LEXPRESS Das Einmaleins der Mängelhaftung

Einleitung

Ob eine kleine Badsanierung im Einfamilienhaus oder eine grosse Neuüberbauung mit Mehrfamilienhäusern: Nicht alle Bauvorhaben gelingen auf Anhieb. Regelmässig bestehen kleinere oder grössere Mängel. Rechtsfragen rund um die Mängelhaftung sind in unserer Praxis deshalb häufig. Im vorliegenden LEXpress stellen wir das «Einmaleins der Mängelhaftung» vor. Wir führen aus, was ein juristisch relevanter Mangel überhaupt ist und welche Rechte und Pflichten der Besteller (1) einerseits und der Planer bzw. Unternehmer andererseits im Rahmen der Mängelhaftung haben. Dabei gehen wir insbesondere auf Prüf- und Rügeobliegenheiten, Haftungsfragen und die Verjährung ein. Schliesslich geben wir Empfehlungen ab, welche helfen sollen, Streitigkeiten rund um Mängel zu vermeiden.

Bei der Beurteilung der Mängelhaftung ist entscheidend, ob auf einen Vertrag «nur» das Obligationenrecht anwendbar ist oder vorrangig Normen des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA zur Anwendung kommen. Letztere enthalten Regelungen für die Mängelhaftung, welche teilweise vom Gesetz abweichen. Diese Normen gelten jedoch nur, wenn deren Anwendbarkeit zwischen den Vertragspartnern vereinbart wurde. Nachfolgend wird daher regelmässig zwischen den Regeln nach Gesetz und den Regeln nach den SIA-Normen unterschieden.

1. Baumangel

1.1. Begriff des Baumangels

Ein Baumangel betrifft ein Werk, das ein Unternehmer für einen Besteller erstellt. Ein Werk kann in einem ganzen Gebäude bestehen. Ein Werk sind aber auch im Gebäude integrierte handwerkliche Leistungen wie Sanitär- oder Malerarbeiten.

Ein Baumangel liegt vor, wenn ein Werk oder ein Teil davon vom Vertrag des Unternehmers bzw. des Planers mit dem Besteller abweicht. Es fehlen dem Werk Eigenschaften, die es gemäss Vertrag haben sollte. Dies können vertraglich zugesicherte Eigenschaften oder Eigenschaften sein, die zwar nicht im Vertrag explizit aufgeführt sind, deren Bestand jedoch für eine einwandfreie Benutzung des Werks unabdingbar ist. Dazu zählen auch Verstösse gegen anerkannte Regeln der Baukunde. Bei Fehlen solcher Eigenschaften ist das Werk vertragswidrig und damit mangelhaft. (2)

Die fehlenden Eigenschaften, welche den Mangel begründen, sind häufig physischer oder technischer Natur. Der Mangel kann jedoch auch in den Ausmassen, der örtlichen Lage oder der Funktionsfähigkeit des Werks liegen. (3)

1.2. Planungsfehler vs. Ausführungsmängel

Ein Bauvorhaben besteht vereinfacht gesagt aus zwei unterschiedlichen Phasen: Der Planungs- und der Ausführungsphase. In beiden Phasen können Mängel entstehen.

In der Planungsphase erstellt in der Regel ein Planer (etwa ein Ingenieur oder ein Architekt) Pläne zur Realisierung des Bauvorhabens. Hierbei können dem Planer Fehler unterlaufen. So kann der Architekt beispielsweise im Plan ein falsches Material für die tragenden Wände vorsehen, was später zum Einsturz der Baute führt. Beim Plan des Architekten handelt es sich um ein Werk, das fehlerhaft ist und die Mangelhaftigkeit des Bauwerks verursacht hat. Der Mangel ist mithin auf einen Planungsfehler zurückzuführen.

In der Ausführungsphase entstehen Mängel, wenn der mit der Werkerstellung betraute Unternehmer das Werk mangelhaft ausführt, auch wenn der zugrunde liegende Plan korrekt ist. So besteht ein Ausführungsmangel, wenn der Plan eine Isolation von 16 cm vorsieht, der Unternehmer aber lediglich 12 cm anbringt.

1.3. Offene und verdeckte Mängel

Die SIA-Norm 118 «Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten», welche bei vielen Bauwerkverträgen Vertragsbestandteil ist, unterscheidet zwischen offenen und verdeckten Mängeln.

Ein verdeckter Mangel liegt vor, wenn der Besteller den Mangel erst nach Ablauf der (i. d. R. zweijährigen) Rügefrist entdeckt (Art. 179 Abs. 1 SIA-Norm 118). Ein offener Mangel liegt im Umkehrschluss demnach vor, wenn der Mangel für den Besteller bereits bei Abnahme des Werks ersichtlich ist oder danach innerhalb der Rügefrist ersichtlich wird.

