LEXPRESS Collaborative Law and Practice (CLP)

1. Was ist CLP?

«CLP» ist eine aussergerichtliche Konfliktlösungsmethode. Durch kooperatives, transparentes und interessenbasiertes Verhandeln soll eine eigenverantwortliche, massgeschneiderte und nachhaltige Lösung für alle Beteiligten eines Konflikts gefunden werden. Dabei wird jede Konfliktpartei von einem CLP-Anwalt begleitet. Die CLP-Anwälte sind wie die traditionellen Anwälte Parteivertreter, d.h. sie stehen ihren Klienten beratend und unterstützend zur Seite, sie arbeiten aber zusammen und nicht gegeneinander. Sie haben die Aufgabe, gemeinsam den Ablauf des CLP-Verfahrens zu strukturieren und die Interessen von allen beteiligten Konfliktparteien im Auge zu behalten. Damit unterscheidet sich die Grundhaltung und Arbeitsweise von CLP-Anwälten von derjenigen traditionell arbeitender Rechtsanwälte.

Im CLP-Verfahren können bei Bedarf Fachpersonen im Bereich Familie, Paare, Kinder und Finanzen beigezogen werden. Die CLP-Fachpersonen bilden zusammen mit den CLP-Anwälten das CLP-Team, das sich regelmässig untereinander austauscht und die Parteien auf ihrem Weg zur Lösungsfindung gemeinsam unterstützt. Alle zertifizierten CLP-Fachpersonen sowie CLP-Anwälte sind in der CLP-Methodik ausgebildet und arbeiten gemäss den Grundsätzen des Dachverbandes CLP Schweiz.

Das CLP-Verfahren eignet sich insbesondere für Situationen von Trennung und Scheidung sowie bei Besuchs-, Sorgerechts- und Unterhaltsfragen. In diesen Bereichen ist das Verfahren heutzutage auch am verbreitetsten. Jedoch ist das CLP-Verfahren auch für Erbschafts-, Miet- und Nachbarschaftskonflikte, sowie Konflikte am Arbeitsplatz oder zwischen anderen Vertragsparteien angezeigt, vor allem wenn es darum geht, Beziehungen während und nach dem Konflikt aufrechtzu­erhalten oder wiederaufzubauen.

2. Was sind die Grundregeln des CLP-Verfahrens?

Zu Beginn des CLP-Verfahrens schliessen alle Verfahrensbeteiligten eine verbindliche schriftliche Vereinbarung ab. Im Zentrum dieser Vereinbarung stehen die CLP-Grundregeln, die den Parteien einen sicheren Raum für die Verhandlungen gewährleisten sollen.

Damit ein CLP-Verfahren überhaupt in Frage kommt, müssen die Konfliktparteien einen (zumindest im Kern vorhandenen) Willen zur konstruktiven Zusammenarbeit aufzeigen. Sie verpflichten sich, den Konflikt aussergerichtlich zu lösen und das Gericht während des CLP-Verfahrens nicht anzurufen. Der Gang vor Gericht ist nur dann vorgesehen, wenn dem Gericht eine einvernehmliche Lösung zur Genehmigung vorgelegt werden soll.

Weiterer zentraler Punkt ist die Verpflichtung der Parteien zu einem Handeln nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, Fairness und gegenseitigem Respekt. Die Parteien sind im Sinne des Transparenzgebotes damit einverstanden, alle Informationen umfassend und unaufgefordert dem Gegenüber mitzuteilen. Fehler oder Versehen der anderen Partei werden nicht ausgenutzt und das CLP-Verfahren wird nicht für andere Zwecke missbraucht.

Sollte eine der Parteien sich nicht an die Abmachungen in der CLP-Vereinbarung halten oder gegen Grundsätze des CLP-Verfahrens verstossen, so wird das CLP-Verfahren abgebrochen. Die CLP-Anwälte müssen in einem solchen Fall das Anwaltsmandat niederlegen und dürfen ihre Klienten in einem allfälligen nachfolgenden strittigen Gerichtsprozess nicht mehr vertreten.

