LEXPRESS Pauschalpreiswerkvertrag

Einleitung

Ob beim Bau von Einfamilienhäusern oder von grossen Überbauungen mit dutzenden Wohnungen: Der Werkvertrag mit Pauschalpreis-Abrede ist weit verbreitet. Die Vereinbarung eines Pauschalpreises gibt dem Bauherrn die Sicherheit, einen fixen (1) Preis für sein Bauwerk zu bezahlen. Der Unternehmer kann seinerseits mit vorausschauender Planung einen fixen Umsatz budgetieren. So können beide Seiten vom Pauschalpreiswerkvertrag profitieren. Voraussetzung hierfür sind jedoch sauber aufbereitete Vertragsgrundlagen und klare Abmachungen. Denn ohne klare Vereinbarungen ist das Streitpotential beträchtlich.

Im neuesten LEXpress zeigen wir zunächst auf, welche Möglichkeiten es allgemein gibt, um den Preis für ein Bauwerk festzulegen. Anschliessend gehen wir detailliert auf den Pauschalpreiswerkvertrag ein. Wir zeigen auf, unter welchen Umständen die pauschale Vergütung abgeändert werden kann und wann Nachtragsforderungen angemeldet werden können. Schliesslich geben wir Empfehlungen zur Vertragsgestaltung ab.

1. Preisarten

1.1. Allgemeines

Der Werklohn des Bauunternehmers kann auf unterschiedliche Weise fixiert werden. Das Werkvertragsrecht im Obligationenrecht unterscheidet die Vereinbarung eines festen Preises (Art. 373 OR) von der Preisfestsetzung «nach dem Wert der Arbeit» (Art. 374 OR). Weitergehende Regelungen trifft das OR nicht. Präziser sind die Angaben in der SIA-Norm 118 «Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten»(2). Diese unterscheidet zwischen verschiedenen Arten von Festpreisen sowie der Vergütung nach Aufwand.

1.2. Festpreise

Die SIA-Norm 118 definiert die folgenden Festpreise:

Der Einheitspreis (Art. 39 SIA-Norm 118) bestimmt die Vergütung für eine einzelne Leistung, welche in einer Einheit messbar ist (z. B. Quadratmeter, Kilogramm etc.). Für diese Leistung ist im Leistungsverzeichnis eine separate Position enthalten (Einheit). Der Werkpreis ergibt sich aus der Anzahl erbrachten Leistungen (gemäss Ausmass) multipliziert mit dem Einheitspreis. Ein Beispiel: Das Leistungsverzeichnis sieht pro Quadratmeter Wandabrieb einen Einheitspreis von CHF 20.00 vor. Im Ausmass ergeben sich 30 Quadratmeter. Die Vergütung beläuft sich somit auf CHF 600.00 (30 m² x CHF 20.00).

Der Einheitspreis unterliegt der Teuerungsabrechnung. Im Unterschied zu einer Vergütung nach Aufwand (Regiepreis) ist der Preismechanismus hier fest: Der Preis bestimmt sich nach dem Einheitspreis und der Anzahl Einheiten.

Der Pauschalpreis (Art. 41 SIA-Norm 118) besteht in einem festen Geldbetrag für ein Werk. Für die geschuldete Vergütung wird somit (im Unterschied zum Einheitspreis) nicht auf die effektiv durch den Unternehmer erbrachte Menge abgestellt. Der Pauschalpreis unterliegt nicht der Teuerungsabrechnung.

Der Globalpreis (Art. 40 SIA-Norm 118) ist ein Pauschalpreis, welcher der Teuerung unterliegt.

