LEXPRESS Aktuelle Themen aus dem Steuerrecht

In dieser Ausgabe des LEXpress gehen wir auf aktuelle Themen aus dem Steuerrecht ein. Seit dem 1. Januar 2016 werden die berufsorientierten Ausbildungs- und Umschulungskosten in Bezug auf die steuerlichen Rechtsfolgen den Weiterbildungskosten gleichgestellt. Damit wird eine langjährige Ungleichbehandlung eliminiert. Ebenfalls seit anfangs Jahr gelten neue Spielregeln für den Abzug der Kosten für den Arbeitsweg (sog. Pendlerabzug). Wir geben Ihnen hierzu einen kurzen Überblick.

Wir setzen uns mit einer bevorstehenden Gesetzesänderung im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III auseinander, nämlich mit der Abschaffung des Holdingprivilegs. Was heisst dies für all jene, die in der Vergangenheit eine Holdinggesellschaft gegründet haben?

Wir orientieren Sie sodann über zwei aktuellere Entscheide des Bundesgerichts. Der erste Entscheid betrifft die Frage der Besteuerung von Kapitalgewinnen auf Wertschriften und Devisen. Dieser Entscheid zeigt exemplarisch das unterschiedliche Verständnis von Steuerbehörden und Steuerpflichtigen bei der Frage, wann gewerbsmässiger Wertschriftenhandel vorliegt. Der zweite Entscheid ist zwar zur AHV ergangen, hat aber unmittelbare Konsequenzen bei der Steuerplanung. Er setzt sich mit der spannenden Frage auseinander, ob die Gesellschafter bei den von ihnen beherrschten Gesellschaften die Höhe von Lohn und Dividende frei festsetzen können.

Abzugsfähigkeit von Aus- und Weiterbildungskosten

Seit dem 1. Januar 2016 gelten sowohl bei der direkten Bundessteuer als auch bei den Kantons- und Gemeindesteuern neue Regeln zur Abzugsfähigkeit von Aus- und Weiterbildungskosten.

Neu sind nicht nur Weiterbildungskosten, sondern auch berufsorientierte Ausbildungs- und Umschulungskosten abzugsberechtigt. Die konfliktträchtige Unterscheidung zwischen Aus- und Weiterbildungskosten fällt damit weg. Neu ist der jährlich zulässige Abzug allerdings auf maximal CHF 12’000 beschränkt. Weiterhin nicht zum Abzug zugelassen sind die Kosten für die Erstausbildung. Darunter fällt der erste Abschluss auf der Sekundarstufe II (Berufslehre, Matura, Fachmatur). Zudem können Aus- und Weiterbildungen vor dem 20. Geburtstag nur abgezogen werden, wenn bereits ein Abschluss auf der Sekundarstufe II vorliegt.

Nicht berufsorientierte Kurse und Lehrgänge (z. B. ein Töpfer- oder Tanzkurs) gelten weiterhin als Lebenshaltungskosten und können nicht in Abzug gebracht werden.

Der Abzug ist nur zulässig, sofern und soweit die Kosten nicht vom Arbeitgeber getragen werden. Dies ist unproblematisch, da die vom Arbeitgeber getragenen Kosten beim Arbeitnehmer auch nicht dem steuerbaren Lohn hinzugerechnet werden.

Wer in diesem Jahr eine Aus- oder Weiterbildung absolviert, dem wird empfohlen, die Belege der entsprechenden Ausgaben zu sammeln und die Aus- und Weiterbildungskosten in der Steuererklärung 2016 zum Abzug zu bringen.

Beschränkung des Pendlerabzugs

Vor gut einem Jahr hat das Schweizer Volk dem Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur (FABI) zugestimmt. Dieser enthält auch eine steuerrechtliche Bestimmung: die abziehbaren Kosten für den Arbeitsweg werden begrenzt (sog. Pendlerabzug).

