Bau- und Planungsrecht / Rechtsfall 34
Darf ich eine Betonmauer an meine Parzellengrenze stellen?
Wenn Sie im Kanton Aargau zu Hause sind: Ja. Dies, sofern die Mauer nicht höher ist als 1,8 m ist, Ihre Parzelle nicht an Landwirtschaftsland oder an eine Strasse grenzt und Ihre Wohngemeinde keine speziellen Regelungen vorsieht. Wenn Ihr Nachbar einverstanden ist, dürfen Sie die Mauer sogar nicht bloss an die Grenze, sondern auf die Grenze setzen.
Detaillierte rechtliche Auslegung
Verdichtetes Bauen ist heute angesagt. Häuser werden eng aneinander erstellt. Gleichzeitig ist den meisten Leuten die Privatsphäre sehr wichtig. Als Sichtschutz werden regelmässig Mauern erstellt. Nachfolgend wird erläutert, welche Regelungen im Kanton Aargau gelten.
1. Gesetzliche Grundlage
Einfriedungen baulicher Art und Stützmauern dürfen nicht höher sein als 1,8 m, gemessen ab dem niedriger gelegenen Terrain. Befindet sich die Nachbarparzelle in der Landwirtschaftszone, muss die Mauer einen Mindestabstand von 60 cm einhalten. Die Mauern dürfen an die Parzellengrenze, im gegenseitigen Einverständnis mit dem Nachbarn auf die Parzellengrenze gesetzt werden (§ 28 Abs. 1 BauV bzw. § 19 Abs. 1 ABauV). Der Nachbar erteilt das Einverständnis, indem er das Baugesuch unterzeichnet. Eine schriftliche Vereinbarung ist nicht nötig (Christian Häuptli, in: Kommentar zum Baugesetz des Kantons Aargau, Bern 2013, Rz. 42 zu § 47 BauG).
Grenzt die Mauer nicht an eine andere Bauparzelle, sondern an eine Strasse, so hat eine Mauer von maximal 0,8 m Höhe einen Abstand von 1 m gegenüber Kantonsstrassen und von 60 cm gegenüber Gemeindestrassen einzuhalten. Ist die Mauer höher als 80 cm, aber höchstens 1,8 m hoch, so hat sie einen Abstand von 2 m gegenüber Kantonsstrassen und von 60 cm gegenüber Gemeindestrassen einzuhalten (§ 111 Abs. 1 BauG).
Diese kantonalen Regeln gelten nur, wenn die Gemeinde nichts anderes festlegt. Regelmässig stellen denn Gemeinden auch eigene Abstandsvorschriften auf. So sieht die Stadt Baden in ihrer Bau- und Nutzungsordnung (BNO) vor, dass Stützmauer über 1 m Höhe einen Grenzabstand im Umfang des Mehrmasses ihrer Höhe, mindestens aber 60 cm aufweisen müssen. Für Stützmauern längs Süd-Westhängen gelten wiederum die kantonalen Abstandsvorschriften (§ 50 Abs. 1 und 2 BNO).
2. Baubewilligungspflicht
Die Erstellung einer Betonmauer ist grundsätzlich baubewilligungspflichtig. Keine Bewilligungspflicht besteht, wenn die Mauer weniger als 1,2 m hoch ist. Handelt es sich um eine Stützmauer, so ist diese nur bis zu einer Höhe von 0,8 m bewilligungsfrei (§ 49 Abs. 2 lit. a BauV). Bewilligungsfrei sind nur Mauern in den Bauzonen. Mauern in der Landwirtschaftszone unterstehen in jedem Fall der Bewilligungspflicht.
Überschreitet die Mauer die genannten Höhen, so ist bei der Gemeindekanzlei ein Baugesuch einzureichen. Dabei haben die Nachbarn die Möglichkeit, Einwendungen gegen das Baugesuch zu erheben. Es ist daher sinnvoll, das Bauvorhaben vor der Einreichung bei der Gemeinde mit den Nachbarn vorzubesprechen.
3. Abstände bei Hecken
Die oben genannten Regeln gelten gemäss Wortlaut von § 28 Abs. 1 BauV für «Einfriedungen baulicher Art und Stützmauern», nicht aber für Pflanzen wie etwa Hecken. Dafür bestehen separate Vorschriften im kantonalen Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch (EG ZGB).
Eine Hecke darf im Gegensatz zu einer Betonmauer nicht an die Grenze gesetzt werden. Die maximal 1,8 m hohe Hecke hat vielmehr einen Abstand von 60 cm (ab Stockmitte) zur Grenze einzuhalten (§ 89 Abs. 1 EG ZGB). Dieselbe Regelung gilt gemäss dem voraussichtlich im Lauf des Jahres 2018 in Kraft tretenden § 66 Abs. 1 nEG ZGB. Dieser wird sogar höhere Hecken als 1,8 m ermöglichen, wobei diesfalls der Grenzabstand der Höhe entsprechen muss.
4. Fazit
Betonmauern dürfen – im Gegensatz zu Hecken – an die Parzellengrenze gesetzt werden. Sie benötigen eine Baubewilligung, sofern sie höher als 1,2 m sind. Es ist daher zu empfehlen, mit dem betroffenen Nachbarn vor Einreichung des Baugesuchs zu sprechen, um eine Einwendung von dessen Seite gegen das Baugesuch zu vermeiden.