1.3. Vergütung nach Aufwand

Anstelle von Festpreisen können Besteller und Unternehmer auch eine Vergütung nach Aufwand vereinbaren. Im Zentrum steht hierbei der Regiepreis (Art. 44 ff. SIA-Norm 118). Hier werden Regieansätze für Arbeitsstunden und Material vereinbart. Für Regiearbeiten erstellt der Unternehmer täglich einen von ihm unterzeichneten Rapport über Arbeitsstunden, Materialverbrauch usw. Diese Rapporte müssen von der Bauleitung geprüft und unterzeichnet werden (Art. 47 SIA-Norm 118). Eine kritische Prüfung der Rapporte ist wichtig, da gerade die auf dem Rapport aufgeführte Anzahl Arbeitsstunden einen grossen Kostenfaktor darstellen kann.

In der Praxis kommt es bei der Festlegung des Werklohns häufig zu Mischformen zwischen Pauschalpreisen, Einheitspreisen und Regiepreisen.

2. Bedeutung und Geltungsbereich des Pauschalpreises

Beim Pauschalpreis einigen sich die Parteien darauf, dass der Unternehmer das Bauwerk oder einen Teil des Bauwerks für eine vertraglich fixierte Geldsumme herstellt. Der Pauschalpreis ist somit unabhängig von den ausgeführten Leistungsmengen und unabhängig vom Aufwand des Unternehmers. Von wenigen Ausnahmen abgesehen ist der Pauschalpreis nicht abänderbar, selbst dann nicht, wenn die Erstellungskosten höher oder geringer sind, als von den Parteien bei Vertragsabschluss angenommen.

Streitfälle über die Vergütung können sich bei Werkverträgen mit einer Kombination von detaillierter und funktionaler Leistungsbeschreibung ergeben (sog. hybride Leistungsbeschreibung): Deckt der Pauschalpreis nur die detailliert beschriebenen Leistungen oder auch die weiteren Leistungen, die für die Erstellung des Werkes notwendig sind? Mehr Klarheit können die Parteien mit einer sog. Vollständigkeitsklausel erreichen, gemäss welcher sich der Pauschalpreis über die detaillierte Leistungsbeschreibung hinaus erstreckt, also auch für Leistungen gelten soll, die in der Leistungsbeschreibung zwar nicht aufgeführt, zur vertragsgemässen Erstellung des Werkes aber notwendig sind. Die Wirkung einer solchen Vollständigkeitsklausel ist indes nicht grenzenlos, denn Vollständigkeitsklauseln von Bauherren sind eng auszulegen. Sie sollen nur für Leistungen Geltung beanspruchen dürfen, bei welchen der Unternehmer wusste oder nach dem bei ihm voraussetzbaren Sachverstand wissen konnte, dass sie in der detaillierten Beschreibung fehlen. Wird hingegen keine Vollständigkeitsklausel verwendet, wird praxisgemäss davon ausgegangen, dass der Pauschalpreis nur die detailliert beschriebenen Leistungen vergütet, wenn die Leistungsbeschreibung vom Bauherrn selbst stammt.

3. Anpassung der Vergütung

Wird ein Pauschalpreis vereinbart, so ist der Unternehmer grundsätzlich verpflichtet, das Bauwerk zu diesem Preis herzustellen, unabhängig von seinem Aufwand. Es gibt indes Ausnahmen, auf welche nachfolgend eingegangen wird.

3.1. Mangelhafte Angaben in der Ausschreibung

Gemäss Art. 58 Abs. 2 SIA-Norm 118 hat der Unternehmer Anrecht auf eine zusätzliche Vergütung, wenn sich die Ausführung der Bauleistung wegen Verschuldens des Bauherrn erschwert. Als Verschulden sind dem Bauherrn insbesondere mangelhafte Angaben in den Ausschreibungsunterlagen über den Baugrund und die bestehende Bausubstanz anzurechnen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Bauherr durch eine Bauleitung vertreten (Art. 33 ff. SIA-Norm 118) oder selbst sachverständig oder durch einen beigezogenen Sachverständigen beraten war (3). Das Verschulden des Bauherrn an den besonderen Verhältnissen fällt weg, wenn in der Ausschreibung auf die Unvollständigkeit bzw. Ungenauigkeit der Angaben zu Baugrund und Bausubstanz hingewiesen wird. Ist der Bauherr nicht durch eine Bauleitung vertreten oder selbst nicht sachverständig, so greift die Verschuldensvermutung und damit das Anrecht des Unternehmers auf zusätzliche Vergütung nicht.

