Schenkungen sind seit jeher ein bedeutsames Instrument, um Vermögen zu übertragen. Sie sind ein Akt der Grosszügigkeit und hängen oft eng mit menschlichen Beziehungen zusammen. Gerade innerhalb der Familie sind Schenkungen oft Teil der Nachlassplanung. Jede Schenkung hat sowohl für die schenkende als auch für die beschenkte Person rechtliche Auswirkungen. Daher wollen Schenkungen wohlüberlegt sein.
In dieser Ausgabe des LEXpress gehen wir auf das rechtliche Instrument der Schenkung näher ein. Wir zeigen Ihnen auf, was unter den Begriffen «Schenkung» und «gemischte Schenkung» zu verstehen ist und welche zivil-, erb-, steuer- und sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen Schenkungen auf die Vertragsparteien haben können.
Wir wünschen viel Spass beim Lesen.
1. Zivilrechtlicher Schenkungsbegriff
Als Schenkung gilt jede Zuwendung unter Lebenden, womit jemand aus seinem Vermögen einen andern ohne entsprechende Gegenleistung bereichert (Art. 239 OR). Objektiv betrachtet besteht die Schenkung somit in einer Bereicherung des Beschenkten aus dem Vermögen des Schenkers und in der fehlenden Gegenleistung des Beschenkten. Der beim Beschenkten eintretende Vermögensvorteil kann dabei aus
einer Vermehrung der Aktiven oder einer Verminderung der Passiven resultieren. Die Entreicherung muss kausal dazu immer im Vermögen des Schenkers eintreten.
Das zentrale Element des zivilrechtlichen Schenkungsbegriffs liegt allerdings auf der subjektiven Seite der Beteiligten: Der Schenker muss die Zuwendung mit Schenkungswillen (dem sogenannten animus donandi) tätigen und der Beschenkte muss einen entsprechenden Schenkungsempfangswillen
haben.
Mit anderen Worten darf es für die Zuwendung keinen anderen Grund als die subjektive Schenkungsabsicht des Schenkers geben und es muss zwischen den Beteiligten Einigung über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung bestehen. Das Motiv des Schenkers (Dankbarkeit, Mitleid, Prahlerei etc.) ist dabei nicht von Bedeutung. Das Erfordernis der Schenkungsabsicht dient der Abgrenzung gegenüber anderen unentgeltlichen Rechtsgeschäften wie der Leihe oder dem (zinslosen) Darlehen.
Bei der Schenkung handelt es sich um einen Vertrag: Der Beschenkte muss den Antrag des Schenkers annehmen. Aufgrund der ausschliesslich begünstigenden Natur der Schenkung ist auch eine stillschweigende Annahme im Sinne von Art. 6 OR möglich und der Vertrag gilt als geschlossen, wenn der Antrag nicht binnen angemessener Frist abgelehnt wird. Aus dem zustande gekommenen Vertrag trifft allerdings nur den Schenker eine Leistungspflicht («ohne entsprechende Gegenleistung»). Die Schenkung ist deshalb ein einseitig verpflichtender Vertrag.
Häufig erbringt der Schenker die Leistung direkt mit dem Vertragsschluss, beispielsweise bei der Schenkung von beweglichen Gegenständen oder Geld. In diesen Fällen spricht man von einer sogenannten Handschenkung. Sie bedarf keiner besonderen Form. In Abgrenzung zur Handschenkung fallen beim sogenannten Schenkungsversprechen der Vertragsschluss (Verpflichtungsgeschäft) und die Erfüllung (Verfügungsgeschäft) zeitlich auseinander. Das Schenkungsversprechen bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form. Ein typisches Beispiel für ein Schenkungsversprechen ist die Schenkung von Grundstücken: Die Erfüllung der Schenkung erfolgt erst mit der Anmeldung der Handänderung beim Grundbuchamt. In diesem Fall ist für das Schenkungsversprechen zusätzlich eine öffentliche Beurkundung erforderlich.
