Rechtsfall 40, Die Auflösung

Steuerrecht / Rechtsfall 40

Bei der Scheidungsverhandlung hat meine Frau den Steuerauszug von meinem geerbten Schwarzgelddepot dem Gericht eingereicht. Kann ich jetzt noch eine straflose Selbstanzeige machen?

Jede steuerpflichtige Person kann einmal in ihrem Leben straflos eine Selbstanzeige einreichen. Voraussetzung ist, dass die Steuerhinterziehung im Zeitpunkt der Selbstanzeige keiner Steuerbehörde bekannt war.

Detaillierte rechtliche Auslegung

1.    Nachsteuern auf dem Schwarzgelddepot

Erfahren die Steuerbehörden von einem in den Steuererklärungen nicht angegebenen Schwarzgelddepot, können sie für die vergangenen 10 Jahre Nachsteuern erheben. Die Steuerveranlagungen werden so korrigiert, wie wenn das Depot in den Steuererklärungen deklariert gewesen wäre: Die Vermögenswerte im Depot werden nachträglich zum steuerbaren Vermögen dazugezählt und ihre Erträge zum steuerbaren Einkommen. Die zu wenig bezahlten Steuern werden als Nachsteuern samt Verzugszinsen in Rechnung gestellt (vgl. § 206 ff. StG AG und Art. 151 ff. DBG).

2.    Busse wegen Steuerhinterziehung

Wer ein Wertschriftendepot in seinen Steuererklärungen vorsätzlich oder fahrlässig nicht deklariert, hat zusätzlich zu den Nachsteuern und Verzugszinsen auch eine Busse wegen Steuerhinterziehung zu bezahlen. Die Höhe der Busse richtet sich nach der Nachsteuer und ist in der Regel gleich hoch wie diese. Die Busse kann (z.B. bei einem leichten Verschulden) bis auf einen Drittel der Nachsteuer reduziert und (z.B. bei einem schweren Verschulden) bis auf das Dreifache der Nachsteuer erhöht werden (vgl. § 236 StG AG und Art. 175 DBG).

3.    Straflose Selbstanzeige

Zeigen Steuerpflichtige den Steuerbehörden eine Steuerhinterziehung selber an, so wird von der Erhebung einer Busse abgesehen, wenn (a) die Hinterziehung bei der Selbstanzeige keiner Steuerbehörde bekannt war, (b) die Steuerpflichtigen die Behörden bei der Festsetzung der Nachsteuern vorbehaltlos unterstützen und (c) sich ernstlich um die Bezahlung der geschuldeten Nachsteuern bemühen (vgl. § 236 Abs. 3 StG AG und Art. 175 Abs. 3 DBG).

Haben die Steuerbehörden vor der Selbstanzeige von den nicht deklarierten Faktoren Kenntnis erhalten und waren ihnen diese bei der Einreichung der Selbstanzeige bekannt, ist es zu spät für eine straflose Selbstanzeige. Informiert das Familiengericht die Steuerbehörden über das Schwarzgelddepot, ist eine straflose Selbstanzeige danach nicht mehr möglich. Die Steuerbehörden werden eine Busse erheben.

Haben die Steuerbehörden bei der Einreichung einer Selbstanzeige noch keine Kenntnis von der Steuerhinterziehung, ist diese aber anderen Behörden oder Gerichten schon bekannt, wird in der Praxis geprüft, wie gross die Wahrscheinlichkeit einer Entdeckung der hinterzogenen Faktoren durch die Steuerbehörden ist. Ist damit zu rechnen, dass die anderen Behörden die Steuerbehörden informieren, lassen sie eine straflose Selbstanzeige nicht zu. Leiten die Gerichte ihre Kenntnisse in der Regel an die Steuerbehörden weiter, besteht eine grosse Entdeckungsgefahr und ist keine straflose Selbstanzeige möglich. Ist davon auszugehen, dass die Gerichte die Steuerbehörden nicht über das Schwarzgeld informieren, wird die straflose Selbstanzeige akzeptiert.

Es ist in der Vergangenheit sehr selten vorgekommen, dass die Familiengerichte im Kanton Aargau die Steuerbehörden über das bei Kampfscheidungen ans Tageslicht gekommene Schwarzgeld informiert haben. Die Aargauer Steuerbehörden erheben deshalb in der Regel auch bei Selbstanzeigen nach einer Scheidungsverhandlung keine Bussen. In anderen Kantonen gilt eine strengere Praxis.

4.    Fazit

Eine Selbstanzeige für das Schwarzgelddepot sollte möglichst zeitnah nach der Scheidungsverhandlung eingereicht werden. Hat das Familiengericht die nicht deklarierten Faktoren den Steuerbehörden noch nicht gemeldet und sind auch die anderen Voraussetzungen erfüllt, wird die Selbstanzeige zumindest bei den Aargauer Steuerbehörden als straffrei akzeptiert.

Haben die Steuerbehörden bereits Kenntnis vom Schwarzgelddepot, ist eine straffreie Selbstanzeige nicht mehr möglich und es wird eine Busse wegen Steuerhinterziehung erhoben.

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