Wird im Werkvertrag das Baugrundrisiko jedoch vom Unternehmer übernommen, hat er für allfällige Mehrkosten keinen Anspruch auf Mehrvergütung. Auch besteht kein Anspruch auf Mehrvergütung, wenn der Bauherr in der Ausschreibung auf die Unvollständigkeit oder Ungenauigkeit der Angaben hinweist.

Die Mehrvergütung richtet sich nach den Regeln der Art. 86 – 91 SIA-Norm 118, wie sie bei Bestellungsänderungen gelten. Damit hat der Unternehmer Anspruch auf einen Nachtragspreis, der auf Grundlage der Preiskalkulation im Werkvertrag festgelegt wird (Art. 87 Abs. 2 SIA-Norm 118).

3.2. Ausserordentliche Umstände

Gemäss Art. 59 Abs. 1 SIA-Norm 118 hat der Unternehmer Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung, falls ausserordentliche Umstände, welche nicht vorausgesehen werden konnten oder welche nach den von beiden Vertragsparteien angenommenen Voraussetzungen ausgeschlossen waren, die Fertigstellung hindern oder übermässig erschweren. Als Beispiele hierfür nennt die Norm Wassereinbrüche, Erdbeben, Sturm, Gasaustritte, hohe unterirdische Temperatur, Radioaktivität, einschneidende behördliche Massnahmen sowie die Störung des Arbeitsfriedens.

Im Unterschied zum Fall der mangelhaften Angaben in der Ausschreibung (obige Ziff. 3.1.) setzt die zusätzliche Vergütung bei ausserordentlichen Umständen zwar kein Verschulden des Bauherrn voraus. Nur was ein sachkundiger und sorgfältiger Unternehmer nicht voraussehen konnte, kann jedoch als ausserordentlich gelten. Der Massstab hierfür ist also streng.

Die Höhe der zusätzlichen Vergütung ist von den Parteien gemäss Art. 59 Abs. 2 SIA-Norm 118 im Einzelfall abzusprechen. Sie darf jedoch höchstens den nachgewiesenen tatsächlichen Mehraufwendungen (ohne Gewinn) entsprechen. Falls sich die Parteien nicht verständigen können, hat der Unternehmer Klage auf Mehrvergütung einzureichen. Alternativ kann der Unternehmer verlangen, dass der Vertrag aufgelöst wird.

Eine analoge Regelung sieht auch das Obligationenrecht in Art. 373 Abs. 2 OR vor. Die Möglichkeit zur Mehrvergütung bei ausserordentlichen Umständen besteht also auch bei Verträgen, die nicht der SIA-Norm 118 unterstehen.

3.3. Bestellungsänderungen

Preisanpassungen sind am häufigsten auf Bestellungsänderungen zurückzuführen. Gemäss Art. 84 Abs. 1 SIA-Norm 118 kann der Bauherr durch Weisungen oder Änderungen von Plänen verlangen, dass der Unternehmer Leistungen, zu denen dieser durch den Werkvertrag verpflichtet ist, auf andere Art als vereinbart, in grösseren oder kleineren Mengen oder überhaupt nicht ausführt; dies jedoch nur dann, wenn dadurch der Gesamtcharakter des zur Ausführung übernommenen Werkes unberührt bleibt. Unter der gleichen Voraussetzung kann der Bauherr auch im Vertrag nicht vorgesehene Leistungen ausführen lassen. In diesem Rahmen kommt dem Bauherrn bei Geltung der Norm SIA 118 ein einseitiges Bestellungsänderungsrecht zu. Der Unternehmer muss nicht damit einverstanden sein. Immerhin besagt Art. 84 Abs. 3 SIA-Norm 118, dass eine einseitige Bestellungsänderung bei Pauschal- oder Globalpreisverträgen nur ausnahmsweise erfolgen soll; die einseitige Bestellungsänderung ist somit primär für Einheitspreisverträge gedacht. Unabhängig davon können die Parteien aber jederzeit einvernehmlich Bestellungsänderungen vereinbaren (sog. vereinbarte Bestellungsänderung).

Bei der einseitigen Bestellungsänderung richtet sich die Mehr-/Mindervergütung bei Einheitspreisverträgen nach dem vereinbarten Einheitspreis, solange die Bestellungsänderung nicht eine Änderung von über 20 % ausmacht (Differenz zwischen der Menge gemäss Leistungsverzeichnis und dem effektiven Ausmass; vgl. Art. 86 SIA-Norm 118).

Bei Pauschal- bzw. Globalpreisverträgen hingegen haben die Parteien bei der einseitigen Bestellungsänderung einen Mehr- oder Minderpreis als Nachtragspreis auf Basis der ursprünglichen Kostengrundlage zu vereinbaren (Art. 89 Abs. 1 und 2 SIA-Norm 118). So können die Parteien beispielsweise für zusätzliche Gipserarbeiten einen Preis pro Quadratmeter basierend auf der Kostengrundlage des ursprünglichen Pauschalpreises festlegen.

Sofern sich die Parteien über den Nachtragspreis nicht einigen können, darf die Bauleitung die Arbeit in Regie ausführen lassen oder unter voller Schadloshaltung des Unternehmers an einen Dritten vergeben (Art. 89 Abs. 3 i. V. m. Art. 87 Abs. 4 SIA-Norm 118). Ohne Vereinbarung zwischen Bauherr und Unternehmer erfolgt die Vergütung des Unternehmers bei einseitigen Bestellungsänderungen somit nach Aufwand. Das ist folgerichtig, kann der Bauherr doch Bestellungsänderungen einseitig anordnen.

3.4. Verletzung der Mitwirkungspflicht durch den Bauherrn

Nebst den einseitigen Bestellungsänderungen (Ziff. 3.3.) gibt es einen weiteren Fall, bei welchem dem Unternehmer durch das Einwirken des Bauherrn Mehraufwand entsteht: Nämlich dann, wenn der Bauherr einseitig das Bauprogramm abändert.

Gemäss Art. 94 Abs. 1 SIA-Norm 118 hat die Bauleitung (und damit der Bauherr) die Pflicht, dem Unternehmer die Ausführungsunterlagen und die erforderlichen Grundstücke und Rechte so frühzeitig zur Verfügung zu stellen, dass der Unternehmer die vertraglichen Fristen einhalten kann. Unterlässt dies die Bauleitung, so hat der Unternehmer gemäss Art. 94 Abs. 2 SIA-Norm 118 Anrecht auf Erstreckung der Fristen. Die SIA-Norm 118 sieht für diesen Fall indes keinen expliziten Anspruch auf Mehrvergütung des Unternehmers vor. Hier sprangen die Gerichte in die Bresche: Das Bundesgericht hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass der Unternehmer Anspruch auf Mehrvergütung hat, wenn der Bauherr seine Mitwirkungspflichten verletzt (Urteil des Bundesgerichts 4A_507/2015 vom 19. Februar 2016, E. 3.4). Das Bundesgericht bringt Art. 374 OR zur Anwendung, welcher besagt, dass ein lediglich ungefähr bestimmter Werkpreis nach Massgabe des Wertes der Arbeit und der Aufwendungen des Unternehmers festgesetzt wird.