Der Schenker muss grundsätzlich handlungsfähig, also volljährig und urteilsfähig sein. Minderjährige können allerdings über das ihnen zustehende Kindsvermögen (z.B. Sackgeld, Arbeitserwerb) frei verfügen und daraus auch Schenkungen tätigen. Da der Beschenkte nur Vorteile aus dem Vertrag erwirbt, muss er lediglich urteilsfähig sein. Ist der Beschenkte noch minderjährig, können ihm die Eltern die Annahme einer
Schenkung untersagen oder die Rückerstattung anordnen. Dieses Vetorecht bezweckt den Schutz minderjähriger vor einer Abhängigkeit des Schenkers.
2. Steuerrechtlicher Schenkungsbegriff
Der Bund erhebt keine Schenkungssteuer. Deshalb fehlt im Bundesrecht auch eine Definition des Objekts der Schenkungssteuer. Die Kompetenz, einen steuerrechtlichen Schenkungsbegriff zu definieren, liegt bei den Kantonen.
Die Kantone verweisen in ihren Steuergesetzen nicht einfach auf den zivilrechtlichen Schenkungsbegriff. Sie nehmen vielfach Anleihen am Wortlaut von Art. 239 Abs. 1 OR (z.B. mit den Merkmalen «Zuwendung unter Lebenden», «ohne entsprechende Gegenleistung», «Bereicherung»). Die kantonalen Formulierungen legen ihr Augenmerk häufig darauf, was beim Beschenkten geschieht («jemand … bereichert», «der Empfänger … wird bereichert»). Allerdings lässt sich letztlich wohl kein Unterschied zwischen den Voraussetzungen der Bereicherung und jenen der unentgeltlichen Zuwendung ausmachen.
Erkennbar ist der Wille der Kantone, den steuerrechtlichen Schenkungsbegriff auszuweiten, sodass zwar sämtliche zivilrechtlichen Schenkungen im steuerrechtlichen Schenkungsbegriff enthalten sind, darüber hinaus aber auch weitere Transaktionen. Unter den steuerrechtlichen Schenkungsbegriff sollen insbesondere auch Erbvorbezüge (Vorempfänge in Anrechnung an die künftige Erbschaft) fallen.
Die Frage, ob der steuerrechtliche Schenkungsbegriff auch ein subjektives Element beinhaltet (namentlich die sogenannte Schenkungsabsicht des zivilrechtlichen Schenkungsbegriffs), wird von den Kantonen unterschiedlich beantwortet.
Eine grosse Anzahl an kantonalen Gesetzesbestimmungen kennzeichnet die unentgeltliche Zuwendung als freiwillig. Zahlreiche kantonale Gesetzesbestimmungen enthalten aber keinen Hinweis auf ein subjektives Element.
Im Kanton Aargau beispielsweise unterliegt der Schenkungssteuer das Vermögen, das durch «Schenkung oder eine andere Zuwendung anfällt, der keine oder keine gleichwertige Leistung der empfangenden Person gegenübersteht» (§ 142 Abs. 1 StG). Neben der zivilrechtlichen Schenkung unterliegen somit der Schenkungssteuer sämtliche Zuwendungen, denen keine gleichwertige Leistung der empfangenden Person gegenübersteht. Eine subjektive Schenkungsabsicht ist nicht erforderlich. Im Kanton Zürich unterliegen gemäss § 4 ESchG der Schenkungssteuer «Zuwendungen unter Lebenden, mit denen der Empfänger aus dem Vermögen eines anderen ohne entsprechende Gegenleistung bereichert wird».
Auch in dieser Formulierung liegt das Hauptaugenmerk auf der Bereicherung des Empfängers und nicht auf der Schenkungsabsicht des Zuwendenden.
Die neuere Lehre vertritt allerdings die Meinung, dass auch der steuerrechtliche Schenkungsbegriff einen Schenkungswillen (animus donandi) als subjektives Element voraussetze. Auszuschliessen sei eine Schenkung somit, wenn die empfangende Person auf die Zuwendung einen Rechtsanspruch hat
oder die zuwendende Person sich aufgrund einer sittlichen Pflicht zu der Zuwendung veranlasst sieht (ROMAN J. SIEBER / MARKUS OEHRLI, Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht, § 14 N 68). Beim Schenkungswillen handelt es sich allerdings um eine innere Tatsache, bei welcher der strikte Nachweis
naturgemäss schwierig ist. Deshalb darf bei Vorliegen aller objektiven Elemente des steuerrechtlichen Schenkungsbegriffs der subjektive Schenkungswille vermutet werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die beteiligten Personen einander nahestehen, wie dies bei Verwandtschaft oder Freundschaft angenommen werden kann.
