LEXPRESS Bauen im Stockwerkeigentum

1. Einleitung

An Bauten im Stockwerkeigentum sind regelmässig bauliche Massnahmen durchzuführen. Sie dienen der Instandhaltung, Instandsetzung, Änderung oder Erneuerung des Gebäudes. Im Stockwerkeigentum steht das Gebäude im Miteigentum der Stockwerkeigentümer, wobei den Stockwerkeigentümern an den Räumen ihrer jeweiligen Stockwerkeinheit ein Sonderrecht zukommt. Dieses Sonderrecht erlaubt den Stockwerkeigentümern, die Räume ihrer Stockwerkeinheit selbst zu nutzen und auszubauen.

Soweit Gebäudeteile nicht im Sonderrecht stehen, müssen die Stockwerkeigentümer als Gemeinschaft bauliche Massnahmen beschliessen, durchführen und finanzieren. Für diese Vorgänge bestehen juristische Leitplanken, die wir im Nachfolgenden näher beleuchten.

2. Sonderrecht und gemeinschaftliche Gebäudeteile

Gebäudeteile im Sonderrecht dürfen durch den jeweiligen Stockwerkeigentümer ohne Zustimmung der Stockwerkeigentümergemeinschaft auf eigene Kosten baulich verändert werden, sofern dabei kein Schaden am Gebäude entsteht. Im Sonderrecht stehen üblicherweise die Küchen- und Sanitäreinrichtungen, die Türen und Fenster, Einbauschränke, Bodenbeläge, innere Zwischenwände ohne tragende Funktion, Wand- und Deckenverkleidungen sowie Sonnen- und Wetterschutz. Baubeschränkungen können bei Gebäudeteilen im Sonderrecht aber dennoch bestehen, wenn die äussere Erscheinung des Gebäudes beeinflusst wird. So kann das Auswechseln von Fenstern, Aussentüren, Balkonbelägen etc. davon abhängig gemacht werden, dass die äussere Erscheinung unverändert bleibt.

Dagegen stehen der Boden der Liegenschaft, die elementaren Gebäudeteile, wie die Böden zwischen den Stockwerken, das Dach, das tragende Mauerwerk einschliesslich Isolation, Aussenbalkone und die gemeinsamen Anlagen und Einrichtungen wie z. B. eine Zentralheizung und eine Liftanlage im gemeinschaftlichen Eigentum. Diese Bestandteile werden als gemeinschaftliche Gebäudeteile bezeichnet. Auch Gebäude-teile, die einem Eigentümer zur Sondernutzung zustehen, sind gemeinschaftliche Bauteile – etwa Dachterrassen oder Gartensitzplätze.

3. Stockwerkeigentümerversammlung

Bauliche Massnahmen an gemeinschaftlichen Gebäudeteilen und Anlagen müssen im Rahmen einer Stockwerkeigentümerversammlung beschlossen werden, damit sie ausgeführt werden dürfen. Davon ausgenommen sind kleinere Arbeiten, welche ein Verwalter im Rahmen der ihm eingeräumten Kompetenzen zu Lasten der Gemeinschaft beauftragen darf oder dringende Massnahmen, die sofort vorgenommen werden müssen, um das Gebäude vor drohendem oder wachsendem Schaden zu bewahren, wie z. B. die Reparatur einer Heizung im Winter oder einer defekten Wasserleitung.

Die Versammlung wird vom Verwalter einberufen. Hat eine Gemeinschaft keinen Verwalter bestellt, ist jeder Stockwerkeigentümer berechtigt, eine solche einzuberufen. Jedes Jahr muss mindestens eine ordentliche Versammlung stattfinden, anlässlich welcher auch über bauliche Massnahmen entschieden werden kann. Duldet eine bauliche Massnahme keinen Aufschub bis zur ordentlichen Versammlung, ist eine ausserordentliche Versammlung durchzuführen. Die Durchführung solcher ausserordentlichen Versammlungen liegt im Ermessen des Verwalters oder der antragsstellenden Stockwerkeigentümer; denn ein Fünftel aller Stockwerkeigentümer ist berechtigt, die Einberufung durch den Verwalter zu verlangen. Der Fünftel berechnet sich auf Basis der im Grundbuch eingetragenen Stockwerkeigentümer und nicht aufgrund der Wertquoten.

Alternativ kann ein Beschluss über bauliche Massnahmen auch ausserhalb einer Versammlung auf dem Zirkularweg gefällt werden. Allerdings müssen diesfalls alle Stockwerkeigentümer dem Beschluss schriftlich zustimmen.

Mit der Einberufung der Versammlung müssen die Traktanden, d. h. die Beschlussgegenstände angekündigt werden; denn damit wird verhindert, dass die Stockwerkeigentümer von einem Thema an der Versammlung überrascht werden. Das Traktandierungsrecht steht sowohl dem Verwalter als auch jedem einzelnen Stockwerkeigentümer zu. Jeder Stockwerkeigentümer ist berechtigt, die Beschlussfassung über nicht gehörig angekündigte Traktanden zu verhindern.

Das Gesetz enthält keine Minimalfrist für die Einberufung der Versammlung. Findet sich im Stockwerkeigentümerreglement keine Einberufungsfrist, ist diese so auszugestalten, dass den Stockwerkeigentümern sowohl die Teilnahme als auch die Vorbereitung der Versammlung in vernünftiger Weise ermöglicht wird. Eine minimale Einberufungsfrist von 20 Tagen ist regelmässig genügend. Handelt es sich um eine Ferienliegenschaft mit Stockwerkeigentümern, welche im Ausland wohnen, kann ausserhalb der üblichen Ferienzeiten jedoch auch eine solche Frist ungenügend sein.

Die Stockwerkeigentümerversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte aller Stockwerkeigentümer, die zugleich mindestens zur Hälfte anteilsberechtigt sind, mindestens aber zwei Stockwerkeigentümer, anwesend oder vertreten sind. Für die Feststellung der Beschlussfähigkeit ist auf die absolute Zahl der Stockwerkeigentümer sowie die Gesamtzahl aller Wertquoten abzustellen. Es sind also alle anwesenden und vertretenen Stockwerkeigentümer und Wertquoten mitzuzählen. Kann gestützt darauf die Beschlussfähigkeit nicht festgestellt werden, muss eine zweite Versammlung einberufen werden. Diese darf frühestens zehn Tage nach der ersten Versammlung stattfinden. Die Beschlussfähigkeit dieser zweiten Versammlung ist gegeben, wenn mindestens ein Drittel aller Stockwerkeigentümer nach Köpfen, mindestens aber zwei, anwesend oder vertreten sind. Damit könnte auch eine Minderheit Beschlüsse für die Gemeinschaft gültig fassen.

Wenn auch die zweite Versammlung nicht beschlussfähig ist, muss der Verwalter prüfen, ob die Einberufung einer dritten Versammlung Aussicht auf Erfolg hat. Bei einer umgehenden neuen Einberufung können die Bestimmungen über die zweite Versammlung angewendet werden.

4. Beschlussfassung und Quoren

Die Interessen innerhalb einer Stockwerkeigentümergemeinschaft können sehr unterschiedlich sein. Umso wichtiger sind klare Regeln, wie Beschlüsse innerhalb der Gemeinschaft zustande kommen. Das Zivilgesetzbuch (ZGB) regelt die Beschlussfassung ausführlich. Die Regeln des ZGB sind zu einem grossen Teil dispositiv: Die Eigentümer können im Nutzungs- und Verwaltungsreglement andere Bestimmungen festlegen, das muss aber einstimmig geschehen. Nachfolgend wird auf die Regeln eingegangen, wie sie das Gesetz vorsieht.

Bei den ordentlichen Beschlussfassungsregeln ist zwischen dem Zweck der Beschlüsse zu unterscheiden. Stockwerkeigentümerversammlungen entscheiden einerseits über Verwaltungshandlungen, andererseits über bauliche Massnahmen. Auf diese Kategorien wird nachfolgend eingegangen.

4.1 Verwaltungshandlungen

Es ist zu unterscheiden zwischen gewöhnlichen und wichtigeren Verhandlungshandlungen.

Gewöhnliche Verwaltungshandlungen kann jeder Stockwerkeigentümer selber vornehmen, ohne Beschluss der Gemeinschaft. Zu gewöhnlichen Verwaltungshandlungen gehört etwa die Vornahme von Ausbesserungen, Ausübung von Befugnissen aus Mietverträgen sowie Bezahlung und Entgegennahme von Geldbeträgen für die Gemeinschaft. Diese Befugnisse werden in der Praxis häufig einem Verwalter übertragen. Gerade die Vornahme von Ausbesserungen ist von den baulichen Massnahmen abzugrenzen. Unter der Vornahme von Ausbesserungen – die ein Stockwerkeigentümer bzw. der Verwalter in Eigenregie vergeben dürfen – sind aber lediglich kleinere Reparaturen zu verstehen, so etwa das Auswechseln einer defekten Lampe. Grössere Reparaturen sind entweder als wichtigere Verwaltungshandlungen oder als bauliche Massnahmen zu qualifizieren (etwa Malerarbeiten).

Wichtigere Verwaltungshandlungen müssen von der Mehrheit aller Stockwerkeigentümer, die gleichzeitig über die Mehrheit der Wertquoten verfügen, abgesegnet werden. Zu den wichtigeren Verwaltungshandlungen zählen etwa die Änderung der Umgebungsgestaltung, beispielsweise die Umwandlung von Grünraum in Parkplätze. Auch der Abschluss von Mietverträgen über gemeinschaftliche Teile (etwa die Vermietung eines gemeinschaftlichen Hobbyraums an einen Dritten) ist eine solche wichtigere Verwaltungshandlung. Sodann ist die Einleitung eines ordentlichen Zivilprozesses ebenfalls eine wichtigere Verwaltungshandlung, die der Mehrheit von Eigentümern und Wertquoten bedarf. Schliesslich zählen alle teureren Anschaffungen dazu: Insbesondere bei kleineren Eigentümergemeinschaften muss beispielsweise für die Beschaffung eines teureren Rasenmähers ein Eigentümerbeschluss gefällt werden.

4.2 Bauliche Massnahmen

Welcher Teil der Eigentümer bzw. der Wertquoten einer baulichen Massnahme zustimmen muss, hängt davon ab, ob es sich um eine notwendige, nützliche oder luxuriöse Massnahme handelt. Auf die Unterschiede wird nachfolgend eingegangen.

Allgemein gilt: In allen Fällen sollte der Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft nicht nur die eigentliche bauliche Massnahme absegnen, sondern auch deren Finanzierung regeln. Insbesondere ist darüber zu entscheiden, ob die Kosten über einen Erneuerungsfonds finanziert werden oder ob und wann die Eigentümer die Massnahme direkt nach einem bestimmten Verteiler bezahlen müssen, allenfalls auch unter Zuhilfenahme einer Fremdfinanzierung mit entsprechender Verpfändung der eigenen Stockwerkeinheiten.

4.2.1 Notwendige bauliche Massnahmen

Notwendige bauliche Massnahmen sind solche, die für die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache nötig sind. Solchen notwendigen baulichen Massnahmen muss die Mehrheit aller Eigentümer zustimmen – die Abstimmung erfolgt also rein nach Köpfen, ohne Berücksichtigung der Wertquoten.

Bei den notwendigen baulichen Massnahmen handelt es sich etwa um Reparaturen am gemeinschaftlichen Lift, Instandstellung einer defekten Waschküche, Sanierung eines Wasserschadens etc. Keine notwendige bauliche Massnahme ist hingegen die Erneuerung der Isolation eines Gebäudes, sofern diese Isolation nicht beschädigt ist und den gesetzlichen Minimalanforderungen noch genügt. Diesfalls handelt es sich um eine nützliche Massnahme.