Muss der Unternehmer unverschuldet Vorkehren treffen, um den Terminplan einzuhalten, insbesondere weil ein bauseitiger Verzug vorliegt, hat die Bauleitung (Bauherrschaft) diese Vorkehren zu bewilligen (Art. 95 Abs. 3 SIA-Norm 118). In diesem Fall trägt der Bauherr die Mehrkosten. Sofern die Bauleitung (Bauherr) die Einwilligung verweigert, ist der Unternehmer nicht zur Vornahme der Zusatzarbeiten verpflichtet.

4. Anmeldung von Nachtragsforderungen

4.1 Zustimmung des Bauherrn

Wie in Ziffer 3.3 hiervor ausgeführt, können insbesondere Bestellungsänderungen zu einer Erhöhung der Vergütung führen. In der Praxis kommt es vor, dass Unternehmer Nachtragsforderungen infolge Bestellungsänderungen anmelden, welche der Bauherr jedoch nicht bezahlen will.

Für die Ausführung von zusätzlichen Arbeiten, welche nicht im Werkvertrag vereinbart sind, ist grundsätzlich die Zustimmung des Bauherrn bzw. der Bauleitung erforderlich, ansonsten keine Vergütung geschuldet ist.

4.2 Dringliche Arbeiten

Eine Ausnahme von der Notwendigkeit der Zustimmung besteht bei dringlichen Arbeiten, die der Abwendung von Gefahr oder Schaden dienen. Solche Arbeiten kann der Unternehmer sofort ohne Anordnung des Bauherrn (Bauleitung) in Regie ausführen. Im Zweifelsfall darf der Unternehmer von Dringlichkeit ausgehen und handeln. Die Arbeiten sind sofort dem Bauherrn (Bauleitung) zu melden, damit dieser die Möglichkeit hat, die Arbeiten einstellen zu lassen.

4.3 Genehmigungsvorbehalt für die Mehrvergütung

Anträge auf Bestellungsänderungen können sowohl der Bauherr als auch der Unternehmer stellen. Unternehmer stellen sie, wenn sie zur Fertigstellung oder Ergänzung des Werkes Arbeiten für erforderlich oder sinnvoll erachten, der Werkvertrag diese aber nicht umfasst. Wenn der Bauherr dem Antrag zustimmt, hat der Unternehmer für den Mehraufwand, der durch die Bestellungsänderung verursacht wird, Anspruch auf eine Mehrvergütung (vgl. Ziff. 3.3). Falls keine andere Abrede vorliegt, bestimmt sich dieser nach Art. 374 OR (Festsetzung nach dem Wert der Arbeit).

Um Streitigkeiten über die Mehrvergütung aus Bestellungsänderungen zu vermeiden, können Werkverträge Genehmigungsvorbehalte für die Mehrvergütung vorsehen. Führt der Unternehmer eine Bestellungsänderung ohne solche Genehmigung der Mehrvergütung aus, hat er – von Ausnahmen abgesehen – keinen Anspruch auf eine Mehrvergütung.

4.4 Nichtanwendung des Genehmigungsvorbehalts

Nicht angewendet wird der Genehmigungsvorbehalt jedoch, wenn der Unternehmer nach den konkreten Umständen und der gebotenen Sorgfalt nicht erkennen kann, dass eine Anordnung des Bauherrn, der er Folge leistet, eine Bestellungsänderung darstellt; denn in diesem Fall hat der Unternehmer vor Ausführung der Arbeit noch keinen Anlass, eine Genehmigung einzuholen.

Des Weiteren kann der Bauherr gegenüber dem Unternehmer auch ausdrücklich oder stillschweigend zum Ausdruck bringen, dass er bezüglich einer bestimmten Bestellungsänderung auf die Geltendmachung des Genehmigungsvorbehaltes verzichtet. So kann ein stillschweigender Verzicht mangels anderer Anhaltspunkte angenommen werden, wenn der Bauherr mit dem Unternehmer eine Bestellungsänderung vereinbart und den Unternehmer noch vor der Genehmigung der Mehrvergütung dazu anhält, mit der Ausführung der erfolgten Bestellungsänderung zu beginnen oder wenn er von der begonnenen Ausführung der Bestellungsänderung Kenntnis erlangt, jedoch davon absieht, die fehlende Genehmigung der Mehrvergütung zu monieren.