3. Unterschied zwischen Schenkung und Erbvorbezug
Jede unentgeltliche Leistung, welche der Schenker mit einer Begünstigungsabsicht erbringt, ist eine Schenkung. Zum Erbvorbezug wird eine Schenkung dann, wenn der Beschenkte sich diese an seinen Erbanteil anrechnen lassen muss (sogenannte Ausgleichungspflicht). Der Beschenkte muss somit zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören, damit eine Schenkung zu einem Erbvorbezug werden kann.
Von Gesetzes wegen haben sich die Nachkommen diejenigen Schenkungen an ihren Erbanteil anrechnen zu lassen, welche sie als Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung, Schulderlass und dergleichen erhalten haben (Art. 626 Abs. 2 ZGB). Auslagen für die Erziehung und Ausbildung
einzelner Kinder sind nur dann ausgleichungspflichtig, wenn sie das übliche Mass übersteigen. Übliche Gelegenheitsgeschenke stehen nicht unter der Ausgleichungspflicht (Art. 632 ZGB). Ausgleichungspflichtig sind Schenkungen an die Nachkommen, welche existenzbegründend, -verbessernd oder -sichernd sind. Der Gesetzgeber ist von der Vermutung ausgegangen, dass der Schenker seine Nachkommen gleichbehandeln möchte. Der Schenker ist aber berechtigt, einen Nachkommen ausdrücklich von der Ausgleichungspflicht zu befreien (bewusste Ungleichbehandlung). Aus Beweisgründen sollte hierfür zumindest eine einfach schriftliche Erklärung des Schenkers vorliegen, das heisst mit eigenständiger Unterschrift.
Anders als bei den Nachkommen verhält es sich bei den übrigen gesetzlichen Erben (insbesondere beim Ehegatten). Diese müssen sich eine Schenkung nur dann an ihren Erbanteil anrechnen lassen, wenn der Schenker dies angeordnet hat. Der Schenker kann den Beschenkten vor, bei oder nach der Ausrichtung der Schenkung von der Ausgleichungspflicht befreien oder diese anordnen. Voraussetzung für eine nachträgliche Anordnung ist, dass der Schenker sich seine Verfügungsfreiheit nicht (erb-)vertraglich eingeschränkt hat. Hat der Schenker im Schenkungsvertrag den Beschenkten ausdrücklich von einer Ausgleichungspflicht befreit, kann er diese Regelung nicht mehr einseitig abändern. Eine solche nachträgliche Ausgleichungspflicht wäre vom Beschenkten anfechtbar (PAUL EITEL, Berner Kommentar zu Art. 626 ZGB, RZ 51 ff.).
4. Ausgleichungswert
Die Anrechnung an den Erbanteil einer lebzeitigen Schenkung erfolgt zu dem Wert, welchen die Schenkung im Zeitpunkt des Todes des Schenkers hat (Art. 630 ZGB). Somit ist der Wert im Zeitpunkt der Schenkung unbeachtlich. Wurde die Sache vor dem Tod des Schenkers veräussert, so ist der dafür erzielte Erlös massgebend (Art. 630 ZGB).
Der Beschenkte hat die Wahl, die Ausgleichung durch Einwerfung in Natur in den Nachlass oder durch Anrechnung des Wertes an seinen Erbanteil vorzunehmen. In der Praxis kommt die Einwerfung eines geschenkten Gegenstandes in den Nachlass äusserst selten vor. In der Regel lässt sich der Beschenkte
die Schenkung an seinen Erbanteil anrechnen. Massgebend ist der Verkehrswert. Eine Ausnahme besteht bei landwirtschaftlichen Gewerben, bei welchen der Ertragswert massgebend ist. Bei der Festlegung des Verkehrswertes durch einen Sachverständigen können je nach Vermögenswert mehrere relevante Wertmassstäbe herangezogen und unterschiedlich gewichtet werden (z.B. Real- und Ertragswert bei
Grundstücken, Substanz- und Ertragswert bei Unternehmen). Bei Schenkungen in bar gilt das Nominalwertprinzip. Die Geldentwertung ist somit nicht zu berücksichtigen.