Die Unterscheidung ist von Bedeutung bei den Prüf- und Rügeobliegenheiten, auf welche unten noch eingegangen wird.

1.4. «Optischer Mangel»

Regelmässig wird von Bestellern geltend gemacht, dass das Werkergebnis nicht sauber aussehe (etwa bei Malerarbeiten mit kleinen Haarrissen). Solche «optischen Mängel» stellen jedoch nicht zwingend einen Mangel im Rechtssinne dar. Erst, wenn solche optischen Mängel auch einen effektiven Einfluss auf den Wert, die Gebrauchstauglichkeit oder die Lebensdauer des Werks haben, handelt es sich um Mängel im Rechtssinne.

2. Prüf- und Rügeobliegenheiten des Bestellers

2.1. Allgemeines

Wenn der Besteller Mängel am Werk geltend machen will, muss er unter Umständen sehr rasch handeln. Die Rügeobliegenheiten des Bestellers unterscheiden sich, je nachdem, ob auf den Werkvertrag das Obligationenrecht (OR) oder vorrangig die SIA-Normen anwendbar sind.

Allgemein gilt: Eine Mängelrüge sollte aus Beweisgründen schriftlich per Einschreiben erfolgen. Sie sollte kurz, aber prägnant ausführen, welche Teile des Werks mangelhaft sind, d. h. nicht den Vereinbarungen im Werkvertrag entsprechen. Sodann sollte die Mängelrüge festhalten, dass der Unternehmer für die mangelhaften Teile des Werks gewährleistungspflichtig gemacht wird. Sinnvollerweise wird ihm gleichzeitig eine Frist zur Behebung des Mangels gesetzt.

2.2. Nach Gesetz und Rechtsprechung

Gemäss Art. 367 Abs. 1 OR muss der Besteller nach Ablieferung des Werks dessen Beschaffenheit prüfen, «sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist». Der Besteller muss also sofort nach Ablieferung prüfen, ob das Werk mangelhaft ist. Von dieser Prüfobliegenheit ist die Rügeobliegenheit zu unterscheiden: Die Rügeobliegenheit bedeutet, dass der Besteller den Unternehmer über allfällige Mängel in Kenntnis setzen muss. Das Schweizerische Bundesgericht hat diese Gesetzesbestimmung streng ausgelegt. Demgemäss muss ein Besteller Mängel am Werk innert sieben Tagen nach Entdeckung rügen. (4) Ansonsten gilt das Werk als genehmigt. Damit sind sämtliche Mängelrechte verwirkt: Der Besteller kann keine Nachbesserung oder Minderung geltend machen und auch keinen Schadenersatz verlangen.

2.3. Nach SIA-Norm 118

Die Prüfobliegenheit ist nicht nur nach Gesetz, sondern auch nach SIA-Norm 118 streng: Entdeckt der Besteller bzw. dessen Bauleitung bei der gemeinsamen Abnahme des Werks einen Mangel, verzichtet jedoch ausdrücklich oder stillschweigend auf dessen Geltendmachung, so gilt der Mangel als genehmigt. Dies gilt auch für Mängel, welche bei der gemeinsamen Prüfung offensichtlich waren, jedoch nicht geltend gemacht wurden (Art. 163 SIA-Norm 118). Im Rahmen der Abnahme müssen deshalb erkannte und offensichtliche Mängel gerügt werden.

Hingegen ist die Rügeobliegenheit bei Anwendbarkeit der 
SIA-Norm 118 weniger streng als nach Gesetz. Der Besteller kann Mängel aller Art während der Rügefrist von zwei Jahren jederzeit rügen, wobei die Rügefrist mit dem Tag der Abnahme des Werkes oder Werkteils zu laufen beginnt (Art. 172 i.V.m. Art. 173 Abs. 1 SIA-Norm 118). Rügt der Besteller Mängel, die zur Vermeidung weiteren Schadens hätten unverzüglich behoben werden müssen, jedoch nicht sofort, so hat der Besteller den Schaden selbst zu tragen, der bei unverzüglicher Behebung des Mangels hätte vermieden werden können (Art. 173 Abs. 2 SIA-Norm 118).

Verdeckte Mängel können auch nach Ablauf der zweijährigen Rügefrist noch geltend gemacht werden. Allerdings müssen die Mängel dann sofort nach deren Entdeckung dem Unternehmer angezeigt werden (Art. 179 Abs. 2 SIA-Norm 118), womit die siebentägige Rügefrist gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Anwendung kommt.