Bei der direkten Bundessteuer können in den Steuererklärungen ab 2016 für den Arbeitsweg höchstens Fahrkosten von CHF 3’000 in Abzug gebracht werden (gilt auch für die Kosten des öffentlichen Verkehrs). Für die darüber liegenden Kosten ist kein Abzug mehr möglich. Ist eine steuerpflichtige Person berechtigt, Kosten für das private Fahrzeug abzuziehen und hat sie z. B. einen Arbeitsweg von 20 km, kann sie künftig nur noch CHF 3’000 vom steuerbaren Einkommen in Abzug bringen. Bisher waren CHF 6’160 abziehbar (20 km × 2 Fahrten × 220 Arbeitstage × CHF 0.70/km).

Die Kantone sind frei, ob sie den Pendlerabzug für die kantonalen Steuern ebenfalls auf einen Höchstbetrag begrenzen wollen. Verschiedene Kantone haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht (z. B. Basel-Stadt: CHF 3’000, Bern: CHF 6’700, St. Gallen: CHF 3’655, Thurgau: CHF 6’000). In anderen Kantonen wurde eine Begrenzung abgelehnt (z. B. Luzern, Solothurn und Obwalden) bzw. wurde sie bisher nicht diskutiert (z. B. Glarus, Schwyz und Wallis). In einigen Kantonen sind die Gesetzgebungsverfahren noch im Gang. Im Kanton Aargau hat sich der Grosse Rat im Dezember 2015 für eine Begrenzung auf CHF 10’000 ausgesprochen. Der Regierungsrat beantragt eine Begrenzung auf CHF 7’000.

Bei Arbeitnehmenden mit einem Geschäftsfahrzeug übernimmt der Arbeitgeber die Kosten des Autos und damit auch die Kosten des Arbeitsweges. Diese Arbeitnehmenden dürfen in den Steuererklärungen deshalb keinen Pendlerabzug geltend machen. Arbeitnehmende mit Geschäftsfahrzeug sollen steuerlich nicht besser behandelt werden als Arbeitnehmende ohne Geschäftsfahrzeug. Aus diesem Grund sehen die Steuerbehörden für Arbeitnehmende mit Geschäftsfahrzeug eine Aufrechnung von steuerbarem Einkommen vor: Den Betrag, den die Arbeitnehmenden für den gleichen Arbeitsweg nicht abziehen könnten, wenn sie kein Geschäftsfahrzeug hätten, rechnen sie bei den Arbeitnehmenden mit Geschäftsfahrzeug zum steuerbaren Einkommen auf. Im obigen Beispiel würden die Steuerbehörden dem Arbeitnehmenden mit Geschäftsauto CHF 3’160 aufrechnen (möglicher Abzug ohne Begrenzung von CHF 6’160 ./. maximal zulässiger Abzug von CHF 3’000).

Die selbständig Erwerbenden sind von der Begrenzung des Pendlerabzuges nicht betroffen. Sie können die Fahrkosten weiterhin ohne Begrenzung steuerwirksam geltend machen.

Kapitalgewinne auf Wertschriften und Devisen

Wer regelmässig Aktien, Obligationen, Devisen etc. mit der Absicht kauft und verkauft, steuerfreie private Kapitalgewinne zu erzielen, riskiert bei erfolgreicher Tätigkeit, dass die vereinnahmten Kapitalgewinne besteuert werden. Nach der Rechtsprechung stellen nämlich solche Kapitalgewinne Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit dar, sofern die steuerpflichtige Person in einer Art und Weise vorgeht, die über eine schlichte Verwaltung von Privatvermögen hinausgeht. Wird die Tätigkeit als gewerbsmässiger Wertschriften- oder Devisenhandel taxiert, so unterstehen die Kapitalgewinne der AHV und der Einkommenssteuer. Spiegelbildlich können allfällige Verluste steuerlich vom Roheinkommen abgezogen werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Ansichten der Steuerbehörden und der Steuerpflichtigen darüber, wann die Voraussetzungen der Gewerbsmässigkeit erfüllt sind, regelmässig stark voneinander abweichen.