Sollte die Stockwerkeigentümergemeinschaft notwendige bauliche Massnahmen ablehnen, so hat ein einzelner Eigentümer dennoch das Recht, auf deren Umsetzung zu bestehen. Diesfalls kann der einzelne Eigentümer die Vornahme der notwendigen Massnahmen nötigenfalls vom Gericht anordnen lassen.

4.2.2 Nützliche bauliche Massnahmen

Nützliche bauliche Massnahmen sind solche, die eine Wertsteigerung oder Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Gebrauchsfähigkeit der Sache bezwecken. Nützlichen baulichen Massnahmen müssen die Mehrheit der Eigentümer nach Köpfen sowie die Mehrheit der Wertquoten zustimmen.

Nützliche bauliche Massnahmen sind beispielsweise energetische Optimierungen der Fassaden. Auch der Einbau einer neuen Heizung ist nützlich, sofern die alte noch funktioniert. Ebenfalls nützlich ist der Einbau einer moderneren Waschküche, sofern die alte noch nicht defekt ist.

Sollte die nützliche bauliche Massnahme zur Folge haben, dass ein Eigentümer seine Sache nicht mehr oder nur noch unter erschwerten Bedingungen benützen kann, so hat dieser Eigentümer ein Vetorecht.

Die Kosten baulicher Massnahmen werden grundsätzlich nach Wertquoten verteilt. Sollte die nützliche bauliche Massnahme jedoch dazu führen, dass eine Kostenverteilung nach Wertquoten eine unzumutbare Belastung eines Eigentümers darstellt, muss dieser Eigentümer entweder zustimmen – oder aber die anderen Eigentümer bezahlen den Anteil des betroffenen Eigentümers. Werden beispielsweise in den Geschäftsbereichen eines Wohn- und Geschäftshauses Rolltreppen für die Kunden eingebaut, von denen die Wohneigentümer in den räumlich abgegrenzten Stockwerken nicht profitieren, so haben die profitierenden Eigentümer der Geschäftsräume den Wohneigentümern jenen Teil der Kosten zu bezahlen, die den Wohneigentümern nicht zumutbar sind.

4.2.3 Luxuriöse bauliche Massnahmen

Luxuriöse Bauarbeiten sind solche, die lediglich der Verschönerung, der Ansehnlichkeit der Sache oder der Bequemlichkeit im Gebrauch dienen. Solche Arbeiten dürfen grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Eigentümer – also einstimmig – in Auftrag gegeben werden.

Luxuriöse Bauarbeiten können indes auch – bei qualifizierter Mehrheit nach Köpfen und Wertquoten – gegen den Willen eines einzelnen Eigentümers ausgeführt werden. Dies, sofern der einzelne Eigentümer aufgrund der Bauarbeiten in seinem Gebrauch nicht dauernd beeinträchtigt wird und die übrigen Eigentümer ihm für seine vorübergehende Beeinträchtigung Ersatz leisten und seinen Kostenanteil übernehmen.

Luxuriöse Bauarbeiten wären beispielsweise die Einkleidung des Treppenhauses eines gewöhnlichen Wohnhauses mit echtem Marmor, der Einbau eines Hallenbades in ein Wohnhaus oder auch eine übermässig teure Gartengestaltung. Luxuriös kann nach Auffassung des Bundesgerichts auch die Verlegung von Platten auf einem Attikageschoss sein, um die Begehbarkeit der Terrasse zu erweitern, wenn die Erweiterung der Begehbarkeit ausschliesslich den Interessen der obersten Eigentümer dient (BGE 141 III 357). Dem zusätzlichen Verlegen von Platten auf der Attikaterrasse müssen somit alle Stockwerkeigentümer zustimmen.

