LEXPRESS Abstandsvorschriften

Abstandsvorschriften beschäftigen uns immer wieder. Bei der Prüfung eines Bauvorhabens gehört die Einhaltung der Abstandsvorschriften zu den wesentlichen Aufgaben. Wer sich schon einmal vertieft mit der Materie beschäftigt hat, weiss: Abstandsvorschriften sind äusserst komplex. Lesen Sie unseren LEXpress Baurecht mit besonderer Berücksichtigung der im Kanton Aargau anwendbaren Bestimmungen.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

  1. Begriff
  2. Zweck von Abstandsvorschriften
  3. Verhältnis der Abstandsvorschriften unter sich
  4. Zuständigkeiten
  5. Grenzabstände
  1. Rechtsgrundlagen
  2. Definition und Messweise
  3. Kleiner und grosser Grenzabstand
  4. Weitere Grenzabstandsvorschriften
  5. Einschränkung ordentlicher Abstandsvorschriften
  6. Änderung der Abstände durch privatrechtliche Vereinbarung Mehrlängenzuschlag
  1. Begriff
  2. Rechtsgrundlagen
  3. Zweck des Mehrlängenzuschlages
  4. Mehrlängenzuschlag vorab gegenüber Parzellen in Zonen mit Wohnnutzungen?
  5. Gebäudeabstand
  1. Rechtsgrundlagen
  2. Messweise
  3. Abstände gegenüber bestehenden Bauten
  4. Unterschreitung des Gebäudeabstandes Kulturlandabstand
  1. Rechtsgrundlagen
  2. Abgrenzung zur Abstandsvorschrift für Einfriedungen und Stützmauern
  3. Kulturlandabstand und Grenzabstand
  4. Kommunale Regelungszuständigkeit
  5. Baulinien
  6. Baubereiche (Ziff. 7.4 IVHB) Strassenabstand
  1. Zweck
  2. Mass des Strassenabstands
  3. Messweise des Strassenabstands
  4. Betroffene Strassen
  5. Verhältnis zu Grenzabstand
  6. Sichtzonen
  7. Strassenreklamen
  8. Waldabstand
  1. Zweck
  2. Rechtsgrundlagen
  3. Bemerkungen zu den kantonalen Vorschriften über den Waldabstand
  4. Abweichung von den kantonalen Vorschriften über den Waldabstand
  5. Verhältnis zu anderen Abstandsvorschriften
  6. Gewässerabstand

Hinweise auf weitere baurechtliche Abstandsvorschriften

  1. Erdsonden
  2. Kamine
  3. FAT-Richtlinien
  4. Hochspannungsleitungen
  5. Brandschutz Schluss

Einleitung

1. Begriff

Abstandsvorschriften bestimmen, welchen Abstand eine Baute oder Anlage oder eine Pflanze(1) gegenüber einer Parzellengrenze, einer Zonengrenze, einer Strasse, eines Waldes, einer Starkstromleitung, eines Bachs etc. aufweisen muss. Diese Abstände dürfen freiwillig erhöht werden, ihre Unterschreitung hingegen ist – falls überhaupt zulässig – an bestimmte Voraussetzungen gebunden.

2. Zweck- und Abstandsvorschriften

Abstandsvorschriften dienen verschiedenen Zwecken(2). Im Vordergrund steht aber der Schutz vor Einflüssen von Bauten und Anlagen (bzw. ihrer Benutzung) auf Nachbargrundstücke (Beeinträchtigung von Belichtung, Besonnung, Belüftung und Aussicht; Schattenwurf; Einsicht usw.). Darüber hinaus verfolgen sie öffentliche Interessen namentlich der Feuerpolizei, Wohn- und Arbeitshygiene, Siedlungsgestaltung und Ästhetik (3) sowie dem Schutz natürlicher Elemente und Gegebenheiten (Ufer, Waldränder).(4)Entsprechend diesem Zweck gelten Abstandsvorschriften (vorbehältlich abweichender Regelungen) für alle Bauten und Anlagen, also auch für nicht bewilligungspflichtige Bauten und Anlagen.(5)

3. Verhältnis der Abstandsvorschriften unter sich

Es gibt bundesrechtliche Abstandsvorschriften (Gewässerräume nach Art. 36a GSchG und Art. 41a GSchV), kantonalrechtliche Abstandsvorschriften (z.B. Strassenabstand nach § 111 BauG) und kommunalrechtliche Abstandsvorschriften (z.B. grosser Grenzabstand). Sind auf einen Sachverhalt mehrere Abstandsvorschriften anwendbar, gelten folgende Grundsätze:

Erstens geht übergeordnetes Recht dem nachrangigen Recht vor.(6) Die bundesrechtlichen Abstandsvorschriften gehen den kantonalrechtlichen Abstandsvorschriften vor und diese gehen wiederum den kommunalrechtlichen Abstandsvorschriften vor. Zudem gilt, dass nachrangiges Recht nur im Rahmen des übergeordneten Rechts zulässig ist.

Zweitens gehen die durch Baulinien festgelegten Abstände allen anderen (allgemeinen und besonderen) kantonal- und kommunalrechtlichen Abstandsvorschriften vor.(7)

Und drittens gehen die besonderen Abstandsvorschriften den allgemeinen Abstandsvorschriften vor: Die (allgemeinen) Grenzabstandvorschriften (der kleine und der grosse Grenzabstand sowie die Grenzabstände für Klein- und Anbauten, für Einfriedigungen, Stützmauern und Böschungen sowie für Tiefbauten bzw. Unterniveaubauten und unterirdische Bauten) sind nicht anwendbar, wenn besondere Abstände gelten.(8) Solche besonderen Abstände sind beispielsweise die Strassenabstände nach § 111 BauG, der Waldabstand und der Gewässerabstand (Gewässerraum bzw. Uferstreifen).

Den vollständigen LEXpress finden Sie hier:

Download LEXpress Baurecht Nr. 13

1 Die Abstandsvorschriften für Pflanzen (§§ 88 f. EG ZGB sowie § 109 Abs. 2 BauG, § 111 Abs. 1 lit. d BauG und § 112 Abs. 1 BauG) werden in diesem Baurechts-LexPress nicht behandelt.

2 ERICH ZIMMERLIN, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Aargau vom 2. Februar 1971, 2. Auflage, Aarau 1985, N 1 zu §§ 163-65 BauG.

3 AGVE 2010 S. 180 E. 7.2.1 zum Sinn und Zweck von Gebäudeabstandsvorschriften; AGVE 2007 S. 424 E. 5.1; AGVE 1987 S. 276; ERICH ZIMMERLIN, a.a.O., N 3 zu §§ 163-165; VGE III/81 vom 25. September 1991 in Sachen Aeberli u. M., S. 15; Entscheid des Baudepartements vom 5. Dezember 1994 in Sachen E.P.

4 Kanton Aargau, Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU), Erläuterungen zum Bau- und Nutzungsrecht des Kantons Aargau (BNR; Version 3.1, Stand Januar 2014), Rz. 247.

5 BNR, Rz. 513; § 49 Abs. 5 BauV.

6 Art. 49 und Art. 50 BV, § 106 Abs. 1 KV.

7 ERICH ZIMMERLIN, a.a.O., N 1 zu §§ 163-65 BauG.

8 BNR, Rz. 251.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner