LEXPRESS Wohneigentum und die Vermietung über «Airbnb»

Die Plattform «Airbnb» hat sich weltweit und auch hierzulande bereits stark durchgesetzt. Innert kürzester Zeit lassen sich für eine ausgesuchte Ortschaft zahlreiche private Unterkünfte finden, welche auf die individuellen Bedürfnisse der Reisenden zugeschnitten sind. Was viele als Dienstleistungsnehmer gut kennen und in Anspruch nehmen, wirft auf Seiten der Dienstleistungserbringer verschiedene, teils noch ungeklärte recht­liche Fragen auf. Einerseits stellt sich die Frage, ob und inwiefern sich eine kurzzeitige Beherbergung beispielsweise über Airbnb mit dem Zonenzweck einer Wohnzone verträgt. Daraus ergibt sich bei Stockwerkeigentumseinheiten die Frage, ob und inwieweit es der Stockwerkeigentümergemeinschaft gestattet ist, einem Stockwerkeigentümer die kurzfristige Vermietung seiner Einheit (zum Beispiel auf Airbnb) zu verbieten. Auf diese beiden Fragen soll im Folgenden unter der Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eingegangen werden.

Zonenkonformität von kurzzeitigen Beherbergungen («Airbnb») in Wohnzonen

Die (kommunalen) Zonenpläne weisen bestimmten Gebieten entsprechend ihrer zulässigen Nutzung eine Lärmempfindlichkeitsstufe (ES) zu. Diese Zuweisung erfolgt im Zuge der Nutzungsplanung und basiert auf dem Störgrad gewerblicher Nutzungen. Dabei gilt: Je mehr Lärm erzeugt werden darf, desto mehr Lärm ist zu dulden. Das bedeutet, dass Nutzungen von Wohnräumen zum Zwecke von kurzzeitigen Beherbergungen in den Mischzonen wie etwa in der Wohn- und Gewerbezone oder auch in der Kernzone (mit der Empfindlichkeitsstufe III), in der mässig störende Gewerbe zugelassen werden, unproblematisch sind. Interessant ist die Frage, ob eine solche Vermietung in einer (reinen) Wohnzone zulässig bzw. vom Zonenzweck gedeckt ist. In ­(reinen) Wohnzonen, in denen keine störenden Betriebe zugelassen sind, gilt die Empfindlichkeitsstufe II (Art. 43 Abs. 1 lit.b LSV). Eine ausgiebige Vermietung einer Liegenschaft auf Airbnb kann unter Umständen erhebliche Mehrimmissionen verursachen. Zu denken ist etwa an die Mehrbelegung von Parkplätzen rund um die Liegenschaft und allenfalls damit einhergehendem Mehrverkehr im Quartier, vermehrter «Verkehr» in den Treppenhausanlagen sowie Lärmimmissionen, handelt es sich bei Airbnb-Gästen doch regelmässig um Feriengäste, welche gerne auch bis in die späten Abend- und Morgenstunden ausgelassen verweilen und feiern. Das kann für Anwohner belastend sein. Mit anderen Worten ist folgendes zu prüfen: Ist Airbnb noch wohnen oder handelt es sich dabei bereits um einen gewerblichen Betrieb?

Das Bundesgericht hat sich im Entscheid vom 8. Oktober 2014 (BGE 140 II 509) zur Frage, ob eine Wohnungsvermietung als Ferienwohnung ein Gewerbe im Sinne von Art. 37a RPG darstellt, geäussert. Es hielt fest, dass das Vermieten von Wohnungen als blosses entgeltliches Überlassen von Räumen ohne gewerbliche, d.h. dem Erwerb dienende berufliche Tätigkeit, nicht als ein Gewerbebetrieb im Sinne von Art. 37a RPG erachtet werden könne. Unter den Gewerbebegriff falle z.B. der Betrieb eines Hotel-Restaurants (BGE 140 II 509, E. 3.3). Auch wenn das Bundesgericht im zitierten Entscheid die Gegebenheiten im Lichte von Art. 37a RPG beurteilte, lässt sich daraus allgemein folgern, dass auch eine kurzzeitige Beherbergung keine erheblichen, einer Wohnnutzung ent­gegenstehenden, Mehrimmissionen verursacht und dass es sich bei Airbnb immer noch ums Wohnen handelt, mit der Folge, dass die kurzzeitige Beherbergung über Plattformen wie Airbnb grundsätzlich mit dem Zonenzweck einer Wohnzone mit der ES II vereinbar ist.

Reglementarische Bestimmungen der Stockwerkeigentümergemeinschaft

In Wohnzonen dürfen Interessierte ihren Wohnraum auf Plattformen wie Airbnb also anbieten, ohne gegen öffentlich-rechtliche Bauvorschriften zu verstossen. Wie gestaltet sich nun aber der Fall, in dem die Mehrheit der Stockwerkeigentümer durch Beschluss eine neue Bestimmung im Reglement der Stockwerkeigentümer erlässt, die die kurzzeitige Vermietung von Stockwerkeigentumseinheiten generell untersagt? Zu dieser Frage hat sich das Bundesgericht ebenfalls geäussert.

