Rechtsfall 31, Die Auflösung

Notariat / Rechtsfall 31

Wir wollen das Haus unserer Grossmutter verkaufen und finden den Schuldbrief nicht mehr. Was können wir machen?

Ein verlorener Schuldbrief erschwert den Verkauf des Hauses der Grossmutter. Es müssen spezielle Bestimmungen im Kaufvertrag aufgenommen werden. Ausserdem muss ein gerichtliches Verfahren angehoben werden, damit der Schuldbrief im Grundbuch gelöscht werden kann.

Detaillierte rechtliche Auslegung

Schuldbriefe sind Wertpapiere. Gleichwohl werden sie in der Praxis nicht immer mit der notwendigen Sorgfalt behandelt. Ist ein Schuldbrief abbezahlt und wird dem Grundeigentümer ausgehändigt, ist diesem nicht immer klar, wie er mit dem Schuldbrief verfahren soll. Es wäre nur schon ein Fehler, das Dokument zu lochen und es im Ordner mit den übrigen Bankunterlagen abzulegen. Denn durch Lochen entwertet man ein Wertpapier. Mit vernichteten, zerstörten oder abhanden gekommenen Schuldbriefe muss man sich spätestens beim Verkauf des mit dem Schuldbrief belasteten Grundstücks befassen. 

1.    Grundlagen

Ein verlorener Schuldbrief muss im Zusammenhang mit einem Verkauf kraftlos erklärt werden. Findet keine Kraftloserklärung statt, hat der Käufer das Risiko, dass trotz der Bezahlung des gesamten Kaufpreises zu einem späteren Zeitpunkt der Schuldbrief auftaucht und der daran Berechtigte Forderungen gegen ihn als neuer Hauseigentümer geltend macht. 

Für die Kraftloserklärung des Schuldbriefs wird das sogenannte Mortifikationsverfahren durchgeführt (vgl. Art. 865 ZGB, Art. 971 OR, Art. 977 OR). Das Mortifikationsverfahren ist ein einseitiges gerichtliches Verfahren. Einseitig, weil es keine Gegenpartei gibt. Im gerichtlichen Verfahren muss glaubhaft gemacht werden, dass der Gesuchsteller am Schuldbrief berechtigt war, früher im Besitz des Schuldbriefes war und dann ein Verlust des Schuldbriefes erfolgte. Nach der erfolgreichen Prüfung dieser Voraussetzungen ruft das Gericht das vermisste Wertpapier öffentlich auf. Der öffentliche Aufruf erfolgt im Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB) und im Amtsblatt des betreffenden Kantons. Nach der öffentlichen Auskündigung ist eine Frist von 6 Monaten abzuwarten (Art. 865 Abs. 2 ZGB). Die Kraftloserklärung des Schuldbriefs durch das Gericht erfolgt nach Ablauf dieser Frist. Erst jetzt kann der Schuldbrief im Grundbuch gelöscht werden.

Wird ein Haus verkauft, bei welchem ein drauf lastender Schuldbrief vermisst wird und das Mortifikationsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, muss das für den Käufer durch den verschollenen Schuldbrief bestehende Risiko abgesichert werden. Hierfür wird der Nominalwert des Schuldbriefes bis zur Kraftloserklärung beispielsweise beim Notar oder auf einem Sperrkonto hinterlegt. Erst nach erfolgreicher Kraftloserklärung wird der Nominalbetrag dem Verkäufer zur freien Verfügung überlassen. Der kraftlos erklärte Schuldbrief wird im Grundbuch gelöscht und kann keinerlei negative Auswirkungen mehr auf den Käufer haben.

Seit 2012 gibt es eine Alternative zum Papierschuldbrief. Den Registerschuldbrief. Der Schuldbrief bleibt in diesem Fall elektronisch erhalten und es braucht kein Wertpapier mehr. Man spart sich so die Kosten für die Aufbewahrung. Papierschuldbriefe können Register-Schuldbriefe umwandelt werden.

2.    Fazit

Papierschuldbriefe sind sorgfältig aufzubewahren um den negativen Folgen eines Verlusts vorzubeugen. Will man die unter Umständen aufwändige und kostspielige Ausbewahrung umgehen, sollte man vorhandene Papierschuldbriefe in Register-Schuldbriefe umwandeln und sich bei Neuerrichtungen gleich für einen Register-Schuldbrief entscheiden.

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