Rechtsfall 19, Die Auflösung

Bau- und Planungsrecht / Rechtsfall 19

Hilfe, mein Einfamilienhaus soll unter Denkmalschutz gestellt werden!

Die Unterschutzstellung eines Gebäudes ist ein schwerer Eingriff ins Eigentum und häufig mit einer erheblichen Einschränkung für bauliche Änderungen verbunden. Gegen die Unterschutzstellung kann sich die betroffene Eigentümerin auf dem Rechtsweg wehren.

Detaillierte rechtliche Auslegung

Die meisten Gemeinden sehen in ihrer Bau- und Nutzungsordnung vor, dass Gebäude von kommunaler Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt werden können. Zudem bietet das kantonale Kulturgesetz dem Kanton Aargau die Möglichkeit, Denkmäler von kantonaler Bedeutung unter Schutz zu stellen. Eine Unterschutzstellung löst beim betroffenen Eigentümer häufig wenig Freude aus, weil damit grundsätzlich eine Erhaltungspflicht einhergeht. 

1.    Grundsätze

Das Denkmalrecht ist kantonal unterschiedlich geregelt. Vorliegend wird deshalb nur die Rechtslage im Kanton Aargau thematisiert. 

Kanton und Gemeinden treffen die erforderlichen Massnahmen zur Erhaltung von Objekten des Natur- und Heimatschutzes sowie Kulturdenkmälern, indem sie Schutzzonen ausscheiden oder entsprechende Schutzvorschriften erlassen. Der Ortsbildschutz ist Sache der Ortsplanung. Kommunale Unterschutzstellungen erfolgen im Kanton Aargau daher meistens durch eine Revision der Bau- und Nutzungsordnung der betreffenden Gemeinde. Die Bau- und Nutzungsordnungen führen die kommunal geschützten Objekten auf. Häufig nehmen Gemeinden die Revision der BNO zum Anlass, auch die kommunalen Schutzobjekte zu überprüfen – und regelmässig auch zu erweitern. Gegen eine solche Unterschutzstellung kann sich der betroffene Eigentümer im Rahmen des Einwendungs- und späteren Beschwerdeverfahrens zur Wehr setzen. In der Regel stellt sich vor allem die Frage, ob das potentielle Denkmalobjekt die notwendigen Voraussetzungen zur Unterschutzstellung erfüllt und ob ein genügendes öffentliches Interesse an einer Unterschutzstellung besteht.

2.    Eigentumsbeschränkungen zum Schutz von Baudenkmälern

Eigentumsbeschränkungen zum Schutz von Baudenkmälern liegen nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung allgemein im öffentlichen Interesse. Wie weit dieses öffentliche Interesse reicht, insbesondere in welchem Ausmass ein Objekt denkmalpflegerischen Schutz verdient, ist im Einzelfall sorgfältig zu prüfen (BGE 119 Ia 305 E. 4b S. 309, 118 Ia 384 E. 5a S. 388 f.). 

Der Denkmalschutz erstreckt sich nach heutigem Verständnis auch auf Objekte neuerer Zeit und auf Gebäude, welche für ihre Entstehungszeit charakteristisch sind. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Objekt Schutz verdient, hat eine sachliche, auf wissenschaftliche Kriterien abgestützte Gesamtbeurteilung Platz zu greifen, welche den kulturellen, geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Zusammenhang eines Bauwerks mitberücksichtigt. Eine Baute soll als Zeuge und Ausdruck einer historischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Situation erhalten bleiben (Zeugeneigenschaft). Da Denkmalschutzmassnahmen oftmals mit schwerwiegenden Eigentumseingriffen verbunden sind, dürfen sie aber nicht lediglich im Interesse eines begrenzten Kreises von Fachleuten erlassen werden. Sie müssen breiter, d.h. auf objektive und grundsätzliche Kriterien abgestützt sein und von einem grösseren Teil der Bevölkerung bejaht werden, um Anspruch auf eine gewisse Allgemeingültigkeit erheben zu können (vgl. BGE 118 Ia 384 E. 5a S. 389 mit Hinweisen).

3.    Beurteilung im Einzelfall

Ob einem Gebäude die geforderte Zeugeneigenschaft zukommt, ist im Einzelfall zu prüfen. Dabei muss die Geschichte des Gebäudes studiert werden und beurteilt werden, ob und weshalb ein Gebäude Ausdruck einer historischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Situation darstellt und damit besonders erhaltenswert ist. Eine Unterschutzstellung führt zu schwerwiegenden Eingriffen ins Grundeigentum: Das Gebäude muss unterhalten werden, darf regelmässig nicht durch einen Neubau ersetzt werden, Umbauten und bauliche Erweiterungen sind nur sehr eingeschränkt möglich. Diese Nachteile für den Eigentümer sind im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das öffentliche Interesse an der Erhaltung abzuwägen. Eine allgemeingültige Aussage lässt sich nicht treffen, die Interessen müssen für jeden Fall detailliert ermittelt und abgewogen werden. 

4.    Fazit

Wird eine Unterschutzstellung angekündigt oder verfügt, lohnt sich angesichts der drohenden erheblichen Eingriffe in die Eigentumsfreiheit im Regelfall eine eigreifende rechtliche und fachliche Überprüfung der kommunalen Beurteilung. Gegen Unterschutzstellungen kann sich der betroffene Eigentümer im Rahmen eines Einwendungs- und/oder Beschwerdeverfahren zur Wehr setzen.

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