Schenkt eine Mutter ihrer Tochter ein Grundstück im Wert von CHF 300’000 (Verkehrswert im Zeitpunkt der Schenkung) und ihrem Sohn einen Barbetrag von CHF 300’000, sind sie im Zeitpunkt der Ausrichtung der Schenkung einander gleichgestellt. Beträgt der Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt des Todes der Mutter CHF 500’000 und hat die Mutter keine Ausgleichungsanordnung getroffen, so hat sich die
Tochter CHF 500’000 an ihren Erbanteil anrechnen zu lassen, der Sohn CHF 300’000. Dies ist selbst dann der Fall, wenn der Sohn mit seinen CHF 300’000 ein Grundstück gekauft hat, welches heute ebenfalls einen Mehrwert aufweist.
Die Mutter hätte das Grundstück der Tochter für CHF 300’000 verkaufen und ihr anschliessend diesen Betrag in bar schenken können. In diesem Fall hätten sich beide Kinder eine Schenkung von CHF 300’000 an ihren Erbanteil anrechnen lassen müssen. Die Mutter hätte aber auch eine Vereinbarung mit ihren Kindern treffen können oder die Tochter von der Ausgleichungspflicht für den CHF 300’000 übersteigenden Betrag befreien können. Eine solche Ausgleichungsvereinbarung ist einfach schriftlich möglich. Bei einer Befreiung von der Ausgleichungspflicht ist der Pflichtteil der weiteren Nachkommen und allenfalls des Ehegatten zu beachten. Wird dieser durch die Befreiung von der Ausgleichungspflicht verletzt, kann der pflichtteilsgeschützte Erbe die Herabsetzung der Schenkung verlangen (Art. 527 Ziff. 1 und 3 ZGB), bis der Pflichtteil hergestellt ist.
5. Schenkungssteuer
Die Schenkungssteuer wird von allen Kantonen, ausser Luzern, Obwalden und Schwyz erhoben. Im Kanton Luzern gilt jedoch zu berücksichtigen, dass Schenkungen und Erbvorzüge, die innert fünf Jahren vor dem Tod einer Person ausgerichtet worden sind, mit der Erbschaftssteuer erfasst werden können. Welche kantonale Gesetzgebung zur Anwendung gelangt, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Wohnsitzkanton des Schenkers. Eine Ausnahme besteht für Grundstücke oder Rechte an Grundstücken (z.B. ein Nutzniessungsrecht): Sie sind am Ort der gelegenen Sache zu versteuern. Löst die Vermögensübertragung eine Schenkungssteuer aus, ist der Empfänger bzw. Beschenkte steuerpflichtig. Übernimmt der Schenker die Bezahlung der Schenkungssteuer, so ist für die Steuerveranlagung der Gesamtwert der Zuwendung massgebend (d.h. die Schenkungssteuer stellt wiederum eine steuerpflichtige Schenkung dar).
Die kantonalen Gesetze zur Schenkungssteuer sind teilweise sehr unterschiedlich. Als Grundsatz gilt, dass sich die Höhe der Steuer nach dem Verwandtschaftsgrad zwischen Schenker und Beschenktem richtet. Dabei gilt: Je enger das Verwandtschaftsverhältnis ist, desto tiefer fällt die Steuer aus. Sämtliche Kantone, welche die Schenkungssteuer eingeführt haben, nehmen Schenkungen zwischen Ehegatten und eingetragenen Partnern von der Besteuerung aus. Mit Ausnahme weniger Kantone gilt Gleiches auch für Vermögensübergänge an die Nachkommen.
