zur Scheidung beim zuständigen Gericht ein sog. Eheschutzgesuch bzw. Gesuch betreffend Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes eingereicht werden. Während der ursprüngliche Zweck solcher Eheschutzmassnahmen in der Aussöhnung der Ehegatten bestand, ist das Ziel solcher Massnahmen heute vielmehr, die Trennung zu regeln und zu ermöglichen, dass sich die Ehegatten auf die Scheidung und deren Folgen einigen.

Auf entsprechenden Antrag eines Ehegatten regelt das Gericht in einem Eheschutzverfahren die Höhe allfälliger Unterhaltsbeiträge, die Zuteilung der Familienwohnung und des Hausrates sowie allfällige Massnahmen betreffend die Kinder wie den Kindesunterhalt, die Obhut und das Besuchsrecht. Sodann kann in einem Eheschutzentscheid bei Vorliegen der Voraussetzungen die Gütertrennung angeordnet werden, womit die Ehegatten trotz weiterhin bestehender Ehe keine weitere zu teilende Errungenschaft mehr bilden (Art. 176 f. ZGB). Schliesslich hält das Gericht in seinem Entscheid regelmässig den Beginn des Getrenntlebens fest, wodurch im Falle einer strittigen Scheidung Klarheit darüber herrscht, wann die Scheidungsklage (nach der zweijährigen Trennungsfrist) frühestens eingereicht werden kann.

Können sich die Ehegatten über die vorgenannten Punkte einigen, sind Eheschutzmassnahmen nicht nötig. Die Parteien können dies aussergerichtlich (mündlich oder schriftlich) regeln. Besteht trotz Einigung zwischen den Eheleuten dennoch ein Bedürfnis einer oder beiden Parteien nach einem gerichtlichen Entscheid – weil beispielsweise der nichtbetreuende Elternteil aufgrund seines Einkommens den gebührenden Unterhalt des Kindes nicht decken kann und deshalb das Alimenteninkasso einzuspringen hat – kann eine aussergerichtliche Vereinbarung dem Eheschutzgericht zur Genehmigung vorgelegt werden. Verändern sich die Verhältnisse, kann ein solcher Eheschutzentscheid auch abgeändert werden (Art. 179 ZGB).

Während die Eheschutzmassnahmen oder der aussergerichtliche Vergleich der Eheleute die Folgen des Getrenntlebens regeln, bedarf es für die definitive rechtliche Trennung dennoch ein Scheidungsverfahren mit -urteil. Dabei können die im Eheschutzverfahren entschiedenen Punkte als Präjudiz für das Scheidungsurteil dienen. Beispielsweise beim nachehelichen Unterhalt aber wird für deren Berechnung und Dauer der Aspekt der wirtschaftlichen Selbständigkeit beider Ehepartner viel höher gewichtet als noch im Eheschutzverfahren. Demnach ist bei der Scheidung ein Unterhaltsbeitrag nur dann geschuldet, wenn einem Ehegatten nicht zuzumuten ist, für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufzukommen. Zudem entscheidet der Eheschutzrichter regelmässig nicht über die Zuteilung der elterlichen Sorge über die gemeinsamen Kinder. Sodann wächst auch das zu teilende Altersguthaben bei der Pensionskasse während der Trennungszeit weiter an und die güterrechtliche Auseinandersetzung und damit die Trennung des ehelichen Vermögens inklusive der Zuteilung einer allfälligen gemeinsamen Liegenschaft erfolgt erst im Rahmen des Scheidungsverfahrens. Hat der Eheschutzrichter nicht bereits im Eheschutzentscheid die Gütertrennung angeordnet, wird also während der Trennungsdauer weiterhin zu teilende Errungenschaft bzw. zu teilendes Gesamtgut gebildet. Weiter gehören geschiedene (im Gegensatz zu getrennten) Ehegatten von Gesetzes wegen nicht mehr zu den Erben und haben folglich auch keinen Anspruch auf einen Pflichtteil. Auch allfällige Verfügungen von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag), die die Ehegatten vor dem rechtshängigen Scheidungsverfahren errichtet haben, fallen dahin (Art. 120 Abs. 2 ZGB). Letztlich kann ein Ehegatte, der bei der Heirat den Namen geändert hat, seinen vorherigen Namen erst nach der Scheidung wieder annehmen (Art. 119 ZGB). Dazu ist eine entsprechende Erklärung beim Zivilstandsamt einzureichen.

Kurzum bildet die Ehescheidung keine reine Formsache. Eine zur Regelung des Getrenntlebens abgeschlossene Vereinbarung zwischen den Eheleuten regelt die finanziellen Verhältnisse der Parteien nicht umfassend. Namentlich werden die während der Ehe geäufneten Altersguthaben bei den Pensionskassen nicht geteilt und die güterrechtliche Auseinandersetzung erfolgt erst im Zeitpunkt der Scheidung. Sodann ist auch das Sorgerecht über die gemeinsamen Kinder und eine allfällige Änderung des Nachnamens erst bei der Scheidung ein Thema. Schliesslich erlöschen erst mit der Scheidung erbrechtliche Ansprüche.