Was durch die Steuerbehörden als gewerbsmässig qualifiziert wird, ist auch für den Experten nicht einfach vorherzusehen. Um der Mehrheit der Steuerpflichtigen eine gewisse Rechtssicherheit zu geben, hat die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) im Kreisschreiben Nr. 36 «Gewerbsmässiger Wertschriftenhandel» vom 27. Juli 2012 Kriterien publiziert, anhand derer im Rahmen einer Vorprüfung untersucht werden kann, ob ein gewerbsmässiger Wertschriftenhandel ausgeschlossen werden kann. Die Steuerbehörden gehen in jedem Fall von einer privaten Vermögensverwaltung bzw. von steuerfreien privaten Kapitalgewinnen aus, wenn folgende fünf Kriterien kumulativ erfüllt sind:

  1. Die Haltedauer der veräusserten Wertschriften beträgt mindestens 6 Monate.
  2. Das Transaktionsvolumen (entspricht der Summe aller Kaufpreise und Verkaufserlöse) pro Kalenderjahr beträgt gesamthaft nicht mehr als das Fünffache des Wertschriften- und Guthabenbestands zu Beginn der Steuerperiode.
  3. Das Erzielen von Kapitalgewinnen aus Wertschriftengeschäften bildet keine Notwendigkeit, um fehlende oder wegfallende Einkünfte zur Lebenshaltung zu ersetzen. Das ist regelmässig dann der Fall, wenn die realisierten Kapitalgewinne weniger als 50% des Reineinkommens in der Steuerperiode betragen.
  4. Die Anlagen sind nicht fremdfinanziert oder die steuerbaren Vermögenserträge aus den Wertschriften (wie z. B. Zinsen, Dividenden, usw.) sind grösser als die anteiligen Schuldzinsen.
  5. Der Kauf und Verkauf von Derivaten (insbesondere Optionen) beschränkt sich auf die Absicherung von eigenen Werschriftenpositionen. Sind diese Kriterien nicht kumulativ erfüllt, kann gewerbsmässiger Wertschriftenhandel nicht ausgeschlossen werden. Die Beurteilung erfolgt auf Grund sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls. Dabei weist die ESTV in ihrem Kreisschreiben explizit auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts hin. So hält es zum Kriterium der Häufigkeit der Geschäfte und zur Besitzesdauer was folgt fest: «Eine kurze Besitzesdauer deutet darauf hin, dass die steuerpflichtige Person nicht vorwiegend Anlagezwecke verfolgt, sondern vielmehr an einer raschen Erzielung eines Gewinnes interessiert ist. Unter diesen Umständen kann schon eine einzige Transaktion dazu führen, dass eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt. Die Häufigkeit der Geschäfte und die Kürze der Besitzesdauer der Wertschriften sind Indizien dafür, dass die steuerpflichtige Person keine zumindest mittelfristige Kapitalanlage anstrebt, sondern auf eine rasche Erzielung eines Kapitalgewinns angewiesen ist und auch in Kauf nimmt, dass bedeutende Verluste entstehen können (vgl. KS Nr. 36 vom 27. Juli 2012, Ziff. 4.3.2).»