2.4. Nach den Ordnungen für Leistungen und Honorare des SIA

In Verträgen zwischen Bestellern und Planern wie Architekten oder Ingenieure wird oftmals die Anwendbarkeit der einschlägigen Ordnungen für Leistungen und Honorare des SIA (LHO) vereinbart. (5) Die LHO sehen für Planerverträge vor, dass der Besteller Mängel innert 60 Tagen seit Entdeckung zu rügen hat. Führen indes Plan- und Berechnungsmängel zu einem Mangel eines unbeweglichen Werks (also des Gebäudes etc.), so kann der Besteller den Mangel während zwei Jahren nach Abnahme des Werks jederzeit rügen. Der Auftraggeber trägt indes den aus der verzögerten Rüge entstandenen Schaden (vgl. Art. 1.9.4 der SIA-Ordnung 102 (2014); gleichlautend in den SIA-Ordnungen 103 (2014) und 108 (2014)).

3. Haftung des Handwerkers und des Planers

3.1. Mängelrechte des Bestellers

Liegt ein Ausführungsfehler vor, kann der Besteller gegenüber dem Handwerker entweder die Minderung des Werkpreises oder die Nachbesserung verlangen (vgl. Art. 368 Abs. 2 OR). (6) Im Anwendungsbereich der SIA-Norm 118 ist der Besteller jedoch vorerst auf den Nachbesserungsanspruch beschränkt. Minderung kann nur verlangt werden, wenn der Handwerker den Mangel nicht innerhalb angemessener Frist beseitigt (Art. 169 SIA-Norm 118). Führt dagegen ein Fehler eines Planers zu einem Mangel an einem Bauwerk, hat der Besteller gegenüber dem Planer Anspruch auf Ersatz des Schadens, der aus den Kosten für die Nachbesserung des Bauwerkes besteht.

In allen Fällen kann der Besteller bei Verschulden des Handwerkers bzw. Planers zusätzlich den Ersatz seines Mangelfolgeschadens verlangen, der bspw. aus Expertisekosten bestehen kann.

3.2. Unechte Solidarität zwischen Handwerker und Planer

Im Rahmen der heutigen Arbeitsteilung zwischen Handwerkern und Planern kann es vorkommen, dass ein Mangel an einem Bauwerk sowohl auf Fehler eines Handwerkers als auch auf solche eines Planers zurückzuführen ist, indem der Planer durch seine fehlerhafte Leistung, wie bspw. einen fehlerhaften Plan, den Baumangel mitverursacht hat. Wenn die Voraussetzungen für eine Haftung sowohl beim Handwerker als auch beim Planer erfüllt sind, haften sie beide gegenüber dem Besteller für den entsprechenden Mangel am Bauwerk. Der Besteller kann in diesem Fall den identischen Mangel sowohl gegenüber dem Handwerker als auch gegenüber dem Planer oder gegenüber beiden geltend machen.

Zu beachten ist jedoch, dass der Planer gegenüber dem Handwerker als Hilfsperson des Bestellers handelt. Das fehlerhafte Verhalten des Planers ist demnach dem Besteller im Verhältnis zum Handwerker als dessen eigenes Verhalten anzurechnen, was zu einer teilweisen oder in Einzelfällen sogar zur vollständigen Haftungsbefreiung des Handwerkers gegenüber dem Besteller führen kann. Es liegt entsprechend nur eine sogenannte unechte Solidarität zwischen dem verantwortlichen Handwerker und dem Planer vor. Im Umfang der Haftungsbefreiung hat sich der Besteller deshalb direkt an den fehlbaren Planer zu halten. In der Praxis kommt es deshalb vor, dass sich der Besteller bei Mängeln, welche sowohl durch einen Handwerker als auch einen Planer zu verantworten sind, ausschliesslich an den Planer hält. Dies wird durch den Umstand begünstigt, dass der Planer für seine Haftpflicht regelmässig Versicherungsschutz geniesst, wogegen der Handwerker seine Betriebshaftpflichtversicherung für die Behebung des Mangels an seinem eigenen Bauwerk üblicherweise nicht beanspruchen kann.