6. «Wenn sich meine Frau von mir scheiden lassen will und die Kinder mitnimmt, arbeite ich nur noch 60 %. Das genügt für mich alleine und ich muss ihr und den Kindern keinen Unterhalt bezahlen.»

Der Unterhaltsbeitrag für die Kinder und den (geschiedenen) Ehegatten wird grundsätzlich gestützt auf das tatsächliche Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehegatten berechnet. Reicht das Geld nicht aus, um den Bedarf des anderen Gatten und gemeinsamer Kinder zu decken, kann das Gericht dem Unterhaltspflichtigen ein sog. hypothetisches Einkommen an- bzw. dazurechnen. Dies ist dann der Fall, wenn es dem Unterhaltspflichtigen möglich und zumutbar ist, mehr zu verdienen, indem er namentlich sein Arbeitspensum aufstockt oder eine lukrativere Stelle annimmt.

Hat das Gericht im Rahmen eines Eheschutz- oder Scheidungsverfahrens Unterhaltsbeiträge genehmigt oder festgesetzt, hat es bei erheblichen und dauernden veränderten Verhältnissen auf Begehren eines Ehegatten die Unterhaltsbeiträge anzupassen (Art. 129 und Art. 179 ZGB).

In einem wegweisenden Entscheid vom Mai 2017 (BGE 143 III 233) hatte das Bundesgericht darüber zu urteilen, ob der unterhaltspflichtige Ehegatte Anspruch auf Anpassung der Unterhaltsbeiträge hat, nachdem er in Absicht der Schädigung seiner Expartnerin und der Kinder seine Stelle gekündigt und damit seine Leistungsfähigkeit verringert hatte. Das höchste Schweizer Gericht verneinte dabei seinen Anpassungsanspruch, obschon der Betreffende seinen ursprünglichen Lohn nicht wieder erreichen konnte, zumal die gekündigte Stelle gut bezahlt worden war. Gemäss dem Bundesgericht geht es nicht an, dass jemand mit einer eigenmächtigen Kündigung selbst «böswillig» die Fakten schafft, die er dann als Grundlage für eine Abänderung der Unterhaltspflicht vorschieben will. Das Verhalten des unterhaltspflichtigen Mannes war gemäss Entscheid des Bundesgerichts rechtsmissbräuchlich gemäss Art. 2 ZGB und damit nicht zu schützen.

Dasselbe gilt auch für eine böswillige Reduktion des Arbeitspensums und damit des Lohnes, welche lediglich zum Zweck der Senkung der Unterhaltsbeiträge erfolgte.

Kurzum wird eine Kündigung oder Herabsetzung des Arbeitspensums, welche lediglich zum Zwecke der Schädigung des unterhaltsberechtigten Expartners und allfälliger Kinder erfolgt, als rechtsmissbräuchlich erachtet. Dem Unterhaltspflichtigen wird ein hypothetisches Einkommen angerechnet.

7. «Wir wohnen im Elternhaus meines Mannes. Wenn ich mich von ihm trenne, muss ich mir eine neue Wohnung suchen und die Kinder bleiben bei ihm.»

Das Eheschutzgericht (vgl. Irrtum 5 hiervor) weist die eheliche Liegenschaft bzw. Wohnung während des Getrenntlebens demjenigen Ehegatten zu, dem sie in Abwägung der Interessen der Ehegatten und Kinder besser dient. Grundsätzlich nicht von Bedeutung ist dabei, wer im Grundbuch als Eigentümer der ehelichen Liegenschaft eingetragen ist oder wer den Mietvertrag abgeschlossen hat.

Hat das Ehepaar noch nicht volljährige (gemeinsame oder nicht gemeinsame) Kinder und lebten diese bis anhin in der ehelichen Liegenschaft, wird die Wohnung in der Regel wegen der Beibehaltung der Schulsituation und dem sozialen Bezugsnetz dem obhutsberechtigen Ehegatten zugeteilt. Zu berücksichtigen sind auch die Interessen bereits volljähriger Kinder, die noch in der Ausbildung sind und bei den Eltern wohnen. Es ist deshalb gut möglich, dass der obhutsberechtigten Ehefrau und den Kindern die Liegenschaft des Ehemannes während des Getrenntlebens zugewiesen wird.

Ist hingegen voraussehbar, dass die Trennung länger andauern wird bzw. auf eine Scheidung hinausläuft, wird ein Gericht den Eigentumsverhältnissen ein zusätzliches Gewicht beimessen. Im Falle der Scheidung nämlich erfolgt die güterrechtliche Auseinandersetzung, bei welchem die ehemals eheliche Liegenschaft dem Eigentümer zugeteilt wird.

Kurzum bilden die Eigentumsverhältnisse bei der Zuteilung der ehelichen Wohnung während des Getrenntlebens vor der Scheidung in der Regel keine bedeutende Rolle. Das Gericht nimmt eine Interessenabwägung vor, wobei regelmässig die Obhutszuteilung über die Kinder das entscheidende Kriterium bildet.

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