Wenn jedoch im umgekehrten Fall Nachkommen ihren Eltern eine Schenkung ausrichten, werden auch hier wieder die kantonalen Unterschiede deutlich: Während der Kanton Zürich solche Schenkungen besteuert, sieht der Kanton Aargau eine Steuerbefreiung vor. Möchten Eltern ihren Nachkommen das Eigentum an ihrer Zürcher Liegenschaft übertragen und sich selbst die lebenslängliche Nutzniessung vorbehalten, erscheint es somit wichtig, dass die Übertragung bereits nutzniessungsbelastet erfolgt. Die spätere Einräumung einer Nutzniessung kann im Kanton Zürich Schenkungssteuern auslösen.
Sofern keine Steuerbefreiung greift, sehen die kantonalen Gesetze für bestimmte Vermögensübergänge eine privilegierte Besteuerung vor. Eine solche Privilegierung erfolgt beispielsweise über einen Abzug bzw. einen Freibetrag oder es werden unterschiedliche Steuerklassen gebildet. Auch hier kommt es wieder auf Verhältnis das zwischen dem Schenker und dem Beschenkten an. Dieses Verhältnis braucht indes nicht zwingend verwandtschaftlicher Natur zu sein.
Das betrifft insbesondere Lebenspartner (Konkubinatspartner), die in puncto Schenkungssteuern den Ehepartnern nicht immer gleichgestellt sind. Die Zürcher Gesetzgebung sieht etwa einen Abzug von CHF 50’000 von der steuerbaren Leistung vor, sofern die Lebenspartner während mindestens fünf Jahren im gemeinsamen Haushalt gelebt haben. Im Kanton Aargau werden solche Lebenspartner in die 1. Steuerklasse eingeteilt und profitieren von einem tieferen Steuersatz.
Für übliche Gelegenheitsgeschenke (z.B. zum Geburtstag oder zu Weihnachten) sehen die Kantone oftmals Freibeträge vor. Im Kanton Zürich beträgt dieser CHF 5000 und im Kanton Aargau CHF 2000. Werden derselben Person während einer bestimmten Zeitspanne (z.B. fünf Jahre) mehrere Gelegenheitsgeschenke ausgerichtet, werden diese Zuwendungen zusammengezählt.
6. Erbschaftssteuer
Mit Ausnahme von Schwyz und Obwalden erheben sämtliche Kantone eine Erbschaftssteuer. Diese ist überwiegend als eine sogenannte Erbanfallsteuer ausgestaltet, was bedeutet, dass sie auf dem Erbteil eines jeden Erben oder Vermächtnisnehmers einzeln erhoben und demzufolge nach der Höhe der einzelnen Erbanfälle bemessen wird. Im Unterschied dazu steht die Nachlasssteuer, welche auf dem gesamten hinterlassenen Vermögen des Verstorbenen erhoben wird. Im Kanton Solothurn etwa wird zusätzlich zur Erbanfallsteuer die Nachlasstaxe von bis zu 12 Promille auf dem steuerbaren Nachlass erhoben.
Die Erbschaftssteuer funktioniert ähnlich wie die Schenkungssteuer: Auch hier sind Vermögensübergänge grundsätzlich in dem Kanton steuerbar, in welchem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Vorbehalten bleibt das unbewegliche Vermögen, für welches die Steuerhoheit dem Belegenheitskanton zugewiesen wird. Ob eine Steuerbefreiung oder eine privilegierte Besteuerung vorgesehen ist, richtet sich auch wieder nach dem (verwandtschaftlichen) Verhältnis zwischen Erblasser und Erben bzw. Vermächtnisnehmer. Für die Erbschaftssteuer ist der Empfänger der Zuwendung steuerpflichtig. Um diese
Person zu ermitteln, wird grundsätzlich auf die testamentarische bzw. vertragliche oder gesetzliche Erbfolge abgestellt. Nur in Ausnahmefällen (z.B. wenn die Erbberechtigung unklar ist) kann auf Parteivereinbarungen (z.B. Erbteilungsvertrag) abgestellt werden. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, denn wenn Erben nicht angeordnete Leistungen ausrichten, kann dies wiederum Schenkungssteuern auslösen.