4.5 Praxis bei nichtunterzeichneten Regierapporten

Der Mehrvergütungsanspruch entfällt trotz Missachtung der Formvorschrift schliesslich auch dann nicht, wenn der Unternehmer beweisen kann, dass die Formvorschrift lediglich die Bedeutung einer Beweisform hat. Enthält ein Werkvertrag eine Klausel, gemäss welcher nicht visierte Regierapporte bei der Schlussabrechnung nicht berücksichtigt werden, lässt der nicht unterzeichnete Regierapport praxisgemäss nicht die Vergütungspflicht des Bauherrn entfallen. Jedoch muss der Unternehmer seinen Aufwand noch beweisen. Anhand des nachgewiesenen Aufwands wird sodann die Mehrvergütung bestimmt.

5. Empfehlungen zur Vertragsgestaltung

Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass sich Pauschalpreiswerkverträge nur empfehlen, wenn für die Ausführung des Bauwerks klare Unterlagen wie insbesondere ein detaillierter Baubeschrieb und Pläne vorliegen. Werden seitens des Bauherrn sachverständige Angaben über den Baugrund oder die Bausubstanz gemacht, müssen diese korrekt sein oder einen Hinweis enthalten, dass diese durch den Unternehmer zu überprüfen sind.

Bei hybriden Leistungsbeschreibungen sollte vertraglich klargestellt werden, ob durch den Pauschalpreis nur die detailliert beschriebenen Leistungen abgegolten werden oder auch solche, die zwar nicht detailliert beschrieben sind, aber zur Erstellung des Bauwerks letztlich notwendig sind. Letzteres kann der Bauherr mit einer Vollständigkeitsklausel erreichen.

Die Preisanpassung bei einseitigen Bestellungsänderungen durch den Bauherrn wird durch die SIA-Norm 118 zwar geregelt. Um Streitigkeiten über Mehrvergütungen möglichst zu vermeiden, ist auf Seiten des Bauherrn ein Genehmigungsvorbehalt zu empfehlen, gemäss welchem ein Anspruch auf Mehrvergütung nur besteht, wenn diese durch den Bauherrn im Voraus schriftlich genehmigt wird. Umgekehrt ist auf Seiten des Unternehmers das Nachtragsmanagement essentiell. Er muss laufend prüfen, ob seine Leistungen in den Bereich des Pauschalpreiswerkvertrages fallen oder aber, insbesondere bei Weisungen der Bauleitung, einseitige Bestellungsänderungen vorliegen. Ist Letzteres der Fall, sollen solche Leistungen durch den Unternehmer möglichst nur auf Basis von genehmigten Nachtragsofferten ausgeführt werden.

VOSER RECHTSANWÄLTE

Lukas Breunig-Hollinger

Dr. Thomas Röthlisberger

1 Es gibt Ausnahmen; vgl. die Ausführungen in Ziff. 3.

2 Die SIA-Norm 118 ist in vielen Werkverträgen als Vertragsbestandteil vereinbart. Sie ergänzt die relativ rudimentären gesetzlichen Regelungen des Obligationenrechts. Daher wird in vorliegendem Artikel auf die Preis-Definitionen gemäss SIA-Norm 118 abgestellt.

3 Aus dem Obligationenrecht ergibt sich dieser Anspruch nicht ausdrücklich; dieses enthält indes in Art. 376 Abs. 3 sowie Art. 378 Abs. 2 OR den Grundsatz, dass der Unternehmer keinen Vergütungsnachteil haben soll, wenn der Besteller schuldhaft die Leistung des Unternehmers erschwert.

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