Wie das nachfolgende Urteil des Bundesgerichts vom 1. Dezember 2015 (2C_375/2015) aufzeigt, kann allerdings auch ein vermeintlich «klarer» Fall zu einem überraschenden Ergebnis führen. Zum Sachverhalt: S. G. hatte eine Lehre bei einer Bank gemacht. Nach der Lehre blieb er bei der Bank, bevor er später die Branche wechselte. Im Jahr 2010 war er als zugelassener Revisor und Berater im Bereich Wirtschaftsprüfung tätig und erzielte hieraus ein Einkommen von brutto CHF 80’000. Daneben handelte er von Januar 2010 bis Mitte 2012 an der Börse regelmässig mit Optionsscheinen. Hieraus resultierten insgesamt folgende Verluste: CHF 37’000 (Jahr 2010), CHF 41’000 (Jahr 2011) sowie CHF 10’000 (1. Quartal 2012). Im 2010 stellten die Gerichte 200 Transaktionen mit einem Volumen von CHF 620’000 und kurzer Haltedauer fest. Das durchschnittliche tägliche Wertschriftenvermögen von S. G. betrug im Jahr 2010 CHF 8’000. Eine Kleinkreditbank hatte S. G. am 1. Juni 2010 einen Barkredit in Höhe von CHF 32’500 gewährt. Zudem hatte S. G. von seinem Vater ein Darlehen und eine Schenkung von total CHF 11’700 in mehreren Tranchen erhalten. Den Verlust im Jahr 2010 deklarierte er unter dem Titel «selbständige Erwerbstätigkeit» (Wertschriftenhandel) in der Steuererklärung und brachte ihn von seinen Einkünften in Abzug. Die Steuerkommission verneinte allerdings bei der Veranlagung das Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit und verweigerte den Abzug.

Dieser Entscheid wurde in der Folge vom Spezialverwaltungsgericht Steuern und vom Verwaltungsgericht des Kantons Aargau geschützt. Das Verwaltungsgericht verneinte den gewerbsmässigen Wertschriftenhandel primär mit folgenden Argumenten: Aus dem Transaktionsvolumen von CHF 20’000 sowie der Anzahl von 200 Transaktionen pro Jahr und der sehr kurzen Haltedauer könne im vorliegenden Fall nichts Entscheidendes abgeleitet werden, weil der spekulative Optionshandel generell äusserst kurzfristig ausgelegt wäre. Die Besitzdauer und das Umsatzvolumen seien vor allem dort aussagekräftig, wo mit eigentlichen langfristigen Anlagen wie Aktien oder Obligationen kurzfristige, auf Erzielung von Handelsgewinnen ausgerichtete Geschäfte getätigt würden. Da sozialwissenschaftliche Untersuchungen auch zeigen würden, dass private Anleger zu einem gewissen Aktivismus und zu einer übermässigen Umschichtung ihres Portfolios neigten, könne ein hohes Transaktionsvolumen auch als Indiz für ein unprofessionelles Anlageverhalten interpretiert werden. Die eingesetzten Fremdmittel könnten nicht berücksichtigt werden, weil unklar wäre, wohin diese Mittel geflossen seien. Die Vermögensanlagen stünden zudem in keinem Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit, da aus seinem Lebenslauf keine speziellen Fachkenntnisse im Bereich Wertschriftenhandel hervorgehen würden.

S. G. wollte diese Argumentation nicht akzeptieren und gelangte mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Das Gericht definierte vorab in seinen Erwägungen die Voraussetzungen der selbständigen Erwerbstätigkeit und die massgebenden Indizien im Bereich Wertschriftenhandel. Dabei wies es gemäss seiner ständigen Praxis darauf hin, jedes der Indizien könne zusammen mit anderen, unter Umständen jedoch auch für sich alleine zur Annahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit ausreichen. Es erwog zudem, besonders Gewicht hätten die beiden Kriterien «Höhe des Transaktionsvolumens» sowie «Einsatz von Fremdkapital». Entscheidend sei aber letztlich, dass die Tätigkeit in ihrem gesamten Erscheinungsbild auf Erwerb ausgerichtet sei.