Von der Erbschaftssteuer zu unterscheiden ist die Besteuerung der unverteilten Erbschaft. Während die Erbschaftssteuer den Vermögensübergang von Todes wegen besteuert, geht es bei der Besteuerung der unverteilten Erbschaft darum, dass jeder Erbe seine Quote am Vermögen und Einkommen nach dem Todestag in seiner persönlichen Steuererklärung deklariert.
7. Was ist eine gemischte Schenkung?
Eine gemischte Schenkung liegt dann vor, wenn ein Vermögenswert übertragen und hierbei eine Gegenleistung vereinbart wird, die unter dem tatsächlichen Wert des Gegenstandes liegt. Es handelt sich somit um die Verschmelzung eines Kaufes und einer Schenkung.
Das typische Wesensmerkmal ist ein Kaufpreis, welcher in einem erheblichen Missverhältnis zum objektiven Wert des Gegenstandes steht. Die Differenz zwischen dem objektiven Wert und dem vereinbarten Kaufpreis stellt die Schenkung dar. Für diese Schenkung ist ein Schenkungswille beider Parteien erforderlich. Eine gemischte Schenkung liegt daher nicht bereits dann vor, wenn ein Objekt zu einem zu tiefen Preis verkauft wird, sofern die Parteien keine Schenkungsabsicht haben. Vielmehr muss ein bewusstes und gewolltes Leistungsmissverhältnis vorliegen. Eine blosse Erkennbarkeit des Missverhältnisses reicht nicht aus.
Bei einer gemischten Schenkung sind sowohl das Kaufrecht wie auch das Schenkungsrecht anwendbar. Beim Vertrag für eine gemischte Schenkung sind die Formerfordernisse der Schenkung zu beachten. Gemischte Schenkungen sind häufig bei Liegenschaftsübertragungen zwischen den Eltern und ihren Kindern anzutreffen. Übertragen die Eltern ihren Kindern die Liegenschaft unter Übernahme der Hypothekarschulden und ohne Bezahlung eines weiteren Kaufpreises, liegt eine gemischte Schenkung vor. Die Übernahme der Hypothek stellt den entgeltlichen Teil dar, die Differenz zwischen dem Verkehrswert der Liegenschaft und der Hypothek stellt die Schenkung dar.
8. Die Grundstückgewinnsteuer bei gemischten Schenkungen
Gemäss Art. 12 Abs. 3 lit. a StHG wird die Grundstückgewinnsteuer bei Schenkungen und Erbvorbezügen aufgeschoben. Es besteht in allen Kantonen Einigkeit darüber, dass ein Steueraufschub auch bei einer sogenannten gemischten Schenkung zulässig ist. Bei einer teilweise entgeltlichen Übertragung von Grundstücken ist somit eine Abgrenzung zwischen unentgeltlicher Zuwendung und entgeltlichem Rechtsgeschäft vorzunehmen. Diese Abgrenzung erweist sich oft als schwierig.
Die kantonalen Praktiken zur Grenzziehung zwischen gemischten Schenkungen und entgeltlichen Verkäufen, welche der Grundstückgewinnsteuer unterliegen, unterscheiden sich stark. In einigen Kantonen gilt die Praxis, dass ein rein entgeltliches Rechtsgeschäft vorliegt, sofern und soweit das Entgelt 75 % des Verkehrswertes des Grundstücks übersteigt (namentlich in den Kantonen Zürich und St. Gallen). In diesem Fall fällt keine Schenkungssteuer an und es wird lediglich die Grundstückgewinnsteuer auf der Basis des vereinbarten Verkaufspreises erhoben. In anderen Kantonen wird auch bei gemischten Schenkungen die Grundstückgewinnsteuer auf dem entgeltlichen Teil abgerechnet und nur auf dem unentgeltlichen Teil ein anteiliger Steueraufschub gewährt.
Der Kanton Aargau geht von einer gemischten Schenkung im Sinne von § 97 Abs. 1 lit. a StG aus, wenn die Gegenleistung für das Grundstück mindestens 20 % unter dessen Verkehrswert liegt und ein Zuwendungswille gegeben ist (vgl. Kommentar zum Aargauer Steuerrecht, § 97 N 18).
