Rechtsfall 33, Die Auflösung

Bau- und Planungsrecht / Rechtsfall 33

Darf ich in einem öffentlichen Brunnen baden?

Ja. Grundsätzlich darf in einem öffentlichen Brunnen gebadet werden. Ein öffentlicher Brunnen ist eine sogenannte öffentliche Sache im Gemeingebrauch und steht der Allgemeinheit zur Benutzung offen. In einem öffentlichen Brunnen darf aber nur gebadet werden, sofern diese Nutzung bestimmungsgemäss und gemeinverträglich ist. Bestimmungsgemäss ist das Baden, solange es nicht ausdrücklich verboten ist. Gemeinverträglich ist das Baden, sofern die gleichzeitige und gleichartige Nutzung durch andere nicht erheblich erschwert wird. Massgebend sind immer die konkreten Verhältnisse im Einzelfall. Eine kurze Abkühlung in einem öffentlichen Brunnen ist daher in der Regel unbedenklich, eine Poolparty dürfte die Gemeinverträglichkeit des Gebrauchs sprengen.

Detaillierte rechtliche Auslegung

Bei öffentlichen Sachen, wie der in vorliegendem Sachverhalt interessierende Brunnen, stellt sich oft die Frage, in welchem Umfang das Nutzungsrecht daran besteht und inwiefern diese Nutzung entschädigungspflichtig ist. Dabei wird zwischen schlichtem Gemeingebrauch, gesteigertem Gemeingebrauch und der Sondernutzung unterschieden. 

1.    Begründung des Gemeingebrauchs

Steht eine Sache nicht bereits aufgrund ihrer natürlichen Beschaffenheit der Allgemeinheit zur Verfügung, wird die Sache durch die sogenannte Widmung als öffentlich erklärt und der Allgemeinheit zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Die öffentlichen Brunnen werden also von der jeweiligen Trägerschaft, dem Bund, den Kantonen oder den Gemeinden, der Allgemeinheit gewidmet und damit zur Nutzung zur Verfügung gestellt.

2.    Nutzungsrechte an öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch

In der Regel unterscheiden die Kantone zwischen (schlichtem) Gemeingebrauch, gesteigertem Gemeingebrauch und Sondernutzung.

2.1  Gemeingebrauch

Gemeingebrauch ist die Benutzung einer öffentlichen Sache im Gemeingebrauch, die bestimmungsgemäss und gemeinverträglich ist und grundsätzlich allen ohne Erteilung einer Erlaubnis und in der Regel unentgeltich offensteht. Die Kriterien des bestimmungsgemässen Gebrauchs und der Gemeinverträglichkeit müssen kumulativ vorliegen. Ist eines nicht erfüllt, liegt kein Gemeingebrauch vor.

Bestimmungsgemäss ist der Gebrauch, wenn er der Zweckbestimmung der Sache entspricht. Das Baden in einem öffentlichen Brun-nen ist solange bestimmungsgemäss, als dass aufgrund der natürlichen Beschaffenheit oder der traditionellen Bedeutung des konkreten Brunnens auf Gegenteiliges geschlossen werden muss.

Gemeinverträglich ist der Gebrauch, wenn die gleichzeitige und gleichartige Nutzung durch andere nicht erheblich erschwert wird. Das heisst nicht, dass gar keine Erschwerung vorliegen darf. Diese muss allerdings den konkreten Umständen angemessen sein. Der (schlichte) Gemeingebrauch ist zwingend unentgeltlich. 

2.2  Gesteigerter Gemeingebrauch

Ein gesteigerter Gemeingebrauch an einer öffentlichen Sachen liegt vor, wenn der Gebrauch entweder nicht bestimmungsgemäss oder nicht gemeinverträglich ist.

Nicht bestimmungsgemäss ist das Baden in einem öffentlichen Brunnen beispielsweise dann, wenn das Baden aufgrund der historischen oder denkmalpflegerischen Bedeutung des Brunnens nicht erwünscht ist. Oftmals wird mit einer Gitterabdeckung auf dem Brunnen auf einen solchen Umstand hingewiesen. Unerlaubt ist das Baden immer dann, wenn das Verbot auf einer gesetzlichen Grundlage beruht. Gewisse Kantone und Gemeinden stellen Benutzungsordnungen für öffentliche Brunnen auf. In diesen kann das Baden darin untersagt werden.

Nicht gemeinverträglich wäre es, wenn andere den Brunnen gar nicht nutzen können oder die Nutzung erheblich erschwert wird. Das heisst jedoch nicht, dass die Gemeinverträglichkeit bereits bei einer kurzen Wartezeit nicht mehr gegeben ist, sondern erst dann, wenn die Wartezeit ungebührlich lange ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn in einem öffentlichen Brunnen eine private Poolparty abgehalten wird, welche anderen die Nutzung des Brunnens über Stunden verunmöglicht bzw. erheblich erschwert.

Eine Nutzung eines Brunnens als Örtlichkeit für eine Poolparty ist in der Regel bewilligungspflichtig und kann mit Gebühren und Auflagen verbunden sein.

2.3  Sondernutzung

Die Sondernutzung ist derjenige Gebrauch einer öffentlichen Sache im Gemeingebrauch, der weder bestimmungsgemäss noch gemeinverträglich ist und bei dem der Berechtigte eine ausschliessliche Verfügung über die Sache (oder einen Teil davon) erhält. Eine solche Sondernutzung setzt nicht nur eine Bewilligung, sondern eine Konzession voraus.

3.    Fazit

Es besteht keine allgemeingültige Regel bezüglich des Badens in öffentlichen Brunnen. Solange jedoch keine gesetzliche Grundlage existiert oder eine bestimmte tatsächliche Situation vorliegt, die das Baden untersagt, ist die Abkühlung in einem Brunnen in gewissen Schranken erlaubt.

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