3. Wann ist ein CLP-Verfahren geeignet?

Das CLP-Verfahren empfiehlt sich, wenn die Parteien ein Bedürfnis nach anwaltlicher Unterstützung und Beratung haben, jedoch den Konflikt möglichst einvernehmlich und selbstverantwortlich lösen möchten. Bei den Parteien muss ein Mindestmass an gegenseitigem Vertrauen und Respekt gegeben sein. Von Vorteil ist, wenn sich die Parteien mit dem Gegenüber direkt auseinandersetzen und sich in die Situation des anderen hineinversetzen können. Dabei können insbesondere die Fachpersonen für Familie, Paare und Kinder die Parteien tatkräftig unterstützen, denn regelmässig erschweren die dem Konflikt zugrundeliegenden Emotionen, dass die Parteien die Sichtweise des anderen erkennen und verstehen können.

Das CLP-Verfahren eignet sich insbesondere auch dann, wenn zwischen den Parteien ein (emotionales, informatives, finanzielles, sprachliches, etc.) Gefälle besteht, so dass ein Verhandeln auf Augenhöhe z. B. im Rahmen einer Mediation kaum oder nur teilweise möglich ist. Das CLP-Team ist in einer solchen Situation bestrebt, ein Gleichgewicht zwischen den Parteien herzustellen.

Bei sehr komplexen und unübersichtlichen finanziellen Gegebenheiten ist ein CLP-Verfahren indiziert, da die CLP-Finanzexperten die Situation aufarbeiten und analysieren können (z. B. bei Bewertung von Unternehmen oder Liegenschaften, komplexen steuerrechtlichen und vorsorgerechtlichen Fragen).

In einem CLP-Verfahren müssen durchaus finanzielle Ressourcen der Parteien gegeben sein: Es fallen Kosten für die Arbeit der Anwälte sowie der Fachpersonen an, die je nach Aufwand und Dauer des CLP-Verfahrens unterschiedlich hoch sind. Diesbezüglich ist jedoch anzumerken, dass auch in gerichtlichen Verfahren Partei- sowie Gerichtskosten entstehen, die in strittigen und langandauernden Fällen sehr hoch ausfallen. Nicht selten kommt es vor, dass sich die Parteien – aufgrund einer mangelnden nachhaltigen Lösung des Konflikts – immer ­wieder vor Gericht begegnen. Daher ist dieser Weg der Konfliktbearbeitung häufig um einiges kostenintensiver.

4. Wofür dient der Beizug von CLP-Fachpersonen?

Konfliktsituationen wie insbesondere Scheidungs- und Trennungssituationen sind stets eine emotionale Herausforderung. Fachpersonen für Familie und Paare werden in einem CLP-Verfahren herangezogen, um die (eine oder beide) Parteien im Prozess zu begleiten und allenfalls zu stärken. Sie helfen den Parteien, eine Basis für einen respekt- und vertrauensvollen Umgang (wieder-) herzustellen. CLP-Fachpersonen für Paare und Familien sind erfahrene systemische Familien- und Paartherapeuten, die über ein vertieftes psychologisches Wissen in den Bereichen Trennung, Scheidung, Wiederverheiratung, Patchworkfamilien und Entwicklungspsychologie verfügen.

Der Beizug von Fachpersonen für Kinder dient dazu, den Kindern in einem Trennungs- und Scheidungsverfahren eine Stimme zu verleihen. In den konventionellen Verfahren werden die Kinder meist nicht oder nur sehr begrenzt miteinbezogen. Jedoch ist es erwiesen, dass es dem Wohlbefinden eines Kindes dient, wenn es altersentsprechend am Veränderungs­prozess partizipieren kann. Da sich die Kinder in einer solchen Situation oft in einem Loyalitätskonflikt befinden, ist es wesentlich, dass sie von einer neutralen Fachperson unterstützt werden. CLP-Fachpersonen für Kinder verfügen über ein Studium an einer Hochschule in Sozialer Arbeit, Sozialpädagogik, Pädagogik, Psychologie oder Psychiatrie sowie über eine Zusatzausbildung in Paar-, Familien-, Systemtherapie und -beratung oder Psychotherapie sowie Familienmediation.

In komplexen und undurchsichtigen finanziellen Situationen kann es angezeigt sein, einen CLP-Finanzexperten hinzuzu­ziehen, der neutral und unabhängig die Situation analysiert. Ein solcher Experte kann den Parteien finanzielle Zukunftsperspektiven aufzeigen, die der Lösungsfindung dienen können. CLP-Finanzexperten sind diplomierte Treuhänder oder Wirtschaftsprüfer und unabhängig von in- und ausländischen ­Banken, Versicherungen und übrigen Finanzintermediären sowie deren Produkten.