3.3. Regressrecht des Planers

Muss ein Planer für die Behebung eines Mangels dem Besteller vollständigen Ersatz leisten, obwohl der Mangel durch einen Handwerker mitverursacht wurde, steht dem Planer gegenüber dem Handwerker ein Regressrecht zu. Im Streitfall entscheidet der Richter nach Ermessen, wie sich die Haftung im Verhältnis zwischen Planer und Handwerker verteilt. Als Grundsatz gilt dabei, dass Planungsfehler mehr dem Architekten bzw. Ingenieur und Ausführungsmängel mehr dem Handwerker anzulasten sind. Liegt das Fehlverhalten des Planers aber lediglich in der mangelnden Überwachung des Handwerkers, führt dieses Fehlverhalten nicht zu einer Entlastung des Handwerkers.

Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts kann der Planer gegenüber dem Handwerker sogar dann Regress nehmen, wenn die Forderung des Bestellers gegenüber dem Handwerker verjährt ist. Der Planer muss dem Handwerker jedoch so bald wie möglich anzeigen, dass er ihn für mithaftpflichtig hält. Überdies verjährt das Rückgriffsrecht innerhalb eines Jahres nach Bezahlung des Schadenersatzes an den Besteller und Bekanntsein des Regressschuldners. (7) Mithilfe des Regressrechts kann damit eine sachgerechte Beteiligung des Handwerkers am Schaden erzielt werden.

4. Verjährung und deren Unterbrechung

4.1. Verjährungsfristen

Sowohl nach Gesetz als auch nach SIA-Norm 118 verjähren Ansprüche des Bestellers eines unbeweglichen Werkes wegen Mängeln mit Ablauf von fünf Jahren seit der Abnahme des Werkes. Nur ausnahmsweise, d. h. wenn der Nachweis gelingt, dass Mängel absichtlich verschwiegen wurden, verjähren Mängelrechte in zehn Jahren. (8) Seit 1. Januar 2013 gilt die ordentliche fünfjährige Verjährungsfrist auch für Baumaterialien, die bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Bauwerk integriert worden sind und die Mangelhaftigkeit des Werkes verursacht haben. (9) Damit wurde die Gewährleistungsfrist des Baustofflieferanten derjenigen des Handwerkers angeglichen.

Der Eintritt der Verjährung bewirkt, dass Mängelrechte nicht mehr gegenüber dem Gewährleistungspflichtigen durchgesetzt werden können; dieser kann die Verjährungseinrede erheben. Dies gilt selbst für Mängel, welche rechtzeitig während der laufenden Verjährungsfrist gegenüber dem Gewährleistungspflichtigen gerügt wurden. Es ist deshalb evident, dass die Mängelrechte entweder vor Eintritt der Verjährung durchgesetzt werden oder die Verjährung vor deren Eintritt unterbrochen wird.

4.2. Unterbrechung der Verjährung

Die Verjährungsfrist wird durch Anerkennungshandlungen seitens des Gewährleistungspflichtigen unterbrochen. (10) Eine solche Anerkennung kann auch konkludent erfolgen, indem der Handwerker oder Planer den Mangel beseitigt.

Anerkennt der Gewährleistungspflichtige die Forderung nicht, muss die Verjährungsfrist durch Schuldbetreibung, Schlichtungsgesuch oder Klage unterbrochen werden. (11) Ist die Gewährleistungspflicht eines Handwerkers oder Planers noch umstritten, droht aber dennoch bereits der Eintritt der Verjährung, sind Handwerker und Planer regelmässig bereit, eine schriftliche Verjährungsverzichtserklärung abzugeben, um unerwünschte rechtliche Schritte seitens des Bestellers vermeiden zu können. Eine solche Erklärung verlängert die Verjährungsfrist ebenfalls.

Zu beachten ist, dass die Verjährungsfrist des Nachbesserungsanspruchs nicht mittels Betreibung, sondern nur mit Schlichtungsgesuch oder Klage unterbrochen werden kann. Die Verjährungsfrist wird bereits durch Postaufgabe des Schlichtungsgesuchs oder der Klage unterbrochen, weshalb die Durchführung eines Gerichtsprozesses hierfür nicht erforderlich ist. Die Verjährungsfrist kann entsprechend auch mehrmals unterbrochen werden.

Bei sachlicher Zuständigkeit des Handelsgerichts entfällt das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichter, so dass die Verjährungsfrist des Nachbesserungsanspruchs direkt mit Klage beim Handelsgericht zu unterbrechen ist. Will der Besteller einen Prozess jedoch noch nicht durchführen, muss er die Klage zurückziehen, bevor das Gericht diese der beklagten Partei zugestellt hat, d. h. faktisch sofort wieder. Denn nach der Zustellung der Klage an die beklagte Partei besteht eine Fortführungslast für die klagende Partei mit der Folge, dass sie die Klage ohne Zustimmung der beklagten Partei nicht mehr ohne Rechtsverlust zurückziehen kann. (12)

Mit der rechtzeitigen Unterbrechung beginnt die Verjährungsfrist von neuem zu laufen, wobei die neue Frist von gleicher Dauer ist wie die unterbrochene Verjährungsfrist, d. h. für Baumängel üblicherweise wieder fünf Jahre. Bei der Ausstellung einer Verjährungsverzichtserklärung wird die Verjährungsfrist jedoch nur für die in der Erklärung genannte Dauer verlängert.