9. Schenkungen im Widerspruch zum Erbvertrag
Sowohl das Instrument Schenkung als auch der Erbvertrag dienen dazu, den Übergang von Vermögen von einer Person auf eine andere zu regeln. Sie unterscheiden sich jedoch insbesondere in ihrer Form, im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens und in ihrer Bindungswirkung.
Eine Schenkung tritt zu Lebzeiten des Schenkers in Kraft und ist somit eine Zuwendung unter Lebenden. Eine Schenkung ist im Grundsatz formfrei gültig (mit Ausnahme von Schenkungsversprechen und Schenkungen von Grundstücken und anderen dinglichen Rechten, vgl. Ziffer 1 hiervor).
Ein Erbvertrag regelt hingegen den Übergang von Vermögenswerten nach dem Tod des Erblassers. Im Erbvertrag vereinbaren die Parteien, wie das Vermögen verteilt wird – insbesondere,
wer als Erbe oder Vermächtnisnehmer eingesetzt wird und unter welchen Bedingungen und Auflagen die Verteilung erfolgt. Im Gegensatz zur Schenkung tritt ein Erbvertrag erst nach dem Tod des Erblassers in Kraft. Der Erbvertrag ist für seine Gültigkeit zwingend öffentlich zu beurkunden, unter Mitwirkung von zwei Zeugen.
Schenkungen zu Lebzeiten können im Widerspruch zu einem Erbvertrag stehen, sofern sie den Inhalt eines bereits abgeschlossenen Erbvertrages tangieren, was folgender Sachverhalt zeigt:
Die Eltern haben mit ihren beiden Nachkommen einen Erbvertrag abgeschlossen. Darin wurde vereinbart, dass die Nachkommen beim Tod des ersten Elternteils zugunsten des überlebenden Elternteils auf ihren Pflichtteil verzichten. Beim Tod des zweiten Elternteils erben die Nachkommen den gesamten Nachlass je zur Hälfte.
Nach dem Tod des ersten Elternteils tätitgte der überlebende Elternteil eine grosse Spende an eine Institution und schenkte dem Nachbarn einen Betrag über CHF 20’000.–.
Im Rahmen der letzten Erbrechtsrevision vom 1. Januar 2023 wurde im Gesetz das sogenannte Schenkungsverbot verankert (Art. 494 Abs. 3 ZGB). Danach unterliegen Schenkungen unter Lebenden (mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke) der Anfechtung, wenn sie dadurch die Verteilung des Vermögens gemäss Vereinbarung im Erbvertrag beeinträchtigen oder verändern. Bei obgenanntem Sachverhalt wurde durch die Spende an die Institution und die Schenkung an den Nachbarn der Nachlass des zweitversterbenden Elternteils geschmälert. Somit waren diese lebzeitigen Zuwendungen nicht mit dem Erbvertrag vereinbart und können von den Nachkommen angefochten werden.
Um dieses Schenkungsverbot aufzuheben bzw. abzuschwächen, muss der Umfang der weiterhin erlaubten Schenkungen zu Lebzeiten explizit im Erbvertrag vereinbart werden. Da das Schenkungsverbot auch für bereits bestehende, d.h. vor der Erbrechtsrevision abgeschlossene Erbverträge gilt, müssten – sofern dies der Wille der Erblasser ist – die Erbverträge unter Mitwirkung aller Beteiligten dahingehend angepasst werden, dass die Eltern zu Lebzeiten weiterhin unanfechtbare Schenkungen frei oder zumindest teilweise frei ausrichten dürfen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden: Sofern bereits über das gesamte Vermögen ein Erbvertrag abgeschlossen wurde, erstreckt sich die erbvertragliche Bindung nicht nur auf das Vermögen im Zeitpunkt des Ablebens des Verfügenden, sondern auch auf das lebzeitige Vermögen. Schenkungen zu Lebzeiten sind nur noch erlaubt, sofern dies explizit im Erbvertrag geregelt wurde. Ansonsten stehen Schenkungen im Widerspruch zum Erbvertrag und können von den erbrechtlich Begünstigten angefochten werden.