5. Anfechtung von Beschlüssen

Beschlüsse der Stockwerkeigentümerversammlung, welche eine gesetzliche Bestimmung oder eine Bestimmung der Gemeinschaftsordnung (Begründungsakt, Reglement oder Hausordnung) verletzen, können gerichtlich angefochten werden. Die reine Angemessenheit oder Zweckmässigkeit eines Beschlusses kann demnach gerichtlich nicht überprüft werden. Widerrechtliche Beschlüsse der Stockwerkeigentümerversammlung sind üblicherweise nur anfechtbar und nicht auch nichtig. Sicherheitshalber müssen deshalb widerrechtliche Beschlüsse angefochten werden, um keine rechtliche Wirkung zu erlangen. Wurde zum Beispiel ein Beschluss über luxuriöse bauliche Massnahmen lediglich mit qualifiziertem Mehr nach Köpfen und Wertquoten statt einstimmig gefällt, muss dieser angefochten werden, damit er nicht vollzogen werden kann. Auch ein fehlerhafter Beschluss über die Verteilung der Baukosten muss angefochten werden, um nicht wirksam zu werden.

Jeder Stockwerkeigentümer, der einem Beschluss nicht zugestimmt hat, kann diesen anfechten. Dabei ist nicht relevant, ob der entsprechende Stockwerkeigentümer an der Versammlung überhaupt anwesend war. Die Anfechtungsklage richtet sich gegen die Stockwerkeigentümergemeinschaft und nicht gegen die anderen Stockwerkeigentümer persönlich.

Die Anfechtungsklage ist bei der Schlichtungsbehörde und, falls dort keine Einigung erzielt werden kann, im Anschluss beim Gericht am Ort des Grundstücks einzureichen. Die Klage muss innert eines Monats seit Kenntnisnahme des Beschlusses eingereicht werden. Bei anwesenden Stockwerkeigentümern ist die Kenntnisnahme an der Versammlung gegeben. Für abwesende und nicht vertretene Stockwerkeigentümer kann die Frist aber erst ab Zustellung des Protokolls zu laufen beginnen.

6. Umsetzung der baulichen Massnahmen

Der Verwalter ist das Ausführungsorgan der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Er vollzieht die Beschlüsse der Gemeinschaft über bauliche Massnahmen. Er besorgt die Planung und Ausschreibung der Bauarbeiten. Er schliesst im Namen der Stockwerkeigentümergemeinschaft die Verträge mit den Planern und Unternehmern ab und beaufsichtigt die Baustelle. Die Vertragspartner der Stockwerkeigentümergemeinschaft dürfen dabei davon ausgehen, dass der Verwalter zur Vertretung der Gemeinschaft ermächtigt ist.

Zur Vergütung der Bauarbeiten führt der Verwalter das Inkasso innerhalb der Gemeinschaft durch, sofern die Arbeiten nicht direkt aus dem Erneuerungsfonds bezahlt werden. Er stellt den Stockwerkeigentümern im Umfang ihrer jeweiligen Anteile Rechnung und zieht deren Beiträge ein. Vorschussleistungen bedingen jedoch einer entsprechenden reglementarischen Bestimmung oder eines Beschlusses der Gemeinschaft.

7. Finanzielle Risiken der Stockwerkeigentümer

Leistet ein Stockwerkeigentümer seinen Deckungsbeitrag nicht, muss die Stockwerkeigentümergemeinschaft gegen diesen klagen, um ihre Beitragsforderung durchzusetzen. Hingegen darf der Deckungsbeitrag der anderen Eigentümer nicht erhöht werden, um den Ausfall auszugleichen.