5. Empfehlungen

Beim Abschluss von Werkverträgen empfehlen wir die SIA-Norm 118 und beim Abschluss von Planerverträgen die massgebenden LHO des SIA als anwendbar zu erklären.

Im Rahmen der gemeinsamen Abnahme ist das Werk durch den Besteller sorgfältig zu prüfen. Alle offensichtlichen und erkennbaren Mängel sind in einem Abnahmeprotokoll festzuhalten, das durch die Parteien zu unterzeichnen ist.

Findet keine gemeinsame Abnahme statt, muss der Besteller das Werk bei Ablieferung sofort prüfen und offensichtliche sowie erkennbare Mängel innert sieben Tagen seit der Ablieferung rügen.

Nach der Abnahme des Werkes sind neu entdeckte Mängel immer innert sieben Tagen zu rügen, ausser es ist sicher, dass eine längere Rügefrist gilt (wenn etwa die Gewährleistung nach SIA-Norm 118 vereinbart wurde).

Ein Mangel ist gegenüber allen Unternehmern und Planern zu rügen, die voraussichtlich für diesen gewährleistungspflichtig sind. Besteht für einen Mangel eine gemeinsame Verantwortlichkeit zwischen einem Unternehmer und einem Planer, können die Mängelrechte durch den Besteller gegenüber beiden geltend gemacht werden.

Hält ein Planer einen Unternehmer für mitgewährleistungspflichtig, soll er ihm dies unverzüglich anzeigen. Der Rückgriff des Planers auf den Unternehmer ist innert eines Jahres seit Bezahlung des Schadenersatzes vorzunehmen.

Werden Mängel voraussichtlich nicht innerhalb der Gewährleistungsfrist behoben, ist die Verjährung durch den Besteller vor Ablauf der Gewährleistungsfrist mittels Verjährungsverzichtserklärung seitens des Unternehmers bzw. Planers, Schlichtungsgesuch oder Klage zu verlängern bzw. zu unterbrechen. Dies gilt auch für Mängel, die rechtzeitig gerügt wurden.

VOSER RECHTSANWÄLTE

Dr. Lukas Breunig-Hollinger

Dr. Thomas Röthlisberger

  1. Im nachfolgenden Text wird durchgehend der Begriff «Besteller» verwendet. Der Bauherr ist Besteller, wenn er ein Werk erstellen lässt. Ebenfalls ist der Unternehmer Besteller, wenn er einen Subunternehmer mit der Ausführung eines Werkes betraut.
  2. Vgl. PETER GAUCH, Der Werkvertrag, 5. Auflage, Zürich 2011, Rz. 1356.
  3. PETER GAUCH, Der Werkvertrag, a. a. O., Rz. 1358.
  4. Urteil des Bundesgerichts 4C.82/2004 vom 3. Mai 2004, E.2.3.
  5. Für Architekten gilt diesfalls die SIA-Ordnung 102, für Bauingenieure die SIA-Ordnung 103 und für Maschinen- und Elektroingenieure sowie Fachingenieure für Gebäudeinstallationen die SIA-Ordnung 108.
  6. Nach Art. 368 Abs. 3 OR ist Wandelung des Werkvertrages bei Bauwerken üblicherweise ausgeschlossen. Zeigen sich bei der Abnahme jedoch wesentliche Mängel, so ist die Abnahme zurückzustellen und es sind die Mängel durch den Unternehmer zu beseitigen.
  7. BGE 133 III 6.
  8. Art. 371 Abs. 2 OR, Art. 210 Abs. 6 OR analog sowie Art. 180 SIA-Norm 118.
  9. Art. 210 Abs. 2 OR.
  10. Art. 135 Ziff. 1 OR.
  11. Art. 135 Ziff. 2 OR.
  12. Art. 65 ZPO.

Die Autorinnen und Autoren dieses Beitrags:

Dr. Lukas
Breunig-Hollinger
Rechtsanwalt, Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht
+41 56 203 15 43
l.breunig@voser.ch
Dr. Thomas
Röthlisberger
Rechtsanwalt, Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht
+41 56 203 15 43
t.roethlisberger@voser.ch
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