Alsdann befasste sich das Bundesgericht mit den Erwägungen der Vorinstanz und hielt in einem Satz kurz und bündig fest: «Die obenstehenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts überzeugen nicht». Das Verwaltungsgericht Aargau hatte indes in seinem Urteil zusätzlich noch eine Eventualbegründung abgegeben, welcher sich das Bundesgericht vollumfänglich anschloss. Diese lautet zusammengefasst wie folgt: Bringt eine Tätigkeit auf Dauer nichts ein, ist dies als deutliches Indiz dafür zu werten, dass es an der «subjektiven oder objektiven Gewinnstrebigkeit» mangelt. Wer wirklich eine Erwerbstätigkeit ausübt, wird sich in der Regel nach andauernden beruflichen Misserfolgen von der Zwecklosigkeit seiner Tätigkeit überzeugen lassen und diese aufgeben. Führt er sie dennoch weiter, ist anzunehmen, dass dafür in subjektiver Hinsicht andere Motive als der Erwerbszweck massgebend sind. Gleichwohl erachteten die beiden Gerichte die subjektive Gewinnstrebigkeit im vorliegenden Fall als gegeben. Dies mit dem Argument, in der blossen Abwicklung von Börsengeschäften lasse sich nur schwerlich ein Hobby oder eine Liebhaberei erkennen; ohne die Absicht der Gewinnerzielung sei nämlich diese Tätigkeit jedes Sinnes entleert. Anders beurteilten die beiden Gerichte aber die objektive Seite der Gewinnstrebigkeit. In allen drei Steuerperioden hätte nur ein Verlust resultiert. Aus diesem Umstand und der Art und Weise wie S. G. den Optionshandel praktizierte, zeige sich, dass das Vorgehen zur Erzielung eines nachhaltigen Einkommens ungeeignet war.

Im Resultat wurde daher das Vorliegen eines gewerbsmässigen Wertschriftenhandels verneint und S. G. der Abzug seiner Verluste in der Steuererklärung verwehrt. Stossend an dieser Rechtsprechung ist folgendes: Hätte S. G. trotz identischem Vorgehen einen Gewinn erzielt, dann wäre auch die objektive Seite der Gewinnstrebigkeit als erfüllt betrachtet worden und er hätte den Gewinn als Einkommen aus gewerbsmässigem Wertschriftenhandel versteuern müssen.

Abschaffung des Holdingprivilegs

Eine Gesellschaft gilt dann als Holdinggesellschaft, wenn ihr Zweck und ihre effektive Tätigkeit hauptsächlich im Halten und Verwalten von Beteiligungen bestehen. Die Beteiligungen müssen 2/3 der Aktiven oder die Beteiligungserträge 2/3 der Einnahmen ausmachen. Zudem dürfen Holdinggesellschaften in der Schweiz keine Geschäftstätigkeit ausüben.

Die Kantone gewähren den Holdinggesellschaften für die kantonalen Steuern das sog. Holdingprivileg. Es hat zur Folge, dass die Holdinggesellschaften ihre gesamten Gewinne bei den Kantons- und Gemeindesteuern nicht versteuern müssen. Vorbehalten bleiben die Gewinne aus Grundeigentum, z. B. Mieterträge oder die Gewinne aus dem Verkauf einer Liegenschaft. Die Holdinggesellschaften entrichten zudem nur eine reduzierte Kapitalsteuer.

Unter dem seit einigen Jahren bestehenden internationalen Druck wird die Schweiz das Holdingprivileg nicht länger halten können. Sie plant, dieses im Zuge der Unternehmenssteuerreform III abzuschaffen.

Nach der Abschaffung des Holdingprivilegs müssen die Holdinggesellschaften ihre Gewinne und ihr Kapital nach den gleichen Grundsätzen versteuern wie die anderen Gesellschaften.

Soweit die Gewinne aus Dividenden von Beteiligungen von mind. 10% am nominalen Kapital einer Gesellschaft oder mit einem Verkehrswert von mehr als CHF 1 Mio. stammen, werden sie bei allen Gesellschaften indirekt von der Gewinnsteuer freigestellt (sog. Beteiligungsabzug). Dasselbe gilt für die Gewinne aus dem Verkauf von Beteiligungen von mind. 10% am nominalen Kapital einer Gesellschaft, sofern die Gesellschaft sie während mehr als einem Jahr gehalten hat.

Die Holdinggesellschaften müssen die entsprechenden Dividenden und Kapitalgewinne somit auch in Zukunft nicht als Gewinne versteuern. Für reine Holdinggesellschaften hat die Abschaffung des Holdingprivileges deshalb keine gravierenden Steuernachteile zur Folge.

Für Holdinggesellschaften, die neben den Beteiligungserträgen auch übrige Erträge erzielen, z. B. Zinserträge oder Lizenzeinnahmen, sind die Auswirkungen grösser. Sie müssen diese Erträge künftig normal als Gewinn versteuern. Es kann sich rechtfertigen, dass diese Gesellschaften ihre Struktur überdenken und gegebenenfalls anpassen.

AHV-Beiträge auf Dividenden

In der Schweiz gibt es eine Vielzahl von Unternehmern, die ihre Tätigkeit als Angestellte ihrer eigenen Aktiengesellschaft (AG) oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ausüben. Solche «Unternehmeraktionäre» sind gleichzeitig Mitarbeiter ihrer eigenen Gesellschaft und auch deren (Allein-)Aktionäre. Dank ihrer Doppelrolle als Angestellte und Eigentümer der Gesellschaft, können sie frei darüber bestimmen, ob sie sich von der Gesellschaft Lohn und/oder Dividenden auszahlen lassen.

Auf Lohnzahlungen müssen AHV-Beiträge entrichtet werden. Zudem muss der Unternehmeraktionär den Lohn als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit versteuern. Dafür können die Lohnzahlungen und die damit verbundenen AHV-Beiträge bei der Gesellschaft als geschäftsmässig begründeter Aufwand in Abzug gebracht werden. Dadurch reduziert sich der steuerbare Gewinn der Gesellschaft.

Auf Dividendenzahlungen müssen keine AHV-Beiträge entrichtet werden. Dafür reduzieren Dividendenzahlungen auch nicht den steuerbaren Gewinn der Gesellschaft. Vielmehr können nur versteuerte Gewinne als Dividenden ausgeschüttet werden. Die bereits von der Gesellschaft als Gewinn versteuerten Dividenden müssen dann vom Unternehmeraktionär nochmals als Einkommen versteuert werden.

Um diese wirtschaftliche Doppelbelastung zu mindern, werden seit 2009 Dividendenzahlungen an Aktionäre, die mindestens 10% des Gesellschaftskapitals halten (sog. «qualifizierte Beteiligungen»), nur noch teilweise besteuert. Bei der direkten Bundessteuer müssen nur 60% der Dividenden als Einkommen versteuert werden. Bei den Kantons- und Gemeindesteuern beträgt die Steuerlast auf Dividenden je nach Kanton zwischen 35% und 70% (im Kanton Aargau 40%) der normalen Einkommenssteuer.

Aufgrund dieser Teilbesteuerung der Dividenden lohnt es sich für Unternehmeraktionäre heute, die Gesamtsteuerbelastung auf Dividenden (Gewinnsteuer der Gesellschaft plus Einkommenssteuer des Aktionärs) mit der Gesamtbelastung aus Steuern und AHV-Beiträgen zu vergleichen, die auf Lohnzahlungen geschuldet sind (Einkommenssteuer plus AHV-Beiträge minus die Steuerersparnis bei der Gewinnsteuer). Weil die Gesamtsteuerbelastung auf Dividenden in vielen Fällen tiefer ausfällt, haben seit 2009 viele Unternehmeraktionäre ihre Lohnbezüge reduziert und dafür höhere Dividenden bezogen.

Wird die Frage der Steuerhoheit (bei unterschiedlichem Sitz und Wohnsitz von Gesellschaft und Gesellschafter) ausgeblendet, spielt diese Entwicklung für die Steuerbehörden grundsätzlich kaum eine Rolle, weil eine Reduktion der Lohnzahlungen mit höheren Gewinnsteuern bei den entsprechenden Gesellschaften einhergeht. Damit werden die tieferen Einkommenssteuern auf Seiten der Unternehmeraktionäre kompensiert. Anders sieht es bei der AHV aus. Dort fallen durch die tieferen Lohnzahlungen die entsprechenden AHV-Beiträge endgültig weg.

Die Ausgleichskassen haben deshalb damit begonnen, bei Dividendenzahlungen an Unternehmeraktionäre einen Teil 
der Dividenden als beitragspflichtigen Lohn zu qualifizieren. Das Bundesgericht hat in einer Reihe von Entscheiden festgelegt, wann und in welchem Umfang eine solche Umqualifikation zulässig ist:

Als erste Bedingung muss eine Dividende ausgeschüttet werden, die 10% des Steuerwerts der entsprechenden Aktien oder Stammanteile übersteigt. Haben die Aktien z. B. einen Steuerwert von CHF 200’000, sind Dividenden bis CHF 20’000 ohne Weiteres zulässig. Darüber hinausgehende Dividenden können als Lohn umqualifiziert werden, soweit auch die zweite Bedingung erfüllt ist.

Als zweite Bedingung muss der Unternehmeraktionär einen Lohn bezogen haben, der unter dem branchenüblichen Lohn für eine vergleichbare Tätigkeit liegt. Dazu ziehen die Ausgleichskassen gerne den im Internet frei abrufbaren individuellen Lohnrechner «Salarium» des Bundesamts für Statistik heran (> zum Lohnrechner). Das Bundesgericht lässt dies ausdrücklich zu, solange der daraus resultierende Vergleichslohn aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls plausibel ist.

Sind beide Bedingungen erfüllt (und nur dann), darf die Ausgleichskasse den beitragspflichtigen Lohn des Unternehmeraktionärs aufrechnen und die zusätzlichen AHV-Beiträge nachbelasten.

Wer sich als Unternehmeraktionär Dividenden ausschüttet, sollte deshalb immer zuerst prüfen, ob die Dividendenzahlung mehr als 10% des Vermögenssteuerwerts der Aktien oder Stammanteile ausmacht. Ist dies der Fall, wird empfohlen, in einem zweiten Schritt anhand des Lohnrechners «Salarium» zu prüfen, ob der bezogene Lohn dem «branchenüblichen Lohn» entspricht. Ist dies nicht der Fall, droht die Nachbelastung von AHV-Beiträgen.

Bei der Ausschüttung von Jahresgewinnen muss der branchenübliche Lohn im entsprechenden Jahr bezahlt worden sein. Anders sieht es aus, wenn Gewinnreserven, die in früheren Jahren gebildet worden sind, als so genannte «Substanzdividende» ausgeschüttet werden. Das Bundesgericht hat entschieden, dass in solchen Fällen ein branchenüblicher Lohn in der Zeit bezahlt worden sein muss, als die Gewinnreserven gebildet wurden.

Es hilft also nichts, wenn ein Unternehmeraktionär während einigen Jahren einen zu tiefen Lohn bezieht und die Gewinne als Reserven in der Gesellschaft lässt, um sich diese Gewinne später just in jenem Jahr als Substanzdividende auszuschütten, in dem er sich einen branchenüblichen Lohn auszahlt.

VOSER RECHTSANWÄLTE

Dieter Egloff

Dr. Philip Funk

Barbara Sramek

Joachim Huber

Die Autorinnen und Autoren dieses Beitrags:

Dr. Philip
Funk
Rechtsanwalt, Notar, dipl. Steuerexperte
+41 56 203 15 40
p.funk@voser.ch
lic. iur Dieter
Egloff
Rechtsanwalt, dipl. Steuerexperte
+41 56 203 10 22
d.egloff@voser.ch
lic. iur. HSG Barbara
Sramek
Rechtsanwältin, dipl. Steuerexpertin
+41 56 203 15 47
b.sramek@voser.ch
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