Zur Sicherstellung der auf die letzten drei Jahre entfallenden Beitragsforderungen hat die Stockwerkeigentümergemeinschaft einen Anspruch gegenüber jedem Stockwerkeigentümer auf Errichtung eines Pfandrechts auf dessen Stockwerkeinheit sowie ein Retentionsrecht an den beweglichen Sachen, die sich in den Räumen des Stockwerkeigentümers befinden und zu deren Einrichtung oder Benützung gehören. Das Pfandrecht wird demnach immer dem Stockwerkanteil belastet, dessen Eigentümer die Beitragsforderung nicht bezahlt hat. Die Eintragung kann vom Verwalter, bei dessen Fehlen von einem durch Beschluss ermächtigten Stockwerkeigentümer verlangt werden. Die Eintragung im Grundbuch kann mit Einwilligung des zu belastenden Stockwerkeigentümers erfolgen. Die Einwilligung kann dem betroffenen Stockwerkeigentümer zwar Prozesskosten ersparen, die Zwangsverwertung der Stockwerkeinheit kann diesfalls aber nur noch mittels Begleichung der Beitragsforderung oder Leistung einer hinreichenden Sicherheit abgewendet werden. Widersetzt sich der Stockwerkeigentümer dem Eintrag, muss dieser durch die Gemeinschaft gerichtlich erwirkt werden. Das Pfandrecht geht allen vorher errichteten Grundpfandrechten, wie insbesondere bereits bestehenden Pfandrechten zu Gunsten von Hypothekargläubigern nach. Wird eine Zwangsverwertung des Stockwerkeigentumsteils nötig, wird der Verkaufserlös zur Deckung der Beitragsforderung deshalb allenfalls nicht reichen. Für die gleiche Schuld kann die Gemeinschaft das Pfandrecht nicht nochmals anmelden, so dass diese einen Ausfall erleiden kann.

Ein Beitragsausfall führt zu finanziellen Risiken der anderen Stockwerkeigentümer. So können die Gläubiger der Stockwerkeigentümergemeinschaft wie Planer und Handwerker zur Deckung ihrer Forderungen auf das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft greifen, worunter auch ein geäufneter Erneuerungsfonds fällt. Handwerkern, welche an den gemeinschaftlichen Gebäudeteilen Arbeiten verrichtet haben, steht zur Sicherung ihrer Forderungen überdies das Bauhandwerkerpfandrecht an allen Stockwerkeinheiten zu, wobei die Pfandsumme anteilsmässig auf die Stockwerkeinheiten verteilt wird. Dies kann letztlich dazu führen, dass die Stockwerkeigentümer für nicht bezahlte Beiträge anderer Stockwerkeigentümer doch einstehen müssen. Die Verwirklichung der anteilsmässigen Verteilung der Baukosten auf alle Stockwerkeigentümer ist letztlich deshalb davon abhängig, dass diese für alle Stockwerkeigentümer auch finanzierbar sind.

8. Empfehlungen

Schauen Sie bei Gelegenheit Ihr Stockwerkeigentümerreglement genau an. Ist es klar verständlich? Verweist das Reglement bezüglich Beschlussquoren auf das Gesetz oder legt es eigene Regeln fest? Falls das Reglement unklar ist, lohnt es sich allenfalls, es mit einer Fachperson zu überarbeiten.

Äufnen Sie den Erneuerungsfonds mit angemessenen, nicht zu geringen Beträgen. Nutzen Sie hierfür die aktuelle Tiefzinsphase – investieren Sie das Geld, welches Sie bei der Hypothek sparen, in den Erneuerungsfonds. Damit kann die Finanzierung von grösseren Sanierungen sichergestellt werden.

Grössere Investitionen, die nicht über den Erneuerungsfonds bezahlt werden können, müssen für alle Stockwerkeigentümer finanzierbar sein. Ansonsten drohen finanzielle Risiken (Verwertung des Verwaltungsvermögens der Stockwerkeigentümergemeinschaft, Belastung der Stockwerkeinheiten mit Bauhandwerkerpfandrechten).

VOSER RECHTSANWÄLTE

Dr. Lukas Breunig-Hollinger

Dr. Thomas Röthlisberger

Die Autorinnen und Autoren dieses Beitrags:

Dr. Lukas
Breunig-Hollinger
Rechtsanwalt, Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht
+41 56 203 15 43
l.breunig@voser.ch
Dr. Thomas
Röthlisberger
Rechtsanwalt, Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht
+41 56 203 15 43
t.roethlisberger@voser.ch
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