Das Zivilgesetzbuch räumt den Stockwerkeigentümern grundsätzlich die freie Verwaltung, Benutzung und bauliche Ausgestaltung der in ihrem Sonderrecht stehenden Räume ein (Art. 712a Abs. 2 ZGB). Diese Freiheit findet ihre Grenzen dort, wo der Aus- oder Umbau oder die Nutzung der Sonderrechtsteile die Zweckbestimmung oder die Benutzungsweise der gemeinschaftlichen Liegenschaft betrifft. Diese Zweckbestimmung obliegt den Stockwerkeigentümern und wird in der Regel beim Begründungsakt im Reglement geregelt (Art. 712g ZGB). In vielen Fällen sieht das Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft die Nutzungsweise «Wohnen» vor. Gerade in Anbetracht der Ausführungen zur Zonenverträglichkeit hiervor, stellt sich die Frage, ob ein generelles Verbot von kurz­zeitigen Beherbergungen den einzelnen Stockwerkeigen­tümer in ­seiner gemäss Art. 712a Abs. 2 ZGB statuierten Freiheit unzulässig einschränkt (unzulässige Beschränkung des Eigentums). Obwohl das Bundesgericht entschied, dass die Vermietung von Wohnungen als Ferienwohnung kein Gewerbe im Sinne von Art. 37a RPG darstellt (BGE 140 II 509), erwog es in dieser Frage, dass je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls (Häufigkeit der Wechsel, Grad der Drittnutzung, Intensität der reellen Immissionen etc.) das Überlassen von Wohnungen über entsprechende Plattformen wie Airbnb eine Nutzungsänderung der betreffenden Wohneinheiten oder sogar eine Zweckänderung der gesamten Liegenschaft mit sich bringen kann. Es kommt entscheidend auf die konkrete Liegenschaft und damit spezifisch auf die Umstände des Einzelfalls an. Es entschied schliesslich, dass der Rahmen des reglementarisch vorgesehenen «Wohnzwecks» bei einer Erstresidenz mit gehobenem Wohnstandard (Schwimmbad mit Sauna, Fitnessraum), bei einer dauernden Vermietung einer Wohnung zur tage­weisen Buchung auf Plattformen wie Airbnb gesprengt werde. Vor diesem Hintergrund schränke eine allgemein formulierte tage-, wochen- oder monatsweise Vermietung den betroffenen Stockwerkeigentümer im Lichte von Art. 712a Abs. 2 ZGB nicht übermässig ein. Die Stockwerkeigen­tümergemeinschaft darf grundsätzlich gestützt auf Art. 712g Abs. 3 ZGB die Zweckbestimmung und Nutzungsweise autonom festlegen. Sie muss dabei einzig die Schranken beachten, wie sie sich aus Art. 2 und 27 ZGB sowie Art. 19 f. OR und aus der Institution des Stockwerkeigentums ergeben. Diese Schranken seien vorliegend eingehalten worden, denn es sei nachvollziehbar, dass sich die anderen Bewohner der Liegenschaft durch die mit dem steten Wechsel zwangsläufig einhergehenden erhöhten Immissionen sowie durch das Auftauchen von unbekannten Personen in gemeinsamen Anlagen wie Schwimmbad und Sauna in ihrer Wohnqualität beeinträchtigt fühlen (zum Ganzen BGer 5A_436/2018).

Zusammenfassend ist für die Beurteilung der Rechtmässigkeit einer einschränkenden Bestimmung im Regle­ment der Stockwerk­eigentümer danach zu fragen, ob durch die Vermietung auf Plattformen wie Airbnb die Nutzungsweise bzw. Zweckbestimmung des «Wohnens» der gemeinschaft­lichen Liegenschaft beeinträchtigt bzw. geändert wird. Dies dürfte bei einer Liegenschaft mit einem grossen Teil an gemeinschaftlich genutzten Anlagen (Schwimmbad, Gartenanlage mit Grill, Sauna, Fitnessraum, Gemeinschaftsräume mit Küchen etc.) eher der Fall sein als bei Liegenschaften, welche «lediglich» die gängigen gemeinschaftlichen Teile wie Treppenhaus, Waschküche und Tiefgarage aufweisen.

Abschliessend lässt sich sagen, dass die kurzzeitige Vermietung von Wohneigentum (Ferienwohnung), im Hinblick auf die Frage der Zonenverträglichkeit in der Wohnzone, grundsätzlich zulässig ist. Andererseits hat das Bundesgericht entschieden, dass bei einer gehobenen (Erst-) Wohnresidenz (im Stockwerkeigentum) mit gemeinsamen Infrastrukturanlagen sowie bereits bestehendem Verbot der Nutzung als Pension, die Vereinbarkeit mit einer Wohnnutzung nicht mehr gegeben ist. Schlussendlich dürfte also der effektive Störfaktor dafür ausschlaggebend sein, inwiefern der Wohnzweck beeinträchtigt oder gar geändert wird. Damit entscheidet zum Schluss der effektive Störfaktor über die Frage, ob die kurzzeitige Vermietung auf Airbnb zulässig ist oder eben nicht.

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MLaw Jacqueline Alf

MLaw Inka Tschudin

Die Autorinnen und Autoren dieses Beitrags:

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