Wie bereits erwähnt, sind alle CLP-Fachpersonen darüber hinaus in der CLP-Methodik ausgebildet und arbeiten gemäss den CLP-Grundsätzen. Werden CLP-Fachpersonen hinzugezogen, bedeutet dies natürlich auch ein einen grösseren finanziellen Aufwand. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass durch den Beizug von CLP-Fachpersonen Verfahrensschritte eingespart werden können.

5. Wie läuft ein CLP-Verfahren ab?

Der Verfahrensablauf ist jeweils auf die Bedürfnisse der Parteien zugeschnitten und daher von Fall zu Fall unterschiedlich. Die nachfolgende Veranschaulichung ist daher als grundsätzliches Gerüst eines CLP-Verfahrens zu verstehen.

Als erster Schritt erfolgt ein Gespräch zwischen einem CLP-Anwalt und seiner potentiellen Klientschaft. Der CLP-Anwalt prüft, ob die Konfliktsituation und die beteiligten Konflikt­parteien für ein CLP-Verfahren in Frage kommen. Ist dies der Fall und die Klientschaft mit einem CLP-Verfahren einverstanden, so hat der Klient die andere(n) Konfliktpartei(en) über die Möglichkeit eines CLP-Verfahrens zu informieren. Befürworten die anderen Konfliktparteien ebenfalls das Vorgehen nach den CLP-Grundsätzen, so können sich diese aus der Liste der zertifizierten CLP-Anwälte eine Rechtsvertretung aussuchen.

Im Rahmen einer beschränkten Auftragserteilung mit Entbindung vom Anwaltsgeheimnis durch die Klientschaft nehmen die CLP-Anwälte zwecks Situationsbeurteilung und Klärung der Vorgehensweise miteinander Kontakt auf. Die CLP-Anwälte tragen gemeinsam die Verantwortung für den Verlauf der ­Verhandlungen, währenddessen die Parteien für den Inhalt der Verhandlungen zuständig sind. Auch wird bereits (in Ab­sprache mit der Klientschaft) besprochen, ob weitere CLP-Fachpersonen benötigt werden und wenn ja, welche wann hinzu­gezogen werden sollen.

Nach einer Vorbesprechung zwischen den CLP-Anwälten und ihren Klienten findet anschliessend eine erste gemeinsame Sitzung aller beteiligten Personen statt. Diese erste Sitzung zwischen den CLP-Anwälten und ihren Klienten, allenfalls bereits mit Beteiligung der CLP-Fachpersonen, dient der Gründung des Arbeitsteams, der Bildung eines Vertrauensverhältnisses und der Verpflichtung auf die CLP-Grundregeln. Es werden die CLP-Vereinbarung sowie der CLP-Auftrag unterzeichnet, die zu regelnden Themen festgelegt und eine Roadmap für den weiteren Verlauf des Verfahrens erstellt. Soweit erforderlich, werden sehr dringende Fragen geklärt. Nur in diesen Gesamtsitzungen wird verhandelt, es gibt somit keine Verhandlungen zwischen den Anwälten unter sich.

Nach der Einzelbesprechung zwischen den CLP-Anwälten und ihren Klienten erfolgt der Austausch zwischen den CLP-Anwälten und – sofern (bereits) involviert – den weiteren CLP-Fachpersonen. Von jeder Sitzung wird ein Protokoll erstellt, welches jeweils allen Beteiligten zur Kenntnis gebracht wird. Es folgen weitere Gesamtsitzungen gemäss der erstellten Roadmap, die jeweils mit der Klientschaft einzeln vor- und nachbesprochen werden. Es können dazwischen Sitzungen zwischen den CLP-Fachpersonen und den Konfliktparteien erfolgen, die anschliessend im CLP-Team nachbesprochen werden. Ziel des Verfahrens ist die nachhaltige Bereinigung aller Konfliktthemen gemäss der erstellten Roadmap und schlussendlich die Unterzeichnung einer gemeinsam erarbeitenden schriftlichen Vereinbarung.

6. Weitere Hinweise

Für weitere Fragen zum CLP-Verfahren stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Ausführliche Hinweise finden sich auch auf der Homepage des Dachverbandes CLP Schweiz (www.clp.ch). Dort findet sich auch eine Übersicht aller anerkannten praktizierender CLP-Anwälte und CLP-Fachpersonen in der Schweiz.

VOSER RECHTSANWÄLTE

Cécile Pelet

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