10. Schenkungen und deren Auswirkungen auf die Ergänzungsleistungen
Ergänzungsleistungen (EL) helfen die minimalen Lebenskosten zu decken, sofern die vorhandene Rente und das übrige Einkommen dazu nicht mehr ausreichen. Prüft die Behörde, ob ein Anspruch auf EL besteht, berücksichtigt sie neben dem tatsächlich vorhandenen Einkommen und Vermögen auch all jene Vermögenswerte, auf die eine Person freiwillig und ohne gleichwertige Gegenleistung verzichtet hat (sogenannte Vermögensverzichte). Schenkungen jeglicher Art, d.h. Zuwendungen ohne Gegenleistung, stellen einen Vermögensverzicht dar. Ebenso wird ein Vermögensverzicht bei gemischten Schenkungen bejaht, sofern die Gegenleistung für den verschenkten bzw. veräusserten Vermögenswert weniger als 90 % beträgt.
Die Auswirkungen auf die EL zeigen sich insbesondere im Zusammenhang mit Liegenschaftsübertragungen unter dem Verkehrswert. Dies soll anhand des folgenden Beispiels illustriert werden:
Frau Meier, alleinstehende Rentnerin und Eigentümerin eines Einfamilienhauses (Verkehrswert CHF 1 Million) möchte dieses an ihren einzigen Sohn übertragen. Der Sohn soll die bestehenden Hypothekarschulden in Höhe von CHF 800’000 übernehmen, sonst aber nichts bezahlen. Die Übernahme der Hypothek qualifiziert dabei als Gegenleistung. Vorliegend entspricht die Gegenleistung des Sohnes an die Mutter durch die Übernahme der Hypothek 80 % des Verkehrswertes des Hauses. Es liegt folglich ein Vermögensverzicht vor. Frau Meier verzichtet durch die Liegenschaftsübertragung auf CHF 200’000 beziehungsweise «schenkt» ihrem Sohn diese Wertdifferenz (Verkehrswert abzüglich Gegenleistung).
Die Berücksichtigung des Vermögensverzichts durch die EL-Stelle unterliegt keiner Verjährung. Das anrechenbare Vermögen, auf welches verzichtet wurde, wird bei der EL-Berechnung lediglich um CHF 10’000 pro Jahr reduziert. Damit würde es im obgenannten Beispiel 20 Jahre dauern, bis die Liegenschaftsübertragung an den Sohn gänzlich unberücksichtigt bliebe. Ist Frau Meier in dieser Zeit auf EL angewiesen, kann es zu einer Anspruchsverweigerung oder Leistungskürzung kommen. Kann Frau Meier mit ihrer tiefen Rente und aufgrund der fehlenden EL beispielsweise die Pflegekosten im Altersheim nicht zahlen, springt subsidiär die Sozialhilfe ein und erbringt die erforderlichen Mindestleistungen. Der Sozialhilfe geht jedoch grundsätzlich die gesetzliche Verwandtenunterstützungspflicht in gerader Linie (Grosseltern, Eltern, Kinder etc.) vor. Die Gemeinde ist dabei berechtigt, bereits bezahlte Sozialhilfe beim Sohn einzufordern, sofern dieser in finanziell günstigen Verhältnissen lebt.
Ob solche Verhältnisse vorliegen, bestimmt sich im Einzelfall anhand der Richtlinie der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS).
(Gemischte) Schenkungen können somit dazu führen, dass dem Schenker die EL gekürzt oder verweigert werden und dadurch eine erhöhte finanzielle Abhängigkeit von den beschenkten Nachkommen besteht. Dies sollte in der Vermögens- und Nachlassplanung sorgfältig berücksichtigt werden.
11. Fazit
Schenkungen sind ein weitverbreitetes Instrument, um das Vermögen bereits zu Lebzeiten gemäss den eigenen Vorstellungen zu verteilen. Bei der Ausrichtung von Schenkungen sind zahlreiche rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten.
Durch eine sorgfältige Planung und Umsetzung können ungewollte steuer- oder zivilrechtliche Folgen vermieden werden. Wir unterstützen Sie gerne und stehen Ihnen bei Fragen zur Verfügung.